Fünf
wischte sich damit die Augen, bevor sie ihre Aufmerksamkeit den Fotos zuwandte. «Nein. Die kenne ich nicht.» Sie sagte es beinahe schuldbewusst, so als hätte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie nicht hilfreicher sein konnte.
«Ganz sicher?»
«Ja. Bitte, finden Sie Christoph.»
Wäre vielleicht einfacher, wenn er uns am Sonntag nicht belogen hätte, dachte Beatrice grimmig, doch sie schwieg und war froh, dass Florin das Wort ergriff.
«Wir werden alles daransetzen», sagte er. «Und natürlich halten wir Sie auf dem Laufenden.»
Beatrices Plan war es gewesen, sofort Beils Anrufe überprüfen zu lassen und herauszufinden, woher das Gespräch gekommen war, das ihn gestern Abend so verstört hatte. Nicht unwahrscheinlich, dass es von einer Telefonzelle in Maxglan aus geführt worden war. Oder von einem gewissen Handy mit Prepaid-Karte.
Bis das klar war, hoffte sie, sich mit Drasches Material beschäftigen zu können, vorausgesetzt, er hatte die Bilder der neuen Botschaften schon geschickt. Ein weiteres Rätsel, Stage 4 .
Doch Beatrice kam nicht dazu, nachzusehen, denn vor ihrem Büro wartete bereits jemand. Ein großer, schlaksiger Mann mit Locken und einer Brille, die etwas zu modisch war, um geschmackvoll zu sein. Als er sie und Florin kommen sah, sprang er von seinem Stuhl auf und streckte ihnen die Hand entgegen.
«Doktor Peter Kossar, ich freue mich, Sie kennenzulernen. Sie sind sicher Florin Wenninger, hallo. Und Sie müssen Beatrice Kaspary sein, ich habe von Ihnen gehört, eine Beinahe-Kollegin, nicht wahr?»
Irritiert erwiderte sie seinen Händedruck. Er ließ die Augen nicht von ihr, und er hatte
Peter
englisch ausgesprochen. «Inwiefern beinahe?», fragte sie nach.
«Nun, ich habe gehört, Sie hätten Psychologie studiert.»
Jetzt fiel der Groschen. «Sind Sie der forensische Psychologe, den wir angefordert haben?»
Der Mann musste Blinzeln für eine vermeidbare Schwäche halten, die Intensität, mit der er Beatrice musterte, war ihr körperlich unangenehm. «Genau. Ihr Vorgesetzter hat mich bereits über die Schlüsselfakten des Falls ins Bild gesetzt, auch darüber, dass der Täter zu Ihnen Kontakt aufgenommen hat. Das ist ein höchst wichtiges Detail. Ich habe die SMS -Texte bereits eingehend studiert und werde Ihnen bald sagen können, wie man auf diese Botschaften reagieren muss.»
Er betrat das Büro vor Beatrice. Endlich schwenkte sein Blick von ihr weg und heftete sich stattdessen auf die Fotoausdrucke, die sie über ihrem Schreibtisch festgepinnt hatte.
«Wir stellen Ihnen selbstverständlich alle relevanten Unterlagen in Kopie zusammen», erklärte Florin. Es war nicht zu überhören, dass er den Mann so schnell wie möglich loswerden wollte.
«Das hatte ich gehofft.»
«Was ist eigentlich mit Dr. Reichenau passiert?», erkundigte sich Beatrice. «Bisher haben wir bei Anlässen wie diesem immer mit ihm zusammengearbeitet, und – ich hoffe, Sie verstehen mich nicht falsch – das hat hervorragend funktioniert.»
Wenn Kossar ihr die Frage übelnahm, ließ er es sich nicht anmerken. «Der Kollege bewirbt sich um die Leitung eines Instituts und ist
really busy
. Er wird sich aber sicher freuen, wenn ich ihm erzähle, mit wie viel Wertschätzung Sie von ihm gesprochen haben.» Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben Beatrice. «Ich arbeite anders als Dr. Reichenau. Er gewinnt seine Erkenntnisse hauptsächlich aus den vorliegenden schriftlichen Unterlagen, während ich den Täter umso besser einschätzen kann, je enger ich in die Ermittlungen eingebunden bin.»
Das hatte ihnen gerade noch gefehlt. Beatrice vermied es, Florin direkt anzusehen, hoffte aber, er würde etwas sagen, bevor ihr herausrutschte, was ihr auf der Zunge lag.
Sie stören
.
«Das klingt sehr interessant.» Sie kannte Florin gut genug, um die Kälte hinter seiner Höflichkeit herauszuhören. «Aber sicherlich wollen Sie sich erst in die Details des Falls einarbeiten.» Er griff nach dem Telefon und drückte eine Taste. «Stefan? Stellst du bitte alles Wichtige zu unserem Owner für Dr. Kossar zusammen? Ja, eine Kopie der Akte. Nein, er ist forensischer Psychologe, ich schicke ihn gleich bei dir vorbei. Genau. Danke!»
«Well», sagte Kossar und ignorierte die versteckte Aufforderung zum Gehen, «vielleicht sollte ich Ihnen noch ein wenig über mich erzählen, damit Sie einen Eindruck von meiner Qualifikation bekommen.» Er rückte seine Brille zurecht.
Was übersetzt bedeutet: Damit wir
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