Fuer den Rest des Lebens
gebracht.
Mit wem hast du telefoniert, fragt er und erinnert sich plötzlich an seinen Vater, der in seinen letzten Jahren eifersüchtig jeden Schritt seiner Mutter verfolgte, jeder Anrufhatte sein Misstrauen geweckt, und sie sagt, mit Dafna, warum? Und er sagt, nur so, denn eigentlich ist das nicht die Frage, die er hat stellen wollen, er will wissen, was es ist, das ihr solche Sorgen macht, und warum sie nachts nicht schläft, und warum sie vor seiner Berührung zurückweicht, doch da die Chance auf eine offene Antwort nicht besonders groß ist, zieht er es vor, die Klärung zu verschieben, er fragt stattdessen, wo ist Tomer, und sie antwortet, in seinem Zimmer, wie immer am Computer, wo kann er schon sein, bei Freunden? Und wieder klingt ihre Stimme vorwurfsvoll, als sei er für alle Ewigkeit für die Probleme seines Sohnes verantwortlich.
Auf dem Weg zum Zimmer des Jungen sieht er auf dem runden Esstisch drei schmutzige Teller mit den Resten von Salat und Rührei, offensichtlich haben sie schon ohne ihn zu Abend gegessen, warum eigentlich nicht, er ist wieder sehr spät gekommen, es ist fast neun, und er betritt das Kinderzimmer, über den Computerbildschirm rasen quicklebendige Gestalten, aber der Rücken seines Sohnes ist unbewegt wie ein Fels, und sogar seine Hände liegen bewegungslos auf dem Tisch, dieser Widerspruch weckt plötzlich seine Angst, als wären die Rollen vertauscht, als hätten die gemalten Gestalten seinem Sohn das Leben genommen, er stellt sich hinter ihn und legt die Hand auf die Schulter des Jungen, sein T-Shirt ist zu eng und zeigt deutlich den hervortretenden Bauch, der ihn schon wieder wütend macht. Was war das, zu seiner Zeit waren Kinder nicht dick, weder in seinem Kibbuz noch in den umliegenden Kibbuzim, es gab höchstens mal einen, der medizinische Probleme hatte, sie sind die ganze Zeit herumgerannt und haben nicht irgendwelche hohlen Gestalten für sich rennen lassen, und er hört selbst, wie die Stimme aus seinem Hals bricht, was ist mit dir, Tomer, ist es das, was du den ganzen Tag tust? Was für ein armseliger Satz, um einen Abend familiärer Nähe zu beginnen, es tut ihm sofort leid, er schaut sich um, er will sicher sein, dass Schlomit ihn nicht gehört hat, wo ist sie eigentlich, setzt sie das Telefongespräch auf dem Balkon fort, aber sein Sohn hat seine Worte zweifellos gehört, denn er bewegt unbehaglich die Schulter unter der Berührung und stöhnt, als hätte er ihn geschlagen, lass mich, Papa.
Gerade weil ich dein Vater bin, lasse ich dich nicht in Ruhe, sagt er, du bist mir nämlich nicht egal, und ich kann dieses Computergefummel nicht mit ansehen, und sein Sohn sagt scharf, ach ja, du kannst es nicht mit ansehen? Dann schau doch einfach nicht hin. Und Avner bemüht sich um einen ruhigen Ton, he, wie redest du denn mit mir, Tomeri, hör zu, wir sollten uns hinsetzen und gemeinsam überlegen, wie du gesündere Beschäftigungen finden kannst, ich verstehe nicht, warum du den Karatekurs aufgegeben hast, und Tomer wirft ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, warum? Weil ich nicht gut war und die anderen Kinder mich ausgelacht haben! Wie konnte ihm Schlomit diesen vorwurfsvollen Blick vererben.
Auch wenn du nicht gut warst, na und, schimpft er, es handelt sich doch nicht um eine Olympiade, nur um einen Kurs im Jugendzentrum, du gehst hin, um es zu lernen und um besser zu werden! Und sein Sohn widerspricht, aber alle waren besser als ich, und das war mir nicht angenehm! In seiner Stimme flattert bereits das Weinen, aber sein Vater lässt nicht locker, es war dir also nicht angenehm, wiederholt er spöttisch, seit wann muss etwas angenehm sein? Man tut, was notwendig ist, auch wenn es nicht angenehm ist! Los, versuch’s mit einem anderen Kurs, Judo, Basketball, was ist daran schlecht? Alles ist besser als das, was du hier tust, und da kommt sie schon, um ihn anzugreifen und ihren Sohn zu verteidigen. Von welchem Standpunkt aus sprichst du?, zischt sie, ihre giftige Stimme dringt eher ins Zimmer als ihr Körper, man könnte denken, dass du jeden Tag trainierst oder auf deinen Körper achtest, schau doch, was für einen Bauch du dir in den letzten Jahren zugelegt hast! Und Avner atmet schwer, er muss sich beherrschen, er darf sich nicht so verhalten, wie sein Vater sich verhalten hat.
Was ist Schlimmes daran, dass ich versuche, ihn davon abzuhalten, die gleichen Fehler zu machen wie ich, seine Stimme wird lauter, er ist noch ein Kind, er kann sich ändern, und warum
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