Fuer den Rest des Lebens
einmal seine Kinder sein werden, und der deshalb monatelang nichts fressen kann, so war ihre Kehle voll mit ihrem Vater und ihrer Mutter, sodass sie unmöglich den Mund aufmachen konnte, um ihre Kinder hineinzunehmen, sie legte Eier ab und entfernte sich und suchte sie erst mit Verspätung im Dickicht, zwischen den Steinen, sie rannte über die Wiesen des Kibbuz und schrie, Avni, Avni, wo bist du?
Er fährt mit dem Auto hin und her zwischen dem Büro und dem Gericht, zwischen der Wohnung seiner Mutter, die inzwischen in ihr Bett in dem kleinen Zimmer zurückgekehrt ist, und seiner Wohnung mit seinen beiden Söhnen, dem kleinen, strahlend fröhlichen und dem großen, unbeholfenen, der Schlomit so ähnlich ist, und hat die Liste mit den Adressen in der Tasche, es ist die Liste, die Anati mit erstaunlicher und erfreulicher Schlauheit vom Autohändler für ihn ergattert hat, denn die Aufgabe ist schwerer als erwartet: In Tiefgaragen, an Straßenrändern, auf privaten überdachten oder auch freien Parkplätzen - überall parken goldfarbene Autos, stumm, die Sitze mit Leder oder Stoff bezogen, bedeutungsvolle Souvenirs wie erste Babyschuhe baumeln an Spiegeln, und er fährt langsam die belebten Straßen der Stadt entlang, behindert den Verkehr, folgt jedem goldenen Fleck, der blendend aufblitzt, akzeptiert stoisch jedes Hupen und jede Schmähung. Wo sind sie jetzt, wo wohnen sie, vielleicht sind sie ja aus einer anderen Stadt gekommen, vielleicht sind sie wieder im Krankenhaus, ohne es zu wissen, haben sie einen einmaligen, schönen Moment mit ihm geteilt, etwas, was ihn nicht mehr loslässt, nachts, wenn er nicht schlafen kann, steht er auf und betritt das Kinderzimmer, steht der fremde Mann jetzt auch vor den Betten seiner Kinder, in der drohenden Dunkelheit des nahen Endes, und schickt sie in ein langes, vaterloses Leben? Möchte er jetzt so viel wie möglich mit ihnen zusammen sein, oder fällt es ihm schwer, ihre Anwesenheit zu ertragen, und er konzentriert sich auf seinen Schmerz, wie es sein Vater getan hat, er sieht ihn vor sich, den Fremden, wie er gegen Abend in dem großen, duftenden Garten herumgeht, zwischen Früchte tragenden Obstbäumen, voll mit orangefarbenen Mispeln und Pflaumen, und zwischen Orangenbäumen, die gerade verblühen, ein Lächeln auf den eingefallenen Wangen, aber warum sehnt er sich so danach, ihn wiederzusehen, er kann doch schon nicht mehr sein Freund werden, außerdem neigt er in den letzten Jahren sowieso nicht dazu, sich anzufreunden, genauer gesagt, er ist noch nie anders gewesen.
Er hat Männer nie gemocht, und seit einigen Jahren macht er sich auch nicht mehr die Mühe, sich zu verstellen. Männer seines Alters deprimieren ihn und jüngere wecken seinen Neid und in ihrer Gegenwart fühlt er sich niedergeschlagen, eigentlich gefällt ihm das ganze Menschengeschlecht immer weniger, weder die Täter noch die Opfer gefallen ihm, und trotzdem nimmt er diese Suche auf sich, er verlässt das Büro, wenn die Sonne sinkt, irrt, gepackt von düsterer Erregung, durch die Straßen der Stadt, noch nie hat er die Stadt so erforscht wie jetzt. Seit er hierhergekommen war, als Jugendlicher, hat es ihn nicht gereizt, sie kennenzulernen, er hatte genug mit dem alltäglichen Eingewöhnen zu tun, bis die Stadt zu seiner Stadt wurde, ohne dass er sie wirklich kannte, mühelos überließ er es anderen, sie zu bestaunen, ihr Absichten und Eigenschaften zuzuschreiben, während sie in seinen Augen eine willkürliche Ansammlung von Straßen war, in einer dieser Straßen war seine Wohnung, in einer anderen sein Büro, in wieder einer anderen der Oberste Gerichtshof, in einer weiteren das Amtsgericht, und jetzt erst fügen sich die Details zum ersten Mal zu einer Art schicksalhaftem Ganzen zusammen, von dem er ein Teil ist, zum verschwommenen Gefühl eines Auftrags, und obwohl er diesem Mann oder seiner Familie nichts zu sagen hat, ist er entschlossen, ihn zu finden. Ausgerechnet zu der Zeit, in der alle es eilig haben, nach Hause zu kommen, zu ihren Kindern und zum Abendessen, treibt er sich herum, wendet sich nach Osten, fährt genau in dem Moment an der Wohnung seiner Mutter vorbei, als in ihrem Fenster das Licht angeht, er bemerkt, wie der schwarze Kopf der neuen Pflegerin, die sie für sie engagiert haben, auftaucht und verschwindet, und sofort fährt er weiter, stattet seiner Schwester sogar einen eingebildeten Besuch ab, und als er an ihrem Haus vorbeifährt, sieht er ein Mädchen, ist das Nizan,
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