Fuer alle Faelle Emma
langsame, schlurfende Schritte zu hören, dann ging die Tür auf. Aber nur einen Spalt breit. Hinter einer Sicherheitskette erschien ein runzliges Gesicht.
»Ja, bitte?«, fragte die alte Frau.
Mona räusperte sich. Wir hatten beschlossen, dass sie diesmal das Reden übernehmen sollte, nachdem mein Einsatz beim letzten Mal ja eher in die Hose gegangen war.
»Guten Tag«, sagte Mona mit ihrer höflichsten Stimme. »Wir möchten bitte zu Klaus Reichert. Es geht um ein Interview für unsere Schülerzeitung. Ist er zu Hause?«
Die Frau starrte uns einen Moment verblüfft an, dann knallte sie uns die Tür vor der Nase zu.
Mona sah so verdutzt aus, dass ich kichern musste.
»Na, das war wohl nichts«, stellte sie fest. »Sag mal, sehe ich so zum Fürchten aus?«
»Vielleicht hast du heute Morgen vergessen, dir die Haare zu kämmen«, gluckste ich.
Plötzlich öffnete sich die Tür wieder, diesmal ohne Sicherheitskette. Die alte Frau strahlte uns mit jeder Runzel ihres Gesichts an.
»Kommt doch rein, Mädchen! Ich freue mich immer über Besuch! Mögt ihr eine Tasse Tee?« Sie trat zur Seite und winkte uns in den Flur.
»Äh – ja, gerne«, sagte Mona. »Wenn es nicht zu viele Umstände macht ...«
»Ach was!« Die Frau scheuchte uns ins Wohnzimmer. »Ich bin übrigens Else Reichert. Klaus-Dieter ist mein Mann. Besser gesagt, er war es.«
Mona und ich setzten uns nebeneinander auf ein großes, grünes Sofa, das über und über mit Häkeldeckchen verziert war. Frau Reichert wuselte um uns herum, holte Teetassen aus dem einen Schrank, eine Keksdose aus dem anderen und stellte alles vor uns auf den Wohnzimmertisch.
»Klaus Reichert war Ihr Mann?«, hakte Mona nach. »Heißt das, er wohnt nicht mehr hier?«
Frau Reichert lächelte. »Nein, Klaus-Dieter wohnt schon lange nicht mehr hier. Ihr kommt leider zu spät. Mein Mann ist vor fünf Jahren gestorben.«
Mona machte ein betroffenes Gesicht. »Oh – das tut mir leid. Das ... das war bestimmt hart für Sie.«
»Ja, das war es. Wir waren fast vierzig Jahre verheiratet.« Frau Reichert seufzte. Dann öffnete sie die Keksdose und reichte sie Mona. »Hier, bedient euch! Ich koche in der Zwischenzeit den Tee.«
Die alte Dame schlurfte in die Küche. Ich nahm einen Keks aus der Dose und steckte ihn in den Mund. Er war steinhart und staubtrocken.
»Die Kekse hat wahrscheinlich Klaus-Dieter noch besorgt«, vermutete ich und zog eine Grimasse.
»Die arme Frau«, sagte Mona. »Sie scheint ziemlich einsam zu sein, seit ihr Mann gestorben ist.«
»Und sie hat eindeutig ein Faible für Hunde«, stellte ich fest und betrachtete die vielen Porzellanhunde auf der Fensterbank.
Mona seufzte. »Eins ist klar: Wir haben den richtigen Klaus Reichert immer noch nicht gefunden. Klaus-Dieter war bestimmt nicht mein Vater.«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte ich. »Sollen wir wieder gehen?«
Mona schüttelte den Kopf. »Das können wir Frau Reichert nicht antun. Sie hat sich so über unseren Besuch gefreut. Wir trinken noch eine Tasse Tee mit ihr und dann machen wir uns auf den Heimweg.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Okay, von mir aus.«
Frau Reichert kam mit einer großen Teekanne zurück ins Wohnzimmer. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, als ich sah, dass sogar auf der Teekanne kleine Hunde abgebildet waren.
»Es geht doch nichts über einen schönen, heißen Tee«, sagte Frau Reichert und schenkte uns ein. »Möchtet ihr noch einen Keks? Bedient euch ruhig, es ist genug da.«
»Vielen Dank.» Mona nahm sich einen Keks und biss mit Todesverachtung hinein.
Frau Reichert ließ sich in einem großen Ohrensessel nieder und sah uns neugierig an. »Was wolltet ihr denn von Klaus-Dieter? Ein Interview? Weswegen?«
»Ähem«, machte Mona und kaute wie eine Verrückte auf ihrem Keks herum. Schließlich spülte sie ihn mit einem großen Schluck Tee hinunter. »Wir wollten Ihren Mann für unsere Schülerzeitung interviewen. Wir führen gerade ein Projekt durch, in dem es um wichtige Persönlichkeiten aus unserer Stadt geht ...«
Frau Reichert machte ein überraschtes Gesicht. »Wichtige Persönlichkeiten? Aber Klaus-Dieter hat doch nur bei der Stadtreinigung gearbeitet.«
»Äh – na ja ...«, stotterte Mona und stopfte sich aus purer Verzweiflung schnell noch einen Keks in den Mund.
»Es geht bei dem Projekt nicht nur um wichtige Persönlichkeiten«, sprang ich ein, »sondern auch um ganz normale Menschen. Leute wie Sie und ich sozusagen.«
»Ach so.« Frau
Weitere Kostenlose Bücher