Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
Augen waren undurchdringlich und glänzten wie schwarzer Marmor.
Mein Herz setzte einen Schlag aus und fing dann an, heftig zu klopfen. Ich drehte meinen Kopf nicht weg. Stattdessen blickte ich weiter in seine Richtung.
Auch er wandte sich nicht ab, sondern machte einen Schritt auf mich zu. Danach zögerte er, er schien zu überlegen und blieb stehen.
Ohne weiter nachzudenken, ging ich zu ihm. „Hallo, ich heiße Lilith.“
Er war in keinster Weise überrascht. „Hallo Lilith, ich bin Johannes.“ Er machte eine Pause, sein Lächeln wurde intensiver. Dabei wirkte er jungenhaft, fast leicht verlegen. Das machte ihn wahnsinnig attraktiv und mein Puls fing wieder an zu rasen.
„Hat dir die Wand irgendetwas getan?“ Seine Stimme war tief.
„Bisher nicht. Wenn ich ehrlich bin, ärgere ich mich gerade über mich selbst.“
„Du hast Probleme mit dem Pandae-dollyo-chagi ?“ Seine Augen ließen mich nicht los. Ich konnte mich seiner Nähe kaum entziehen.
„War das wohl deutlich zu sehen?“, sagte ich schließlich.
Mein Blick wanderten zu seinen Lippen während er mir antwortete: „Ganz verkehrt hast du dich nicht angestellt. Du springst nur zu früh ab.“
Ich riss mich von seinem Mund und meinen Fantasien los. „Ich bekomme es einfach nicht hin“, erklärte ich und wartete.
Er zögerte beinahe unmerklich. „Soll ich es dir zeigen?“
Er stellte sich vor die Matte, verlagerte sein Gewicht auf sein linkes Bein und führte den Tritt quasi in Zeitlupe aus.
„Ok, siehst du, wie ich es mache? Du musst dich ein wenig drehen und dann erst kommt der Absprung.“
Ich ging in Position. „Warte, ich versuche es auch einmal.“
„Aber achte auf deinen Schwerpunkt“, mahnte er, während er diesen Teil der Bewegung nochmals andeutete.
Ich blickte auf die Matte, sammelte mich, atmete tief ein. Dann sprang ich los. Ich drehte mich in der Luft halb um meine eigene Achse und mein Fuß krachte mit einem Donnern gegen die Matte.
Johannes sagte zuerst nichts. Er sah mich nachdenklich an. Dann meinte er: „Wenn das jetzt ein Gegner gewesen wäre, wäre er vermutlich tot.“ Er lächelte wieder sein Jungenlächeln und ich hatte Krabbelkäfer im Bauch.
„Ich glaube, mit dem Tritt hast du jetzt keine Probleme mehr", stellte er fest.
„Danke! Du hast mir wirklich geholfen.“ Eigentlich wollte ich ihm viel mehr sagen.
„Vielleicht sieht man sich mal wieder?“, fragte er nach einer kurzen Pause.
„Ja, vielleicht.“ Ich lächelte ihn an und ging.
Obwohl ich das dringende Bedürfnis hatte, noch einmal zurückzuschauen, tat ich es nicht.
3
Den nächsten Schultag erlebte ich wie durch einen Schleier. Doch das lag nicht an meinem Beinahe-Unfall auf der Autobahn. Vielmehr kreisten meine Gedanken unablässig um Johannes und unsere beiden Treffen. Immer wieder hatte ich das Bild vor mir, wie ich ihm während des Gewitters im Gang begegnet war. Ich hörte seine tiefe Stimme und sah sein Gesicht vor mir, dominiert von seinen nahezu schwarzen Augen. Ein Gefühl breitete sich in mir aus, eine Art Verlangen, das ich nicht näher greifen konnte.
Die Pausen verbrachte ich mit meinen Freundinnen, die so sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt waren, dass sie meine Schweigsamkeit nicht weiter bemerkten. Alles was ich tun musste war, ab und zu ein Wort der Bestätigung von mir zu geben.
4
Es war früher Abend, als ich in meinem leeren Haus saß. Es regnete draußen, alles war aufgeräumt und gejoggt hatte ich auch. Selbst im Sportzentrum hatte ich mich herumgedrückt, in der vergeblichen Hoffnung, Johannes wiederzusehen.
Ich beschloss, ein wenig zu surfen und zu chatten. Ich fuhr mein Laptop hoch und klickte mich planlos durch irgendwelche Seiten. Schließlich landete ich auf einer Homepage, die sich mit Nostradamus befasste. Die Einträge fesselten mich.
Als das Kind von Nostradamus im Sterben gelegen war, hatte er das erste Mal dunkle Mächte heraufbeschworen.
Und tatsächlich, in dem Moment, in dem sein Kind starb, konnte er dessen entweichenden Geist in seinem Haus festhalten. Drei Wochen lang. Dann hatte er einen anderen Körper gefunden, der als Gefäß für die Seele seines Kindes geeignet gewesen war.
Ich brach ab und stierte blicklos an die Wand, während ein Gedanke in mir Form annahm. Ich dachte an mein Gefühl, das mich die letzten Tage begleitet hatte. An das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich dachte an den vogelähnlichen Schatten, der mich auf dem Motorrad angegriffen hatte,
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