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Fuer alle Faelle Emma

Titel: Fuer alle Faelle Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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und ein Mann betrat den Raum. Er kam lächelnd auf uns zu und reichte erst mir und dann Mona die Hand. Er war groß und schlank, hatte lockiges, dunkles Haar und einen schwarzen Vollbart. Eine Brille trug er nicht. Ich sah auf den ersten Blick, dass wir auf dem falschen Dampfer waren. Dieser Klaus Reichert konnte niemals der Mann auf dem Foto sein. Es sei denn, er hatte sich einer totalen Gesichtsoperation unterzogen, was aber ziemlich unwahrscheinlich war.
    Ich warf einen Blick zu Mona hinüber. Sie machte ein enttäuschtes Gesicht und schüttelte fast unmerklich den Kopf. Offenbar war sie zu demselben Schluss gekommen wie ich. Schade eigentlich! Dieser Klaus Reichert wäre als Vater bestimmt keine schlechte Partie gewesen – und mit Gabi hätte man sich vielleicht auch irgendwie anfreunden können. Aber egal. Man kann sich seine Väter nun mal nicht aussuchen. Jetzt mussten wir bloß sehen, wie wir hier wieder rauskamen, ohne uns total lächerlich zu machen. Ich überlegte gerade, ob ich einfach aus dem Zimmer rennen und so tun sollte, als wäre mir plötzlich schlecht geworden, da begann Herr Reichert mit einer kleinen Vorstellungsrunde.
    »Schön, dass ihr so pünktlich seid«, sagte er. »Ich bin Klaus Reichert. Wer von euch ist Dorothee und wer ist Christine?«
    Mona und ich sahen uns unsicher an.
    »Ich bin Dorothee«, sagte ich schließlich so überzeugend wie möglich.
    »Prima!« Klaus Reichert setzte sich an den Flügel. »Dann fängst du an. Was hast du denn für heute vorbereitet?«
    »V...v...vorbereitet?«, stotterte ich. »Tja ... ich weiß auch nicht ...«
    »Du brauchst nicht nervös zu sein«, sagte Klaus Reichert. »Heute will ich mir erst mal nur einen Eindruck von euren Stimmen verschaffen. Nächste Woche fangen wir dann mit den richtigen Proben an.«
    Ich schluckte. Jetzt war ich erst recht nervös. Stimme? Proben? Das klang überhaupt nicht gut...
    Klaus Reichert schlug ein paar Akkorde auf dem Flügel an. »Wir können auch erst mit einigen Tonleitern anfangen. Zum Warmsingen sozusagen.«
    Ich sah ihn entsetzt an und platzte heraus: »Ich soll singen?«
    Herr Reichert lachte. »Natürlich, was hast du denn gedacht? Purzelbäume schlagen? Du bist doch hier, weil du dich auf den Jugend-Gesangswettbewerb vorbereiten willst, oder nicht? Also dann, lass uns loslegen! Deine Eltern zahlen viel Geld für diese Stunden, wir sollten unsere Zeit nicht vertrödeln.« Er schlug einen Ton auf dem Klavier an und warf mir einen auffordernden Blick zu.
    »Aaaah«, krächzte ich mit dem Mut der Verzweiflung. Ich klang wie ein alter Rabe, der seine besten Zeiten hinter sich hat.
    Herr Reichert schüttelte den Kopf. »Das ist ein C, Dorothee, und kein F. Wir probieren es gleich noch mal.«
    Leider klang mein Gekrächze auch beim zweiten Versuch nicht viel besser. Ich wurde knallrot und wäre am liebsten im Parkettboden versunken. Im Singen war ich leider schon immer eine komplette Niete, aber das konnte ich Herrn Reichert ja schlecht sagen.
    »So geht das nicht!« Herr Reichert runzelte die Stirn. »Bist du erkältet? Deine Stimme klingt so belegt.«
    Ich nickte heftig. »Erkältet«, krächzte ich. »Genau. Schon seit ein paar Tagen. Ich glaube, ich habe sogar eine Mandelentzündung. Und die Nasennebenhöhlen sind auch vereitert. Alles total dicht.« Ich zog demonstrativ die Nase hoch und stieß ein hohles Husten aus.
    »Dann wärst du heute besser im Bett geblieben«, stellte Herr Reichert fest und winkte Mona zu sich. »Wir machen mit dir weiter, Christine. Deine Schwester muss ihre Stimme schonen.«
    »Schwester?« Mona sah verwirrt von Herrn Reichert zu mir. »Ach so, ja, klar.«
    Ich musste trotz allem grinsen. Jetzt waren Mona und ich also Schwestern. Auch das noch!
    »Was möchtest du singen, Christine?«, fragte Herr Reichert.
    Mona wurde rot. »Äh ... ich weiß nicht ... vielleicht ›Im Märzen der Bauer‹?«, schlug sie mit Piepsstimme vor.
    »Wie bitte?« Herr Reichert sah sie völlig entgeistert an. Damit hatte er offenbar nicht gerechnet. Er konnte ja nicht wissen, dass Mona dieses Lied in- und auswendig kannte, seit sie es jeden Tag auf der Blockflöte übte.
    Zum Glück klingelte es in diesem Moment an der Tür, und Herr Reichert war kurz abgelenkt. Vom Flur waren aufgeregte Stimmen zu hören.
    »Wie bitte?«, fragte Gabi. »Aber die sind doch schon vor einer halben Stunde gekommen!«
    »Was, zum Teufel, ist denn jetzt schon wieder los?« Herr Reichert machte ein genervtes Gesicht. »So kann

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