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Für eine Nacht

Für eine Nacht

Titel: Für eine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Phillips
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Jackentaschen und starrte vor sich hin.
    »Das ist eine mögliche Sichtweise.« Sloane grinste, dann holte sie tief Atem und beschloss, ihm noch einmal ihren guten Willen zu bekunden. »Ich würde sagen, das Schicksal hat mir zwei Männer als Väter beschert, wie ich sie mir besser nicht wünschen könnte, auch wenn sie sehr verschieden sind. Du bist nur später in mein Leben getreten als Michael Carlisle, das ist alles.«
    Samson musterte sie forschend. »Warum bist du so ... nett zu mir? Trotz allem, was passiert ist.«
    »Weil ich keinen Grund habe, mich anders zu verhalten. Zum einen fließt dein Blut auch in meinen Adern, zum anderen haben wir viele Jahre verloren, die ich gerne aufholen möchte. Ist es so schwer zu verstehen, dass ich meinen leiblichen Vater kennen lernen will?«
    »Mit dem hast du ja wirklich das große Los gezogen, nicht wahr?« Samson winkte abfällig ab. »Mit dem Senator, dieser Stütze der Gesellschaft, kann ich natürlich nicht mithalten.«
    Sloane schüttelte nur den Kopf. Die Selbstverachtung, mit der er von sich sprach, schnitt ihr ins Herz, und sie fragte sich, wie viele Schicksalsschläge er im Leben wohl hatte erdulden müssen. Aber ihr entging auch nicht, dass sich sein Verhalten und seine Wortwahl geändert hatten. Der unzivilisierte Provinztölpel mit der fehlerhaften Grammatik war verschwunden, stattdessen ließ seine Ausdrucksweise jetzt teilweise auf eine gute Bildung schließen. Zum ersten Mal erkannte sie Ansätze des Mannes in ihm, in den Jacqueline sich seinerzeit verliebt hatte.

    »Ich habe nicht die Absicht, Vergleiche zwischen dir und Michael zu ziehen. Ihr seid zwei grundverschiedene Menschen. Ich bin nach Yorkshire Falls gekommen, um dich zu suchen, ich habe dich gefunden, und meine Hoffnungen sind nicht enttäuscht worden. Wie sieht es denn mit dir aus? Vielleicht bist du ja von deiner unbekannten Tochter enttäuscht.«
    »Natürlich nicht. Wie kommst du denn darauf?«
    Sloane fiel ein Stein vom Herzen, aber sie wollte den Zauber des Augenblicks nicht zerstören, indem sie sich in seine Arme warf. Noch nicht. Sie mussten noch viel übereinander lernen. Doch sie kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er vor einem Gefühlsausbruch zurückscheuen würde. So beschloss sie, das Thema zu wechseln.
    »Warum spielst du eigentlich den ungebildeten Hinterwäldler? Du sprichst mit mir, als hättest du noch nicht einmal die Volksschule abgeschlossen, und im nächsten Moment redest du wie ein gebildeter Mann.« Sie beugte sich näher zu ihm. »Wozu diese Maskerade?«
    »Das liegt doch wohl auf der Hand«, murmelte er, griff in seine Tasche und förderte etwas zutage, was wie ein Päckchen Kaugummi aussah. »Möchtest du auch eins?«
    Sloane schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Ich möchte eine Antwort.«
    »Weißt du, deine Mutter und ich, wir hatten große Pläne«, begann Samson stockend. »Wir wollten beide die Schule abschließen. Sie wollte arbeiten, bis sie schwanger wird, und ich wollte bei einem Antiquitätenhändler aushelfen, bis ich genug zusammengespart hatte, um ein eigenes Geschäft zu eröffnen.« Seine Nylonjacke knisterte in der Stille des Baumhauses, als er die Achseln zuckte. »Ich hatte als Hauptfach Kunstgeschichte gewählt, wusstest du das?«
    »Nein.« Niemand hatte ihr bislang Einzelheiten aus dem
Leben ihres Vaters erzählen können, und so hing sie wie gebannt an seinen Lippen.
    »Woher auch. Ich habe meine Träume begraben, als ich deine Mutter aufgeben musste – an dem Tag, an dem ihr Vater zu mir kam, mir Beweise unter die Nase hielt, dass mein Vater bei einem Kredithai einen Schuldenberg angehäuft hatte und mir auch gleich eine Möglichkeit zur Lösung dieses Problems anbot.«
    »Wie meinst du das?« Sie wollte endlich die ganze Wahrheit hören.
    Und Samson schien diesmal gewillt zu sein, ihre Fragen zu beantworten. »Er hat mir einen Scheck angeboten, mit dem ich die Schulden meines Vaters bezahlen konnte. Mein Vater erbot sich, mir sein Haus zu überschreiben, wenn ich mich auf den Handel einließ. Was sollte ich machen? Wenn ich einwilligte, würde meine Mutter nicht mehr in ständiger Angst leben müssen, ihr Dach über dem Kopf zu verlieren, und mein Vater lief nicht mehr Gefahr, von Schlägern die Kniescheiben zertrümmert zu bekommen.« Er schüttelte den Kopf und stieß einen grollenden Laut aus, der nur entfernt an ein Lachen erinnerte.
    Aber Sloane fand die ganze Geschichte alles andere als witzig. »Niemand schickt mehr

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