Fuer den Rest des Lebens
Spülbecken bringen ihn zum Lächeln, eine Geburtstagsparty, eine Milchparty, eine Party ohne Kuchen, ohne Blumen und ohne Gäste. Er findet keine Milch mehr für den Kaffee, aber da kommt schon Röchele herein, mit energischen Schritten und vollen Einkaufstüten, und rasch wird der Kühlschrank wieder voll, möchten Sie Orangensaft?, fragt sie, nimmt ein paar Orangen aus einer Tüte und legt sie in die Schale.
Nein, danke, ich habe es eilig, antwortet er und bemerkt erstaunt, dass sie weiß angezogen ist, sie trägt ein langärmliges weißes Spitzenkleid und feste weiße Halbschuhe, und wie sie da mit ihrem Obst steht, sieht sie aus wie ein Kindergartenkind am Wochenfest, mit den Erstlingsfrüchten, und er sagt erstaunt, was für ein schönes Kleid! Haben Sie heute einen Festtag? Sie lächelt verlegen, kein allgemeiner Feiertag, sagt sie, nur für mich, es ist der Geburtstag meines Sohnes.
Herzlichen Glückwunsch, sagt er, wie alt ist Ihr Sohn?, und sie antwortet, achtzehn, und er fragt, und wie werden Sie feiern? Ihre Stimme klingt ausweichend, als sie antwortet, nach der Arbeit lade ich ihn zu einer Pizza ein, und dann ins Kino, ihr Blick weicht seinem aus, und er wundert sich ein bisschen über das Vergnügen, das eher zu seinem zwölfjährigen Sohn passen würde. In welchen Film werden Sie gehen?, fragt er, und sie antwortet zögernd, »Alles über meine Mutter«, er zieht sein dunkles Wolljackett an, ach, ich habe den Film nicht gesehen, aber ich habe gehört, er soll sehr gut sein, nun denn, viel Vergnügen, und schon ist er im Treppenhaus, er sieht nicht mehr, wie sie eine Orange aus der Schale nimmt und sie gedankenlos zerquetscht, bis sie platzt und gelber Saft auf ihr Kleid spritzt.
Aber Dina, die den Wortwechsel gehört hat, während sie wach im Bett ihrer Eltern lag, kommt aus dem Zimmer, nimmt ihr die tropfende Orange aus der Hand und umarmt sie, weine nicht, Röchele, sei nicht böse auf dich, du hast das größte aller Opfer für ihn gebracht, du hast auf ihn verzichtet, um ihm eine Zukunft zu ermöglichen.
Ich hätte seinetwegen clean werden müssen, jammert sie, legt den rabenschwarz gefärbten Kopf auf Dinas Schulter, was hat es mir gebracht, dass ich anfing, mit den Drogen aufzuhören, nachdem ich ihn verloren hatte, und Dina sagt, aber es ist doch so, dass du nicht gekonnt hast, du darfst dich nicht im Nachhinein verurteilen, das ist nicht fair, du wirst sehen, dass er sich bald bei dir meldet, er wird seine Akten öffnen und dich suchen, und Röchele sagt leise, hoffentlich, hoffentlich, ich werde alles wiedergutmachen, wir werden neu anfangen.
Natürlich werdet ihr neu anfangen, sagt Dina und streichelt über die glatten, harten Haare, hör zu, in ein paar Monaten werde ich deine Hilfe für ein kleines Kind brauchen, wirst du mir helfen? Kannst du dich um den Kleinen kümmern, wenn ich bei der Arbeit bin? Er wird vermutlich ein schwieriges Kind sein, das viel Liebe und Geduld braucht, und Röchele wirft ihr einen aufmerksamen Blick zu, ja, sehr gern, sagt sie, wenn ihre Mutter wieder gesund ist, werde ich eine neue Stelle brauchen, und ich arbeite sehr gern mit Kindern.
Ist es nicht eher der Tod, der sich als Gesundwerden offenbart, ist das Leben, das durch die Poren entweicht, nicht unsere eigentliche Krankheit? Vergiss nicht, Röchele, ich verlasse mich auf dich, sagt sie, was für schöne Orangen du gebracht hast, komm, zerschneiden wir sie in kleine Boote, so hat man es bei uns im Kibbuz gemacht, und als sie an der Anrichte stehen und eine Orange nach der anderen zerschneiden und auf einen Teller legen, denkt Dina, dass die kleinen Orangenboote, die nirgendwo hinsegeln, wie die lachenden, zahnlosen Münder von Menschen aussehen, die am Anfang ihres Lebens oder an seinem Ende stehen.
Seltsam, wie angespannt sie war, als sie ihm vom Geburtstag ihres Sohnes erzählt hat, denkt Avner, während er sich durch die Staus quält, aber was ist daran eigentlich seltsam, der achtzehnte Geburtstag bedeutet Armeedienst, ein Moment, vor dem wir uns fürchten, wenn uns ein männliches Kind geboren wird. Gerade wird in den Nachrichten von einem Soldaten berichtet, der im Süden schwer verwundet wurde, bald könnte es ihr Sohn sein, und in ein paar Jahren seiner, und bedrückt schaltet er das Radio aus, alles wird so persönlich, die Kurznachrichten und die Nachrichtensendungen selbst, die schlimmen Nachrichten, die ihm immer das Gefühl einer persönlichen Niederlage vermitteln, als handle es
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