Fünf: Schwarzwald Thriller 1
wie sie Luft holte.
»Danke, Chef. Ich werde gegen sieben Uhr bei Ihnen sein, wenn es recht ist. Allerdings werde ich noch jemanden mitbringen müssen, der die Zusammenhänge besser durchschaut als ich bis jetzt.«
»Einverstanden. Dann bis übermorgen Abend.«
»Bis dann, Chef. Danke.«
Er legte auf. Die Dinge wuchsen ihm allmählich über den Kopf. Wie sollte man da bei Verstand bleiben, dachte er und schloss die Augen. Innerhalb von Sekunden war er eingeschlafen.
*
»Was weißt du alles?«, fragte Katrin und nahm den Flötenkessel vom Herd.
Darren und sie richteten sich auf eine lange Nacht ein. Zu einer langen Nacht gehörte für Katrin unbedingt eine Kanne Tee und genug zu essen.
Darren half ihr wortlos bei den Vorbereitungen und schnitt und hackte mit zusammengekniffenen Lippen das Gemüse in kleine Stücke.
»Ich weiß nur das, was die Familien der Kinder mir freiwillig erzählt haben und das, was in der Zeitung über die Fälle stand.«
»Wie hast du dich bei den Familien vorgestellt?«
»Ich habe ihnen meine Geschichte erzählt«, sagte er leise. »So ein Schicksal verbindet, das kannst du mir glauben.« Er klang bitter. »Im Laufe der Jahre ist mein Bekanntenkreis auf diese Weise immer weiter angewachsen.«
Katrin tauchte ihre Finger in den cremigen Dip. »Hm … der ist lecker. Ich kann einfach besser denken, wenn ich etwas esse. Und da ich in Form bleiben will, muss es eben etwas Gesundes sein«, erklärte sie mit einem entschuldigenden Blick auf die große Schale mit Karotten, Gurken und Paprikastreifen.
Dann stellte sie die Frage, vor deren Antwort sie sich am meisten fürchtete. »Wie bist du auf die Idee gekommen, Kontakt mit mir aufzunehmen?«
Um das Zittern ihrer Hände zu verbergen, rührte sie die Quarkmasse kräftig durch.
»Am Anfang war es pure Berechnung«, sagte Darren mit sehr leiser Stimme. »Ich habe dich gesehen, an dem Tag, als ihr zum Fundort von Emmas Leiche gerufen wurdet. Dein älterer Kollege, dieser Kommissar Horn, schien mir ehrlich gesagt nicht der geeignete Gesprächspartner zu sein. Er war weder so attraktiv wie du noch wirkte er, als würde er sich irgendwelche Informationen aus der Nase ziehen lassen.«
»Und ich habe so auf dich gewirkt?«, fragte sie und hielt überrascht in ihrer Rührbewegung inne.
»Na ja, du warst schon an diesem Tag ein bisschen blass um die Nase und du hast auf mich den Eindruck gemacht, als wärst du der Typ, der sich solche Sachen von der Seele reden muss.« Er suchte ihren Blick. »Katrin, bitte. Ist es nicht völlig egal, wie es angefangen hat? Zählt nicht nur, was wir jetzt füreinander sind?«
Die Dringlichkeit in seiner Stimme und das stumme Flehen in seinen Augen ließen ihren Puls rasen.
»Ich liebe dich, Katrin.«
»Wir sollten uns jetzt mit dem Fall beschäftigen.« Sie versuchte, seinem Blick auszuweichen. Sie fühlte sich benutzt. Daran konnte kein Wort, keine Entschuldigung etwas ändern. Er würde sich schon mehr einfallen lassen müssen als ein »Ich liebe dich« in so einem Augenblick. Wenn ihm wirklich etwas an ihr lag, würde er ihr das beweisen müssen. »Wir sollten das jetzt lassen, Darren«, sagte sie und griff nach der Dip-Schale. »Ich gehe davon aus, dass es im Augenblick unser kleinstes Problem ist, ob es mit uns weitergehen kann oder nicht. Ein Kind ist verschwunden, und wenn du recht hast, dann müssen wir jetzt alles andere außer Acht lassen und dafür sorgen, dass unsere Köpfe frei sind.«
»Ich weiß aber nicht, ob ich das kann, Katrin.«
»Das ist dann dein Problem.« Es tat ihr weh, ihm die kalte Schulter zu zeigen, aber es war noch viel schmerzhafter, zu denken, dass die Nächte, in denen sie sich geliebt hatten, Nächte voller Lügen gewesen waren.
Sie setzte sich und nahm eine der Fotografien in die Hand. »Hast du eine Ahnung, welches von ihnen sein erstes Opfer war?«, fragte sie in geschäftsmäßigem Ton. Sie stellte sich vor, sie würde mit Josef Horn an diesem Tisch sitzen anstatt mit dem Mann, den sie liebte, und versuchte, die Sehnsucht zu verdrängen, die sie empfand, wenn ihr Blick unvermittelt auf seinen Mund, seine Hände, seinen Körper fiel.
Darren nahm ein anderes Bild in die Hand. »Das erste Kind, das ich ihm zuordne, war ein kleiner Junge. Sein Name war Carsten Kuntz. Er verschwand im März 1990. Carsten war auf dem Weg in den Kindergarten. Nach den Sommerferien wäre er in die Schule gekommen.« Er reichte ihr das Bild.
Sie notierte Name und Alter des Jungen,
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