Für eine Nacht
Schulter. »Kannst du uns mal einen Moment allein lassen? Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen.«
Chase hob die Brauen. Anscheinend hatte er seinen Bruder falsch eingeschätzt.
Kendall bedachte ihn mit einem verständnisvollen Lächeln. »Klar. Ich sag mal eben Pearl und Eldin guten Tag. Sie stehen da vorne an der Theke und geben eine Bestellung auf.«
»Pearl und Eldin?« Sloane beugte sich vor und stützte das Kinn auf eine Hand. »Wer sind denn die beiden?«
»Meine Mieter«, erwiderte Kendall.
»Ich würde Leute, die in unserem Gästehaus wohnen, ohne einen Cent dafür zu bezahlen, nicht unbedingt als Mieter bezeichnen«, bemerkte Rick trocken.
Chase lachte. »Das ist eine lange Geschichte«, sagte er zu Sloane.
Sloanes Augen leuchteten auf. »Die würde ich gerne hören. Das Kleinstadtleben beginnt mir zu gefallen.«
Chase fragte sich, ob sie das ernst meinte oder ob sie nur höflich sein wollte.
»Ein Vorschlag zur Güte. Ich bringe die beiden her, wenn ihr mit eurer Besprechung fertig seid. Pearl tischt euch innerhalb von einer Minute ihre gesamte Lebensgeschichte auf.« Kendall gab Rick einen Kuss, wandte sich ab und ging zur Theke hinüber.
»Sie ist meine absolute Traumfrau«, lachte Rick. »Stellt keine Fragen und zieht sich taktvoll zurück, wenn man ihr zu verstehen gibt, dass sie stört.«
»Eine innere Stimme sagt mir, dass sie nicht allein aus diesem Grund deine Traumfrau ist«, warf Sloane ein.
Der Hauch von Wehmut in ihrem Tonfall entging Chase nicht. Sie hatte in letzter Zeit viel durchmachen müssen, und der Verrat ihrer Eltern machte ihr zu schaffen. Sie sehnte sich nach Liebe, Vertrauen und Verlässlichkeit, das wusste er. Und sie spürte, was Rick und Kendall füreinander empfanden, und beneidete sie darum.
Diese Erkenntnis löste einen Anflug von Panik in ihm aus, denn er ahnte, dass Sloanes Vorstellung von Liebe, Vertrauen und Verlässlichkeit eine Familie, ein Heim und Beständigkeit mit einschlossen; eben jene Dinge, für die in seinem Leben kein Platz mehr war.
»Erde an Chase.« Rick schlug mit der Faust auf den Tisch, sodass das Besteck leise klirrte. Chase zuckte zusammen.
»Wo bist du denn mit deinen Gedanken? Kendall ist weg, also lass uns zur Sache kommen.«
Chase blinzelte und bemerkte, dass sein Bruder und Sloane ihn erwartungsvoll ansahen. »Ich höre«, murmelte er, ohne eine Erklärung für seine Geistesabwesenheit abzugeben.
»Okay.« Rick beugte sich vor und bedeutete ihm und Sloane, es ihm gleichzutun. »Das Wichtigste zuerst. Die Explosion in Samsons Haus war kein Unfall. Jemand hat sich an dem Boiler zu schaffen gemacht.«
»Wie bitte?« Sloanes Stimme wurde schrill, und Chase legte eine Hand über die ihre, um sie zu beruhigen.
»Ich dachte, das solltet ihr wissen.« Rick stützte die Hände auf den Tisch.
»Danke, dass du uns Bescheid gegeben hast. Wir haben dir auch etwas zu sagen.« Chase sah seinen Bruder an.
Sloane lehnte sich zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr: »Nicht jetzt. Bitte nicht.«
»Du hast versprochen, Rick alles zu erzählen, falls sich herausstellen sollte, dass die Explosion absichtlich herbeigeführt wurde«, erinnerte er sie.
»Was geht hier vor?«, mischte sich sein Bruder ein. »Wenn ihr etwas wisst, was mir weiterhelfen kann, dann raus mit der Sprache.«
Chase nickte Sloane zu. So sehr er es hasste, sie bedrängen zu müssen, in diesem Fall blieb ihm keine andere Wahl. »Willst du Rick alles erklären, oder soll ich es tun?«
Sloane biss die Zähne zusammen. Chases Ton duldete keinen Widerspruch. Wenn sie es nicht tat, würde er Rick davon in Kenntnis setzen, dass die Wahlkampfleiter ihres Vaters Drohungen gegen Samson ausgestoßen hatten und zwei Tage später sein Haus in die Luft geflogen war.
»Es ist meine Geschichte.« Sie berichtete Rick von dem Gespräch zwischen Frank und Robert, das sie belauscht hatte, und erzählte dann, dass sie und Chase heute Abend nach Harrington fahren und das Crazy Eights aufsuchen wollten, um sich dort nach Samson zu erkundigen.
Rick kniff sich in die Nasenwurzel. In diesem Moment bestand eine geradezu unheimliche Ähnlichkeit zwischen diesen beiden so verschiedenen Brüdern. »Ihr beide lasst euch erst gar nicht auf halbe Sachen ein, was?«, fragte er dann, dabei winkte er seine Frau wieder zu sich.
»Sie hat es sich in den Kopf gesetzt, sich noch mal in dem Schuppen umzuschauen«, murmelte Chase. »Und da es für sie allein zu gefährlich ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als
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