Fuer den Rest des Lebens
habe im Negev fotografiert, sagt er, und sie hebt den Kopf zu ihm, wie bist du dann so schnell hergekommen? Er sagt, ich bin schnell gefahren, Nizan hat mich erschreckt, wenn man schnell fährt, kommt man schnell an, aber sie betrachtet ihn mit einem plötzlichen Zweifel, wieder überzieht sich ihr Gesicht mit Schweiß, glühende Dämpfe steigen aus ihrer Brust nach oben, in ihr Gesicht, in den Kopf, bald wird man ein Loch in ihren Schädel bohren und schwarzer Rauch wird herauskommen wie das Teufelchen aus der Flasche. Schließlich ist er viele Tage ohne sie unterwegs, zusammen mit anderen Fotografen, mit Journalisten, Journalistinnen, belügst du mich ebenfalls? Und wieder betrachtet er sie mit diesem rätselhaften Blick, den sie auch in Nizans Augen gesehen hat, klar, die ganze Zeit, sagt er und lacht, und sein Lachen betont die unregelmäßigen Gesichtszüge, was ihm einen ewig spöttischen Zug verleiht, sie zieht ihn zu sich, obwohl sie keine Lust dazu hat, warum, weiß sie nicht, wenn sie es bloß wüsste, sie möchte sich den Schmerz herausreißen, ihn aus ihrem Körper entfernen und vor ihm fliehen, leichtfüßig über leere Wege laufen, sich das Wissen zurückholen, das sie verloren hat, die Sicherheit, die sich aufgelöst hat, die Hoffnung, die beschnitten wurde.
Ohne Widerstand und ohne Begeisterung streckt er sich neben ihr aus, und sie legt ihre Gliedmaßen auf ihn, so habe ich sie gesehen, flüstert sie, sie lag auf ihm, sie haben sich richtig umarmt, ihr Kopf lag auf seiner Brust, und das war seltsam, denn sie waren halb angezogen und halb nackt, und sie sahen aus wie Zwillinge, nicht wie ein Liebespaar, und er seufzt, das ist nicht sonderbar, Dina, du hättest das nicht sehen sollen, du hättest es nicht deuten sollen, und wieder fragt sie sich, ob er nur so tut, als würde er sie nicht verstehen, denn früher haben sie sich gut verstanden, einer den anderen, aber das ist jetzt nicht so wichtig, sie wird von einer anderen Frage bedrängt, nicht eigentlich an ihn gerichtet, sondern an seinen Körper, der reglos und hart unter ihr liegt. Sie seufzt, ach Gideon, es ist so sinnlos, den Körper zu erforschen, schließlich lügt er auch, wie ihr Körper, der sich nicht nach ihm sehnt, sondern nach dem alten Wissen, das sie verloren hat, nach der Sicherheit, die sich aufgelöst hat, der Hoffnung, die beschnitten wurde, es ist nicht die täuschende Verschmelzung, die sie jetzt anzieht, und nicht die ruhige, sichere Art, mit der er ihren Körper seit bald zwanzig Jahren nimmt, nicht sein wollüstiges Stöhnen, denn ausgerechnet jetzt, da er ihrem Wunsch entspricht, wird sie von Traurigkeit gepackt, wie hohl sind die bekannten Bewegungen, wenn an ihrem Ende kein neues Leben wartet, auch wenn es nicht dazu bestimmt ist, verwirklicht zu werden, leuchtet noch immer die Möglichkeit auf, ein Glanzlicht, wie schön wäre es, wenn wir noch ein Kind machen könnten, flüstert sie ihm ins Ohr, warum haben wir es nicht getan, als es noch möglich war, was für eine Vergeudung, wir hatten einen Schatz und haben ihn verschimmeln lassen.
Man könnte glauben, du wärst kinderlos, schimpft er, noch immer schwer atmend, du bist eine Mutter, was spielt es für eine Rolle, wie viele Kinder du hast? In Europa reicht es, wenn man ein Kind hat, nur hier übertreiben alle, je mehr, umso besser, und sie protestiert, ich rede nicht von Ideologie, sondern von einem Wunsch, ich möchte so gern noch ein Kind aufziehen. Ihre Körper sind noch immer aneinandergeschmiegt, doch schon öffnet sich wieder die Kluft zwischen ihnen, und sie haben es ohnehin verpasst, daher ist es unnötig, den alten Streit wieder aufzuwärmen, es ist, wie es ist, Beschuldigungen sind zwecklos. Sie ist nicht hartnäckig genug gewesen, sein Widerstand war stärker als ihr Verlangen, und jetzt ist es zu spät, ihre aneinanderliegenden Körper, die sich gleich trennen werden, sind nicht mehr imstande, Leben zu schaffen, nur noch Seufzer flüchtiger Lust, denn obwohl offenbar alles noch so ist, hat in all den Jahren doch eine große Veränderung zwischen ihnen stattgefunden, während sie noch miteinander verhandelten. Die einmalige Verbindung zwischen ihnen hat die Vitalität verloren, für immer und alle Zeiten, doch das verhindert keine anderen Verbindungen, zwischen ihm und einer anderen Frau, zum Beispiel, der er den Wunsch vielleicht erfüllt, und dieser Vorteil, den er ihr gegenüber hat, auch wenn er ihn nicht ausnutzt, erfüllt sie wieder mit Wut, und
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