Für eine Nacht
Familie oft Lebensmittel zugesteckt, weil Samsons Vater den gesamten Verdienst seiner Frau am Spieltisch durchbrachte. Wirklich traurig.«
Sloane konnte ihr da nur zustimmen.
»Samson wurde zum Einzelgänger«, fuhr Raina fort. »Aber wer will ihm deswegen Vorwürfe machen? Ich meine, welcher Teenager würde sich nicht von seinen Freunden zurückziehen, wenn er sich schämen müsste, sie mit nach Hause zu bringen?«
Ein Kloß bildete sich in Sloanes Kehle und machte es ihr unmöglich, etwas darauf zu erwidern.
»Aber früher war er ein netter, umgänglicher, gut aussehender Mann.« Raina lächelte bei der Erinnerung. »Und er war fest entschlossen, es zu etwas zu bringen und nicht so zu enden wie seine Eltern. Er wollte unbedingt das College besuchen.«
Hoffnung und Bewunderung verdrängten Sloanes mutlose Verzweiflung. Sie hing förmlich an Rainas Lippen. »Wir müssen also davon ausgehen, dass er und meine Mutter während dieser Zeit ein Liebespaar waren.«
Raina seufzte. »Ich denke schon. Und ich wünschte, Jacqueline hätte mir davon erzählt.« Dann hellte sich ihr Gesicht auf. »Aber wenn ich jetzt so darüber nachdenke, fällt mir ein, dass sie mir in dem letzten Sommer, den sie in Yorkshire Falls verbrachte, gestand, bis über beide Ohren verliebt zu sein. Nur den Namen des Jungen wollte sie mir nicht verraten. Sie sagte, sie wolle die Beziehung nicht gefährden, und damit meinte sie, dass sie Angst hatte, ihr Vater könne dahinter kommen. Jack Ford war ein Snob, wie er im Buche steht, und uneinsichtig und skrupellos obendrein.«
Sloane musste daran denken, wie ihr Großvater Samson bestochen hatte, damit er sich von seiner Tochter fern hielt, und fand, dass Rainas Beschreibung noch zu schmeichelhaft für ihn war. Ihr schwante, dass die Spielsucht von Samsons Vater irgendwie mit der Erpressung und dem Geld, das den Besitzer gewechselt hatte, zusammenhing. »Ist Samson wirklich aufs College gegangen?«
Raina schüttelte den Kopf. »Nein. Er veränderte sich. Es begann um die Zeit, als Jacqueline mit ihrer Familie wegzog. Er verbrachte seine gesamte Zeit zu Hause und nicht mehr in der Bibliothek. Dann starb seine Mutter, und eines Tages verschwand sein Vater und wurde nie mehr gesehen. Es heißt, er
hätte sich nach Las Vegas abgesetzt, aber diese Erklärung kam mir immer zu durchsichtig vor, weil das der erste Ort ist, wo man einen Spieler vermutet.«
Sloane lächelte gequält. »Und dann?«
Raina hob die Hände und spreizte die Finger. »Nichts dann. Deine Mutter ist lange vor Samsons drastischer Veränderung von hier fortgezogen. Er zog sich immer mehr zurück, wurde seltsam, menschenscheu ...« Sie ließ die Hände sinken und schüttelte den Kopf. »Es tut mir Leid, aber Sie sollten zumindest eine ungefähre Vorstellung von dem Mann haben, den Sie unbedingt finden wollen.«
»Hoffentlich gelingt mir das auch.«
»Nun ja, jetzt, da sein Haus nicht mehr steht, versuchen Sie es am besten bei ...«
»Freunden?«, unterbrach Sloane trocken. »Wir wissen beide, dass er in dieser Stadt keine hat.«
»Keine, von denen wir wissen. Irgendwo muss er ja stecken«, beharrte Raina. »So, und nun, da ich all Ihre Fragen beantwortet habe, tun Sie einer alten Frau einen Gefallen und stillen Sie auch meine Neugier.«
Sloane brach in Gelächter aus. »Sie machen mir Spaß, Raina! Wirklich, Ihre Art gefällt mir.« Sie hatte die ältere Frau bereits ins Herz geschlossen, und da Raina ihre Mutter gekannt hatte, fühlte sie sich ihr auf eine Weise verbunden, mit der sie nie gerechnet hätte.
»Und warum?«
»Weil Sie nie um den heißen Brei herumreden.«
»Warum sollte ich?« Raina grinste, und Sloane bemerkte erleichtert, dass ihr Gesicht wieder etwas Farbe bekam. »Kommen wir zu der Frage, die mir am meisten am Herzen liegt.« Sie straffte sich fragte dann unverblümt: »Sind Sie und Chase ein Paar?«
Sloane war so vor den Kopf geschlagen, dass sie zunächst keinen Ton hervorbrachte. »Ich weiß wirklich nicht, was ich darauf antworten soll«, stammelte sie dann.
»Sag ihr einfach die Wahrheit.« Chase schlenderte in den Raum und bedachte sie mit diesem aufreizenden Grinsen, das sie viel zu selten an ihm sah und das jedes Mal eine verheerende Wirkung auf ihren Hormonhaushalt ausübte.
»Und die lautet?« Raina rieb sich erwartungsvoll die Hände.
Sloane blickte Chase an. Sie hätte selbst gern die Antwort auf diese Frage gewusst. »Das überlasse ich dir, Chase. Schenk du doch deiner Mutter reinen
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