Fuer den Rest des Lebens
heute wird er Papas Sohn sein, und Avner erinnert sich an das gestreifte Hemd, das er in seiner Kindheit besonders geliebt hat, nur dieses Hemd hatte er anziehen wollen, und wie ihn die anderen auslachten, weil er auf solche Dinge überhaupt achtete. Er trägt den Kleinen auf den Schultern ins Badezimmer und wäscht ihm das fröhliche Gesicht, bürstet ihm mit der weichen Bürste die dunklen, noch immer feinen Haare, du bist süß, flüstert er ihm ins Ohr, und der Kleine wiederholt wie ein Echo, du bist süß, du bist süß, und Avner drückt die Lippen auf die warme Wange, plötzlich möchte er, dass diese Berührung nie aufhört, er möchte nicht ins Büro gehen, er möchte ihn nicht in den Kindergarten bringen, er möchte nur mit diesem kleinen Jungen zusammen sein, der ganz und gar ein Segen und eine Freude ist. Ist er wirklich ein Segen und eine Freude? Das kommt drauf an, für wen, denn nun sieht er, wie sein Erstgeborener beide von der Badezimmertür aus forschend und vorwurfsvoll beobachtet, hast du mich auch so geküsst, hast du mir die Haare auch so sanft gebürstet? Als wäre er auf frischer Tat ertappt worden, lässt er den Kleinen so plötzlich los, dass dieser einen erschrockenen Ton ausstößt, sich aber fängt und sofort zu seiner Mutter läuft. Wieso denn Jeans, schimpft sie laut, du ziehst dem Kleinen Jeans für den Kindergarten an, das ist doch unbequem, denkst du denn nie darüber nach, was du tust? Und als er seinen großen Sohn anschaut, glaubt er für einen Moment, als wäre dieses Schimpfen auch aus seinem Mund gekommen, wie sehr er ihr ähnelt, mit diesem runden, gekränkten Gesicht, er sagt schnell, auf Wiedersehen, Süßer, er reibt dem Jungen die Schulter, als er an ihm vorbeigeht, schnappt seine Tasche und verlässt die Wohnung.
Er trägt ein dunkles Jackett und eine Krawatte, und während er so dahinschreitet, kühlt der Morgenwind seine Haut, gleich wird die Kühle sich auflösen, aber vorläufig ist sie angenehm, wie ein feuchtes Handtuch auf einer heißen Stirn. Um ihn herum laufen Menschen fast im gleichen Rhythmus, Männer, Frauen, Kinder, als wären sie alle Angestellte derselben Firma und hätten die genau gleichen Aufgaben, er schaut in die Kinderwagen, die an ihm vorbeigeschoben werden, ja, vielleicht hat sie recht, die meisten kleinen Kinder tragen bequeme Trikothosen, keine Jeans, aber nicht das ist es, was ihn stört, es ist wieder dieses quälende Gefühl, das ihn schon seit Jahren begleitet und von dem er nicht weiß, ob es real ist, nämlich das Gefühl, dass alle anderen Menschen ein viel besseres Leben haben als er.
Es umringt ihn, dieses Gefühl, schließt ihn ein, schon seit seiner frühen Kindheit, und der Kreis wird immer enger, das Land, die Stadt, die Familie, die Frau. Waren es die Geschichten seines Vaters, voller Sehnsucht nach Europa, Geschichten von Schnee und Kirschen, von prächtigen Häusern mit schönen Fassaden, von Straßen, durch die blank geputzte Straßenbahnen fuhren, die ihm das Gefühl gaben, dass dieses staubige Land, in dem er geboren und aufgewachsen ist, nur ein blasser Ersatz eines richtigen Landes ist und dass der bescheidene Kibbuz im Norden nichts anderes ist als ein armseliger Ersatz für eine große Stadt? Und als sie in die Stadt zogen, fand er sich im abgelegensten Gebiet der Welt wieder, in der ärmsten Stadt, und als er sein Leben mit dem der erstbesten jungen Frau verband, spürte er vermutlich von Anfang an, dass dies nur ein armseliger Ersatz für wahre Liebe war, nicht nur im Vergleich mit dem Leben anderer, sondern auch mit dem, das er eigentlich hätte führen können.
Was für ein Blödsinn, sein Mund füllt sich mit Speichel und fast hätte er auf den Bürger steig gespuckt vor Abscheu, schließlich wird er es nie wissen, und vielleicht war alles ja ein grundsätzlicher Irrtum, sogar auf Menschen, die vom Schicksal geschlagen sind, bist du neidisch, sogar auf den Mann, der zum Sterben verurteilt war, warst du neidisch, weil es ihm vergönnt war, seine Frau zu lieben, und jetzt stellt sich heraus, dass sie gar nicht seine Frau war, und er selbst ist schon unter der Erde, und du glaubst noch immer, dass er es besser getroffen hat. Was ist das?, fragt er laut, im Ton des kleinen Jotam, das ist dumm, das ist eine Frechheit, und wieder meint er, sie in der Ferne zu erkennen, ihre schwarzen Haare und ein Aufblitzen der roten Bluse, typisch, du suchst auf einer belebten Straße nach einer roten Bluse, als würde sie sie dir
Weitere Kostenlose Bücher