Fünf: Schwarzwald Thriller 1
Rückspiegel sah er, wie Uli verständnisvoll nickte. Bereits wenig später bog er auf den Parkplatz der Klinik ein.
Schweigend betraten sie das helle Gebäude. Uli legte ihre Hand in seine und hielt tapfer mit ihm mit, doch je näher er dem Krankenzimmer seiner Frau kam, desto weniger ausholend wurden seine Schritte. Er wurde langsamer. Schritt für Schritt, bis er schließlich stehen blieb. Zitternd atmete er aus und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen.
Uli drückte seine Hand und lächelte ihm aufmunternd zu. »Vielleicht sehen wir ja den lieben Gott, wenn er Mami seine Flügel gibt«, flüsterte sie und brachte damit die letzten Reste seiner Selbstbeherrschung zum Einsturz. Er schluchzte hemmungslos.
»Ja, mein Schatz. Vielleicht sehen wir den lieben Gott dann.« Er beugte sich hinunter, um ihr einen Kuss zu geben.
In diesem Augenblick summte sein Handy, das er in der Aufregung vergessen hatte auszuschalten. Er warf einen Blick auf die unbekannte Nummer. Oberstaatsanwalt Völker. Er hatte darum gebeten, auf alle Fälle über Neuigkeiten bezüglich Melissa informiert zu werden, also nahm er den Anruf seufzend entgegen.
*
»Ich hätte mich besser anmelden sollen«, sagte Katrin bedauernd, als sie vor dem Haus ihrer Eltern standen und feststellen mussten, dass weder ihre Mutter noch ihr Vater zu Hause waren. Sie zog den Schlüssel aus ihrem Bund und öffnete die schwere Haustür aus Nussbaum mit den hübschen Ornamenten.
Im Haus war es aufgeräumt wie immer. Der Boden aus weißem und grauem Granit, den ihre Eltern erst letztes Jahr mit dem Geld aus einem reif gewordenen Bausparvertrag hatten legen lassen, glänzte makellos. Katrin seufzte. »Ich wünschte, ich hätte nur halb so viel Sinn für Hausarbeit wie meine Mutter.«
Darren lächelte sie liebevoll an. »Weißt du«, sagte er, »ich bin eine ganz ordentliche Hausfrau. Also wirst du für uns die Brötchen verdienen, während ich mich um die Erziehung der Kinder und ums Kochen kümmere.«
Für einen wundervollen Augenblick vergaß Katrin, aus welchem Grund sie zu ihren Eltern nach Donaueschingen gefahren waren. Allein der Gedanke, dass Darren es in Erwägung zog, eine gemeinsame Zukunft mit ihr zu haben, zündete tausend Freudenfeuer in ihrem Herzen.
»Willst du denn überhaupt Kinder?«, fragte sie vorsichtig, um nichts Falsches zu sagen. »Natürlich will ich Kinder.« Er klang ehrlich entrüstet. »Willst du denn keine?«
»Ich habe ehrlich gesagt noch nie ernsthaft darüber nachgedacht«, überlegte Katrin. »Zumindest nicht, bevor ich dich kennengelernt habe. Und nach dem Tod von Emma Schmid war ich mir sogar ziemlich sicher, dass ich nie Kinder haben will. Das Risiko, eines zu verlieren, war mir zu groß.«
Darren hielt sie noch immer eng umschlungen. Er beugte sich über sie und küsste sie lange und zärtlich. Als er seine Umarmung lockerte, befreite sie sich aus seinen Armen. »Jetzt schau uns an«, plapperte sie. »Als ob wir nichts Besseres zu tun hätten, als im Flur meiner Eltern zu besprechen, ob wir Kinder haben sollten oder nicht.«
Sie ging ihm ins Wohnzimmer voraus und setzte sich in einen der zwei Sessel. Im Augenblick war sie nicht in der Lage, über solche Themen nachzudenken. Darrens Vorstellung von ihrer gemeinsamen Zukunft schien bereits völlig klar.
Aber wie würde ihre Zukunft aussehen, wenn es ihnen nicht gelingen würde, Melissa Wagners Leben zu retten? Würde sie dann jemals wieder glücklich sein können? Würde sie es ertragen, ein eigenes Kind zu haben, das irgendwann einmal allein in den Kindergarten oder zur Schule gehen wollte? Würde sie mit ihren Ängsten leben können, oder würde sie sich von ihnen auffressen lassen? Angst essen Seele auf war der Titel eines Fernsehfilms mit Brigitte Mira gewesen, und der Filmtitel war nicht umsonst zum geflügelten Wort geworden. Es stimmte. Endgültig und grausam war die Wahrheit, die hinter diesem kleinen Ausspruch stand. Auch ihre Angst fraß ihre Seele auf. Nachdenklich blickte sie auf Darren, der am großen Panoramafenster stand und auf den Garten hinausblickte. »Ich kann mir nicht vorstellen, wo die beiden sind.« Sie versuchte, die Sprache auf die Dinge zurückzubringen, die für sie jetzt absolute Priorität haben sollten.
»Wenn euer Geschäft mittwochs geschlossen ist, dann können sie doch theoretisch überall sein«, meinte er. »Haben deine Eltern kein Handy, auf dem du sie anrufen könntest?«
»Natürlich haben sie ein Handy, aber ich
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