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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Mangel an allem bei der Großen Armee herrscht und daß besonders die Reiterei ganz herunter ist. Endlich daß nach dem verunglückten Versuch auf Kaluga der Entschluß gefaßt worden ist, zurückzugehen. Daß das Hauptquartier bis Smolensk rückwärts verlegt wurde, sagen die Zeitungen und kann deshalb als sicher gelten. Und wenn einige zurückkommende Verstümmelte sich dahin geäußert haben, daß sie solch einen häßlichen Kampf noch nie bestanden hätten, so kann man das auch glauben.  
L., 28. November 12
    Daß es dem »Helden« nicht gut geht, ist außer allem Zweifel. Mangel, Jahreszeit und beständige Beunruhigung ruinieren ihm die Truppen, noch mehr aber leiden die Pferde, daran bereits ein großer Mangel ist. Hier sollten die Küstentruppen durchziehn; nun aber heißt es, daß sie durch Pommern auf Danzig hin dirigiert werden. – Wieviel Deutsche in den Gefechten bereits umgekommen sind, kannst Du daraus abnehmen, daß in München alle Theater und Vergnügungslokale geschlossen gewesen sind, und zwar wegen der Trauer der meisten Familien über verlorene Angehörige. Die Bayern sollen von 20 000 Mann auf 7000 zusammengeschmolzen sein. Die Württemberger auch über die Hälfte. Wenn die Russen klug handeln, so ziehen sie den Krieg in die Länge, was der Verderb der Alliierten ist, die ihre Hülfe einige hundert Meilen weit herholen müssen. Wollte Gott daß ein billiger Frieden die Menschen endlich beruhigte. Das Wie und Wo bleibt uns freilich verborgen.  
L., 8. Dezember 12
    Von meinen Pferden ist der Braune den Franzosen zuteil geworden; den Schwarzen hab ich wiederbekommen, was mir sehr lieb ist, denn dieser ist ein viel besseres Arbeitspferd, und der Braune, wenngleich hübscher, hatte schon zweimal Anfälle von Kolik gehabt, die ja so leicht tödlich verläuft. Ich zweifle nicht, er wird, wenn er bivouakieren soll, bald umfallen.  
L., 18. Dezember 12
    Dein Brief bestätigte mir die hier schon bekannte Reise. In Dresden stieg er des Morgens zwei Uhr bei dem Gesandten ab, warf sich auf ein Bett, schlief ein paar Stunden und ließ darauf Serenissimus zu sich entbieten, der denn auch um fünf Uhr morgens in einer Portechaise zu ihm gebracht wurde und eine einstündige Konferenz hatte, worauf die Reise eiligst weiterging. Diese an Flucht grenzende Eile hat den Neuigkeitskrämern Gewißheit gegeben, daß die ganze französische Armee geschlagen und zerstreut ist. Was man vernünftigerweise zusammenbringen kann, ist etwa das Folgende. Die Kommunikation mit Polen war abgeschnitten, mehrere russische Generale hatten bereits im Rücken der Großen Armee verschiedene glückliche Gefechte gehabt, und das Magazin zu Witebsk war verbrannt. In der mißglückten Expedition nach Kaluga war viel Artillerie verlorengegangen und Kavallerie und Train ihrer Pferde beraubt. Nun mußte die Hauptmasse vor allem Wilna zu erreichen suchen, zu welchem Behufe die bereits im Rücken stehenden Russen vertrieben werden mußten. Und in der Tat, man hat sich durchgeschlagen und mit ungeheuren Verlusten an Menschen, Pferden und Artillerie wenigstens das erreicht, daß das Hauptquartier in Wilna bleiben konnte. Man will wissen, daß 130 Kanonen verlorengegangen sind, und kann den Reden der durchpassierenden Verstümmelten unschwer entnehmen, daß die Armee in schlechtem Zustande ist. Von den Verstümmelten starben viele unterwegs. Vor vier Tagen wurden neun von einigen vierzigen, die hier ankamen, totgefroren vom Wagen genommen. Oh, Menschen, wie wird mit euch verfahren! Wir sollen nun noch drei Regimenter Kavallerie nachschicken. General von Winzingerode, der mit seinem Adjutanten Narischkin gefangengenommen wurde, sollte zur Strafe dafür, daß er erst bei uns, dann bei den Österreichern, dann bei den Russen gegen die große Nation gedient hat, zu Fuße nach Frankreich abgeführt werden; die Kosaken haben ihn aber im Rücken der Franzosen befreit. Die Portugiesen sind, wie verlautet, zu den Russen übergegangen und auf englischen Schiffen fortgebracht worden. Rostoptschin ist zum Gouverneur von Petersburg ernannt, was genügsam andeutet, daß er Befehl hatte, Moskau zu verbrennen. – In zweiundzwanzig Tagen war kein französischer Courier hier durchgekommen. Einen hatten die Kosaken aufgehenkt. Der letzte, der durchkam, kam mit ein paar Säbelhieben an. – Yorck soll über Macdonald klagen, daß er ihn nicht unterstützt habe; der aber konnt es wahrscheinlich nicht, weil er ein fünfzig Meilen breites Terrain zu decken hat.

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