Für eine Nacht
solchen Knüller wie ihre Lebensgeschichte groß herauszubringen, war mehr als zweifelhaft.
Sie gähnte, weil die Erschöpfung sie zu überwältigen drohte. Sie konnte immer noch kaum glauben, was in den letzten Stunden geschehen war, aber nachdem Rick Chandler sie durch seine Fragen dazu gezwungen hatte, die Explosion noch einmal zu durchleben, war sie inzwischen sicher, dass es sich nicht um einen bösen Traum gehandelt hatte.
Die Tür fiel ins Schloss, Chase kam ins Zimmer zurück und sah sie eindringlich an. »Jetzt sind wir unter uns. Und nun verrate mir bitte, was du wirklich von Samson willst. Das Ammenmärchen, das du meinem Bruder aufgetischt hast, kaufe ich dir nämlich nicht ab.«
Sloane schluckte hart und krallte die Finger in die Sessellehne. Sie hatte nicht erwartet, dass er ihre Flunkerei so schnell durchschauen würde. »Das habe ich dir doch schon gesagt. Zweimal sogar, wenn ich mich recht erinnere.«
Er trat auf sie zu, stützte die Hände auf den Sessel und beugte sich so nah zu ihr, dass ihre Gesichter einander fast berührten. Unwillkürlich musste sie daran denken, wie sich diese festen Lippen auf den ihren angefühlt hatten. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Wenn er sie jetzt küsste, würde ihr Widerstand vermutlich dahinschmelzen wie Schnee in der Sonne, und sie würde ihm alles sagen, was er hören wollte.
»Ich glaube dir kein Wort, Schätzchen. Im Laufe der Nacht, die wir miteinander verbracht haben, hast du mir so einiges über dich erzählt. Persönliche, intime Dinge, weißt du noch?«
»Als da wäre?« Im Moment konnte sie sich kaum an ihren eigenen Namen erinnern. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und registrierte befriedigt, dass sein Blick wie gebannt an ihr hing und seine Augen sich vor Verlangen verdunkelten. Wenigstens war sie nicht die Einzige, deren Hormone verrückt spielten.
»Du sagtest, dein ganzes Leben würde auf einer Lüge beruhen, trotzdem würde man von dir immer noch erwarten, stets das Richtige zu tun. Ist Samson ein Teil dieser Lüge?«, fragte er, ohne den Blick von ihrem Gesicht abzuwenden.
Sie sehnte sich danach, sich ihm anzuvertrauen – vielleicht noch stärker, als sie sich danach sehnte, von ihm geküsst zu werden, und das sagte eigentlich schon alles. Aber der kleine Teil ihres Verstands, der noch funktionierte, behielt die Oberhand. »Erwartest du wirklich von mir, dass ich dir Rede und Antwort stehe, während du für mich ein Buch mit sieben Siegeln bist?«
»Honey, dieses Buch kannst du jederzeit aufschlagen.« Er richtete sich auf und spreizte die Hände; eine Geste, die absolute Aufrichtigkeit ausdrücken sollte.
Und die sie ihm nicht abnahm. Nicht einen Moment lang.
Der Mann war ihr immer noch ein genauso großes Rätsel wie an dem Abend, an dem sie ihn in der Bar kennen gelernt hatte. Dennoch wollte sie ein paar Antworten von ihm hören. »Woher wusstest du, dass ich in dieser Stadt bin?« Ihre Stiefmutter und sie hatten doch ihre Spuren verwischt, so gut es ging.
»Vermutlich ist es das Beste, wenn ich in diesem Punkt ganz ehrlich zu dir bin.« Ein belustigter Funke durchbrach die Vorsicht, die sie in seinen Augen las.
Welches Geheimnis auch immer er mit sich herumtragen mochte, er scheute sich, es ihr zu enthüllen. Willkommen im Club , dachte sie. »Das wäre eine nette Abwechslung.«
»Auf der Pressekonferenz deines Vaters habe ich auch deine Stiefmutter kennen gelernt.«
»Ach, deswegen warst du also in Washington. Wegen einer Story?«
Chase nickte nur stumm.
Eigentlich sollte sie weder überrascht noch enttäuscht darüber sein, dass er einen Artikel über ihren Vater schreiben wollte. Vermutlich hoffte er, auf ein paar Leichen im Keller der Familie zu stoßen. Sie sah die Schlagzeilen schon vor sich: KLEINSTADTJOURNALIST DECKT SENATOR CARLISLES DUNKELSTES GEHEIMNIS AUF! Danke, aber danke, nein , dachte sie. Chase würde nicht auf ihre Kosten Karriere machen.
»Und dann bist du nach Hause zurückgekommen.« Sie streckte die Beine aus und bereitete sich darauf vor, die nächste Salve von Fragen auf ihn abzuschießen. »Wusstest du, dass ich hier bin?« Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Madeline eine so private und unter Umständen gefährliche Information an einen Wildfremden weitergab. Und dann auch noch an einen Reporter.
Er setzte sich auf die Couch neben ihrem Sessel und lehnte sich zu ihr, so dicht, dass sie den Rauch in seinem Haar und das maskuline Aftershave riechen konnte, das sie ein Leben lang
Weitere Kostenlose Bücher