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Fünf Kopeken

Fünf Kopeken

Titel: Fünf Kopeken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stricker
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sein soll, legte Dima seine Hand auf ihre Brust. Meine Mutter sah ihn kurz an, dann schaute sie zurück zum Bildschirm, ließ die Hand dort liegen, bis er sie von alleine wieder runternahm. Und als Hugo Egon Balder die letzte Erdbeere entblätterte, ging Dima auf die Toilette und meine Mutter zurück nach unten.
    Die Wohnung begann mittlerweile schon richtig zu müffeln. Über dem Fensterbrett kreisten Fliegen. Meine Mutter warf die halbvollen Dosen weg, in denen sich in der schwülwarmen Luft bereits Schimmel gebildet hatte. Sie sammelte die verstreuten Kleider ein, an denen noch immer der getrocknete Schlamm vom See hing. Stopfte alles in die Waschmaschine, als mit einem Mal etwas herausfiel.
    Verwirrt sah sie das funkelnde Ding, das klirrend über den Boden rollte, unter dem Waschbecken kreiste, hinter der Maschine verschwand.
    Sie ging auf alle viere, schob die Finger durch die Staubflocken an den Fliesen entlang, bis sie endlich das kalte Kupfer zu fassen bekam.
    Einen Augenblick betrachtete sie verständnislos das fremde Geldstück, das in ihrer Hand zum Vorschein kam. Sie fuhr über das Hammer-und-Sichel-Zeichen, versuchte die angelaufenen Buchstaben zu entziffern, ein » K «, ein » O «, dann etwas, das wie ein Torbogen aussah, zwei » E « und wieder ein » K «. Erst als sie die »5« sah, die auf der Vorderseite prangte, kam die Erinnerung zurück, und das mit einer solchen Wucht, dass meine Mutter, als die Sonne aufging, noch immer vor der Trommel saß, während ihr unaufhaltsam die Tränen übers Gesicht liefen.

19. Kapitel
    Die Liebe kämpft nicht mit fairen Mitteln. Sie berauscht den Gegner. Sie täuscht ihm vor, auf seiner Seite zu sein. Sie wiegt ihn im Glauben des Triumphs. Aber die hinterhältigste Waffe von allen ist die Hoffnung. Die Hoffnung ist es, die einen davon abhält, sich zur Wehr zu setzen. Die einen dazu bringt, der eigenen Vernunft zu misstrauen. Die einen immer weiter kämpfen lässt, so aussichtlos die Lage auch ist.
    Hätte es die Hoffnung nicht gegeben, vielleicht hätte meine Mutter den Rückzug angetreten. Vielleicht hätte sie das Schlachtfeld doch verlassen und die Geschichte ein für allemal als Dummheit abgetan. Aber die Möglichkeit, dass sie mit ihren Gefühlen doch nicht alleine gestanden hatte, weckte in ihr einen neuen Durchhaltewillen. Alex’ Großmutter hatte recht gehabt. Die Münze brachte wirklich Glück. Aber es war ein zerstörerisches Glück, ein Glück, das jedweden Neuanfang verunmöglichte und sie ein Leben lang gefangen halten würde  – daran änderte auch nichts, dass es ihr im ersten Moment die Kraft gab, sich wieder aufzurappeln.
    »Je wichtiger dir jemand ist, desto schöner das Geschenk«, hallte es in ihr, während ihre Professoren schrien, sie habe ihre Karriere zerstört.
    »Damit zeigst du jemandem, dass du ihn liebst«, sagte sie sich, während mein Großvater schrie, sie habe ihr Leben zerstört.
    »So weiß er, dass du an ihn denkst, auch wenn du nicht in seiner Nähe sein kannst«, dachte sie, während meine Großmutter schrie, warum auch immer, in jedem Fall aber davon überzeugt, dass nun endlich die ewig befürchtete Katastrophe da sei.
    Tatsächlich stellte sich das Lebenskonstrukt meiner Mutter jedoch als sehr viel stabiler heraus, als erwartet. So fest sie immer geglaubt hatte, eine einzige lose Schraube könne genügen, um alles zum Einsturz zu bringen, so sah sie jetzt, dass das Gerüst schier unzerstörbar war. Sie musste sich nicht mal richtig anstrengen, ein paar Anrufe, ein paar Briefe, ein paar leichte Schmerzen bei den Nachwehen der Lügen, »kann nicht diese Wedekind was für dich deichseln?«, »nein, die ist leider schon in Amerika«, »gibt’s da kein Telefon?«, »grad versucht, ist schon wieder besetzt«, dann stand es wieder wie eine Eins  – was meine Mutter selbst mehr ernüchterte als erleichterte. Das Freuen überließ sie den andern.
    »Der Herr hat meine Gebete erhört!«, schrie meine Großmutter, als das Schreiben vom Landesprüfungsamt kann, in dem meiner Mutter mitgeteilt wurde, dass man »unter den gegebenen Umständen«  – dazu gleich mehr  – die Prüfung als nicht angetreten werten würde und sie das Examen im Herbstsemester wiederholen könne.
    »Eine echte Schneider kriegen sie eben kein zweites Mal, da sehen sie auch über einen Moment geistiger Umnachtung hinweg«, rief mein Großvater, als auch die Charité schrieb, man werde mit der Besetzung der Stelle warten.
    »Schnuggibuudsi! So spiele

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