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Fuer den Rest des Lebens

Fuer den Rest des Lebens

Titel: Fuer den Rest des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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verteidigst du ihn die ganze Zeit? Siehst du nicht, wie du ihm schadest? Du machst, dass er sich schwach fühlt und den Schutz seiner Mutter braucht, und was noch schlimmer ist, dass sein Vater eine Art Ungeheuer ist, vor dem man ihn schützen muss, dein Verstand ist schon degeneriert! Letzteres ist natürlich überflüssig, denn Tomer springt auf und schreit mit wütendem Gesicht, lasst mich in Ruhe! Hört auf, meinetwegen zu streiten! Ich springe vom Balkon, damit ihr aufhört, meinetwegen zu streiten! Und Schlomit umarmt ihn, genug, genug, mein Schatz, wir streiten nicht deinetwegen, wir streiten über uns, und er jammert in ihrem Arm wie ein kleines, zu groß gewordenes Tier, Tatsache ist doch, dass ihr wegen Jotam nicht streitet, und Avner fällt erschrocken ein, dass Jotam unbeaufsichtigt im Wohnzimmer sitzt, er läuft hinüber, aber der Junge sitzt nicht mehr ruhig neben seiner Spielzeugkiste, vielleicht ist er auf den Balkon gegangen und auf das Geländer geklettert, er rennt hinaus, ruft seinen Namen, findet ihn schließlich in der Badewanne, umgeben von lächelnden Plastikenten, auch er lächelt, aber er sieht besorgt aus, Tomeri weint, stellt er bekümmert fest, ist Tomeri böse? Und Avner sagt schnell, auf kindliche Art, nein, Tomeri ist nicht böse.
    Tomeri ist nicht böse, wiederholt der Kleine wie ein Echo, ist Papa böse? Seine Frage ist wie eine trübe Seifenblase, und Avner antwortet betont, nein, Papa ist nicht böse! Und noch mal wiederholt der Kleine seine Worte mit einer Erleichterung, deren Schlussfolgerung zehnmal schlimmer ist, dann ist Mama böse? Und Avner sagt wieder, nein, und betont, nein, Mama ist nicht böse, aber das beruhigt den gescheiten Kleinen nicht, er muss den faulen Apfel finden und startet einen letzten Versuch, dann ist Jotami böse? Und Avner streckt den Arm aus und legt ihn um die kleinen Schultern, fast hätte er sich in Kleidern zu ihm in die Wanne gesetzt, so sehr liebt er ihn, und wieder sagt er, nein, wieso kommst du darauf, nein, nein! Jotami ist nicht böse! Bei uns ist keiner böse!
    Als die Kinder eingeschlafen sind, findet er sie auf dem Sofa im Wohnzimmer, nachdem der Kleine erstaunlich brav ins Bett gegangen ist, als bemühe er sich, seinen Eltern nicht im Weg zu stehen, die vorsichtig Friedensgespräche anfangen, und nachdem er lange am Bett des Großen gesessen hat, der auf dem Rücken lag und die Decke bis über den Kopf gezogen hatte, und nur eine Bewegung der Decke zeigte manchmal, dass er einen Finger zu seiner Nase führte und von dort zu seinem immer offenen Mund, und Avner legte eine Hand auf seine Schulter und entschuldigte sich dafür, dass er ihn gekränkt hatte, und betonte wieder, dass es nur deshalb war, weil er ihm nicht egal sei, weil er ihn liebe und sich Sorgen mache, und am Schluss schlug er vor, sie sollten beide jeden Abend joggen gehen, obwohl es in ihrem Viertel keine geeigneten Straßen gab. Weißt du was, ich habe eine Idee, sagte er plötzlich, wir fahren in ein anderes Viertel und laufen dort, ich kenne eine wunderbare Strecke, denn plötzlich konnte er sie beide auf der schmalen asphaltierten Straße sehen, verschwitzt und geläutert, neben dem Wadi, der nach Heu und Staub roch, nach Salbei und Rosmarin. Wir lassen das Auto unten auf einem Parkplatz stehen und laufen bis zum letzten Haus und zurück, was meinst du? Er tätschelte begeistert die Schulter seines Sohnes und versuchte, ihm die Decke wegzuziehen, während der Junge schnell den Finger aus der Nase zog, und Avner schreckte ein wenig vor dem Gesicht zurück, das sich ihm jetzt zeigte, es war leichter, als er zugedeckt war, und er zitterte, als er daran dachte, dass keiner von ihnen es wagte, dem anderen gegenüber offen zu sein, ich springe vom Balkon, damit ihr aufhört, meinetwegen zu streiten, und sofort beugte er sich vor und drückte mit geschlossenen Lippen einen Kuss auf seine Stirn. Ein unangenehmer Geruch stieg aus der zurückgezogenen Decke, muffig wie aus einem geschlossenen Zelt, und er dachte daran, dass sein Sohn in wenigen Jahren, die wie Schatten vorbeigehen, sich in Armeezelten aufhalten wird, ohne Erbarmen, er wird vor Anstrengung mit den Zähnen knirschen, mit einem Patronengürtel und einem Helm, Erniedrigungen und Beschimpfungen ausgesetzt, ohne eine Mutter, die ihn verteidigt und all seine Bedürfnisse erfüllt, und das alles noch vor dem richtigen Lebenskampf, wie wird er das durchstehen, und sein Kopf wurde so schwer, dass er plötzlich auf die Brust

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