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Fünf Tanten und ein Halleluja

Fünf Tanten und ein Halleluja

Titel: Fünf Tanten und ein Halleluja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Steiner
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abwarten.
    Schließlich sackte Wolfgang wieder auf seinen Stuhl. Ihm fiel wohl nichts Besseres ein.
    Â»Also gut. Warten wir.«
    Die Zeit verstrich ohne Neuigkeiten über Tante Claires Gesundheitszustand. Inzwischen zog die Morgendämmerung herauf, und in den Parkanlagen des Krankenhauses zwitscherten die Vögel. Tante Ebba reckte sich, sie ging zur Tür, offenbar um die Toiletten aufzusuchen.
    Â»Bin gleich wieder da«, sagte sie und riss die Tür auf.
    Beinahe wäre sie in den Mann hineingerannt, der vor ihr im Flur auftauchte. Tante Ebba blieb stehen.
    Â»Curt. Da bist du ja.«
    Tatsächlich, er stand in der Tür. Toni hatte ihn seit mehr als zwei Jahren nicht mehr gesehen. Er sah älter aus. Grauer. Und heute Nacht wirkte er unendlich müde.
    Dabei war es erst ein paar Stunden her, dass Tante Ebba ihn angerufen hatte. Er war in Rekordzeit von Papenburg nach Berlin gefahren.
    Â»Ich habe noch gar nicht mit dir gerechnet«, sagte Tante Ebba.
    Â»Die Autobahnen waren alle frei. Wie geht es Claire?«
    Tante Ebba schüttelte den Kopf. »Unverändert. Wir wissen immer noch nichts.«
    Sein Gesicht war wie versteinert.
    Â»Komm herein und setz dich zu uns, Curt. Die Ärztin kommt, sobald sie etwas weiß. Das hat sie uns versprochen.«
    Er blickte sich um. Sah seine Schwestern, Wolfgang, dann Toni. Es war das erste Mal, dass sie sich sahen und beide wussten: Curt war nicht sein leiblicher Vater.
    Sie standen voreinander und maßen sich mit Blicken. Keiner ließ sich in die Karten blicken. Lieber blieben sie nüchtern und verschlossen.
    Â»Hallo, Toni.«
    Toni nickte. »Hallo.«
    Â»Den Besuch von deinen Tanten hast du dir sicher anders vorgestellt.«
    Â»Allerdings, in vielerlei Hinsicht.«
    Â»Wir haben uns lange nicht gesehen«, sagte Curt. »Wie geht es dir?«
    Â»Ich mache mir Sorgen um Tante Claire.«
    Â»Ja, das tun wir alle.«
    Curt zögerte. Es sah aus, als wollte er noch etwas sagen. Doch dann ging er weiter. Er begrüßte erst Wolfgang, dann Rainer.
    Â»Bist du das etwa? Rainer Bördemann?«
    Toni warf ihm noch einen Blick zu, dann wandte er sich ab. Er wusste nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte. Lieber wäre ihm gewesen, er wäre Curt nicht begegnet.
    Alle nahmen wieder Platz und warteten. Curt sprach leise mit Rainer, dabei sah er immer wieder zu ihm herüber. Toni konnte seine Blicke nicht deuten. Schließlich stand Curt auf, setzte sich zu ihm und sagte leise: »Wir müssen miteinander reden. Nicht jetzt, aber … sobald das alles vorbei ist.«
    Er zögerte, dann wuschelte er Toni durchs Haar, stand auf und ging wieder zurück zum anderen Ende des Warteraums.
    Toni blieb starr. Er wollte keine Gefühle zulassen. Doch unter der Oberfläche rumorte es. Curt wusste doch, was passiert war. Tante Ebba hatte es ihm gesagt: Das Familiengeheimnis war ausgeplaudert worden. Wieso wollte er dann noch mit ihm sprechen? Wieso diese zärtliche Geste? Und vor allem: Wieso interessierte das Toni überhaupt?
    Draußen war es inzwischen hell geworden. Die Stadt erwachte zum Leben. Die Müllabfuhr tauchte vor dem Fenster auf, ein Wagen der Stadtreinigung, und die ersten Pendler waren unterwegs.
    Im Morgenlicht sahen alle im Raum erschöpft aus. Kein Wunder. Seit Stunden taumelten sie zwischen Hoffnung und Verzweiflung, das hinterließ Spuren.
    Tante Immi war eingenickt, den Kopf an Tante Ebbas Schulter gelehnt. Auch Toni spürte die Müdigkeit. Die Augen fielen ihm immer wieder zu. Als plötzlich Bewegung im Raum war, bemerkte er, dass er für ein paar Minuten eingenickt sein musste. Die Ärztin stand im Zimmer, alle hatten sich um sie versammelt. Toni sprang ebenfalls auf und kämpfte gegen den aufkommenden Schwindel.
    Â»Und?«, fragte Tante Ebba. »Was können Sie uns sagen?«
    Die Ärztin blickte in die Runde. Sie lächelte.
    Â»Ihre Schwester hatte Glück. Sie ist über den Berg.«
    Die Erleichterung war übergroß. Toni stieß einen Jubelschrei aus. Die Tanten fielen sich lachend in die Arme.
    Â»Halleluja«, sagte Tante Immi.

13. Kapitel
    Toni erwachte in Michas Armen. Sie lagen im Sessel, und ihre Körper waren ineinander verknotet. Ein Wunder, dass Toni überhaupt geschlafen hatte. Die Mittagssonne schien in seine Küche, und sein T-Shirt klebte am Körper. Er versuchte vorsichtig, sich von Micha zu lösen, ohne ihn dabei

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