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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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aufgezählt, die seitens der Plündernden aus dem Rahmen herausgenommen und »aufgerollt« wurden. Unter ihnen waren folgende Blätter in Stich, Aquatinta und Buntdruckmanier: General Wolfes Tod, Tod des Capitain Cook, der Tod der Jane Gray, Cromwell löst das lange Parlament auf, Karl II. landet bei Dover – alle nach Benjamin West. Ferner: die Wahrsagerin, die Herzogin von Devonshire etc. von J. Reynolds. Die Kaskaden von Tivoli, die Ruinen von Palmyra, das Bad des Caesar, die Grotte des Neptun etc., alle in Buntdruck.
    Auch aus der Reihe der Bücher sei hier einiges aufgezählt: Les Œuvres complètes de Corneille, Montesquieu, Voltaire, Rousseau, Frederic II., Prachtausgaben von Voltaires »Henriade« und »Pucelle d'Orléans«. Dazu große naturhistorische Kupferwerke, Atlanten etc.
    Es genügt dies, um zu zeigen, wie gut damals, nach der wissenschaftlichen Seite hin, unsere Herrenhäuser ausgerüstet waren. Es waren Überbleibsel aus der durchaus auf Literatur gestellten Friderizianischen Zeit.
     
    Am 6. Juli 1807 sehen wir den Briefwechsel mit der Tochter, Alexandrine Gräfin Danckelmann, wieder aufgenommen und gewinnen anfänglich den Eindruck, als solle das patriarchalische Leben, das dem Ausbruch des Krieges vorausging, nach nunmehriger Beilegung der Feindseligkeiten (der Tilsiter Friede war geschlossen) wieder aufgenommen werden. Aber dieser Eindruck ist nicht von Dauer. In kürzester Frist sah man in Liebenberg, an Stelle der bis dahin feindlichen Bataillone, die sogenannten » friedlich-durchziehenden Bataillone« treten, und mußte sich überzeugen, durch diesen Namenswechsel wenig gewonnen zu haben. Ja, es kamen Tage vor, die den Plünderungstagen sehr ähnlich sahen. Auch hierüber hat Friedrich Leopold von H. in gewissenhafter Weise Buch geführt, und wir erfahren sogar die Namen der Regimenter, die sich's in kleineren und größeren Trupps auf längere oder kürzere Zeit im Liebenberger Schlosse wohl sein ließen. Alles in allem mag die Zahl der Einquartierten über tausend betragen haben. Unterm 26. August 1808 finden wir beispielsweise folgendes: »Es kamen heut in Quartier: ein General, ein Adjutant, ein Capitain, zwei Lieutenants und sechsundsiebzig Mann vom 10. leichten Infanterieregiment. Dem General (oder vielleicht dem Capitain) war attachiert: eine Frau mit zwei Kindern und eine Magd. Ferner acht Bediente, elf Pferde des Generals und drei des Capitains.« Ein andermal heißt es: »Ein Kürassier-General, ein Adjutant, zwei Unteroffiziere, neun Bediente, dreiundzwanzig Pferde.« Man erkennt aus allem den außerordentlichen Luxus, in dem sich die damaligen Machthaber Frankreichs gefallen durften.
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    London
    , den 5. Juni 1814
    Ich bin nun eine Woche hier und habe mancherlei beobachtet. Was einem in dieser ungeheuren Stadt am meisten auffällt, ist, daß alles ohne Soldaten, Gensdarmen und Polizeibeamten in Ordnung gehalten wird. Des Abends bei den Theatern, wo zuweilen Hunderte von Wagen stehen, entwickelt sich das Gewirre so ruhig, daß man darüber erstaunt. Die Fußgänger verhalten sich ebenfalls ganz passiv. Da die Trottoirs, und zwar gerad in den lebhafteren Straßen, nur schmal sind, so kommt es vor, daß man derb gestoßen wird und zur Schadloshaltung wieder andere stößt; dies wundert aber niemanden, und noch weniger fällt es ihnen ein, mit einem »Pardon« um Verzeihung zu bitten.
    Die Theater sind hier prächtig, besonders das von Drurylane; alles blinkt in dem Hause von Vergoldung, Spiegel und Bronce. Die Schauspieler gefallen mir aber in Coventgarden besser. Ich habe dort den »Hamlet« und »Othello« gesehen, und obwohl ich nichts davon verstand, machten diese Vorstellungen doch einen bei weitem tieferen Eindruck auf mich als die »Phèdre« und »Semiramis« im Théâtre français.
    Von Merkwürdigkeiten hab ich bis jetzt nur die Westminster-Abtei, den Tower, St. Pauls und einige unbedeutendere Sachen gesehen. Was mir im Tower am meisten imponierte, war die kolossale Menge von Gewehren. Der Führer sagte mir, daß 800 000 da wären, und ich glaube nicht, daß er übertrieben hat. Denn außer denen, die aufgestellt sind, war noch ein Saal, etwa in Größe einer kleinen Reitbahn, ganz mit Kisten angefüllt, in denen sich eingepackte Gewehre befanden, alle bestimmt, nach Deutschland und Spanien abzugehen. Es sollen, nach der Aussage des Führers, 8000 Stück wöchentlich verfertigt werden. Von solchen Fabriken hat man doch, außer in England, gar keinen

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