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Fünf

Fünf

Titel: Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Caches gefunden hatten?
    Sie scannte das Bild mit höchstmöglicher Qualität ein und vergrößerte den Ausschnitt mit den Händen, verglich dann das, was sie sah, mit den Fotos der eingeschweißten Leichenhände. Gut möglich, dass es die gleichen waren, aber beschwören konnte sie es nicht. Die Hände waren so unauffällig wie der ganze Mann. Sie unterdrückte ein Seufzen und versuchte erneut, Drasche zu erreichen. Diesmal ging er ans Telefon.
    «Ihr kriegt gleich alles schriftlich», brummte er ohne Begrüßung. «Hat länger gedauert, weil ich mit jeder verdammten Methode an das Ding rangegangen bin, die je erfunden wurde, aber wir haben trotzdem wieder nur die Fingerabdrücke von der Papenberg.»
    «Auf einer Nachricht?»
    «Jepp. Völlig wirres Zeug, aber das kennen wir ja schon. Willst du was über die Ohren wissen? Könnte dich interessieren.» Näher würde Drasche einem freundlichen Ton in diesem Leben nicht mehr kommen.
    «Stammen sie vom gleichen Opfer?»
    «Sie gehören zueinander, wenn du das meinst. Ob sie demselben Typen abgeschnitten wurden wie die Hände, muss erst die Genanalyse zeigen.» Er machte eine seiner typischen Pausen, mit denen er zu verstehen gab, dass er nach weiteren Details gefragt werden wollte.
    «Okay.» Den Gefallen konnte sie ihm tun. «Sonst noch etwas Besonderes an ihnen?»
    «Ja.» Drasche räusperte sich, hustete. «Wurden nicht mit der Säge abgetrennt, sondern mit einem anderen Werkzeug, einem mit zwei Klingen, die gegeneinander beweglich sind.» Er hielt inne, um der Information Zeit zu geben, tief genug in Beatrices Vorstellungsvermögen einzusickern, um ein diffuses Bild entstehen zu lassen. «Ich tippe auf eine Heckenschere», setzte er nach.
    Nun war das Bild mit einem Schlag glasklar. Beatrice schluckte. «Verstehe.»
    «Das ist erst die Hälfte der Geschichte. Die Ohren sind nicht gemeinsam in Folie eingeschweißt worden, sondern jedes für sich. Natürlich müssen die Gerichtsmediziner es noch bestätigen, aber ich bin ziemlich sicher, dass sie nicht gleichzeitig abgeschnitten wurden. Das rechte sieht viel verwester aus als das linke.»
    Beatrice zog scharf Luft durch die Zähne ein.
    «Du ahnst es, hm? Ich denke, das rechte Ohr wurde abgetrennt, als das Opfer noch lebte. Jedenfalls einen oder zwei Tage vor dem linken.»
    «Na toll. Schick mir bitte alles herüber. Die Fotos, besonders die von den Briefen. Aber auch die anderen.»
    «Kriegst du.» Er legte auf.
    Eine Heckenschere. Vor ihrem inneren Auge sah Beatrice das langstielige Ungetüm mit den stählernen Klingen vor sich, das Achim zum Trimmen der Buchsbaumhecke verwendete.
    «Geht es dir nicht gut?» Die Sorge in Florins Stimme ließ sie unwillkürlich lächeln.
    «Alles okay. Es scheint nur so, als hätte der Owner sein Opfer schon bei lebendigem Leib zu verstümmeln begonnen. Eines der Ohren wurde wahrscheinlich amputiert, bevor der Mann gestorben ist.»
    «Scheiße», flüsterte Florin heiser.
    «Ja. Drasche schickt uns gleich alles zu. Inklusive der Hinweise auf die nächste Stage.» Sie bemerkte, dass sie begonnen hatte, die Stifte auf ihrem Schreibtisch parallel zu ordnen, und versetzte ihnen einen ungeduldigen Stoß, bevor sie aufstand und die Espressomaschine einschaltete. Koffein war besser als Zwangshandlungen. «Ich wünschte, wir hätten Reichenau im Team, und nicht diesen selbstverliebten Hampelmann.» Mit einer schwungvollen Bewegung kippte Beatrice die restlichen Kaffeebohnen aus der Verpackung ins Mahlwerk, wobei etwa ein Viertel danebenging und über den Boden kollerte. «Wow, bin ich heute gut in Form.»
    «Sei ein bisschen gnädiger mit dir», sagte Florin. «Und mit Kossar auch. Wir kennen ihn kaum, vielleicht versteht er sein Handwerk.»
    «Möglich.» Sie sammelte die verstreuten Bohnen ein und warf sie in den Mülleimer. «Ich werde mich um Objektivität bemühen, okay? Aber erst mal hat er uns vor allem von der Arbeit abgehalten.»
    Der Kaffee half ihr schließlich, die Konzentration wiederzufinden. Sie trank ihn schnell, wohl wissend, dass sie ihn nicht mehr würde genießen können, wenn Drasches Fotos eintrafen.
    Sie ging ein weiteres Mal die vorhandenen Unterlagen durch. Hände. Und jetzt Ohren. War das reine Willkür, oder steckte eine Symbolik dahinter? Hatte das Opfer etwas Verbotenes angefasst? Etwas gehört, das es auf keinen Fall hätte wissen dürfen? Sie pfiff sich innerlich zurück. Diese Dinge auszuloten war Kossars Job, nicht ihrer.
     
    Wenige Minuten später waren

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