Für einen Kuss von Frisco
Werkzeugkoffer auf der Treppe niedergelassen und an die Arbeit gemacht hatte.
Sie hatte ihn ständig beobachtet, dabei aber sehr darauf geachtet, dass er sie nicht dabei ertappte. Dennoch konnte er ihren Blick fühlen. Er bildete sich sogar ein, ihren Duft wahrnehmen zu können.
Ungläubig schüttelte er den Kopf. Was immer zwischen ihnen beiden vorhin am Strand vorgefallen war, er wollte mehr davon. Viel mehr. Ein Blick von ihr hatte genügt, ihn in einen Strudel sexuellen Verlangens zu ziehen. Er hatte sie einfach berühren müssen. Hatte sich einfach ausmalen müssen, wo die Schweißperle verschwunden war, deren Spur sein Finger bis zum Ausschnitt ihres T-Shirts nachgezeichnet hatte. Es hatte ihn nicht viel Fantasie gekostet, sich vorzustellen, wie sie langsam zwischen ihren Brüsten hinabgelaufen war bis zu ihrem Bauchnabel.
Am liebsten wäre er ihr ganz mit dem Finger gefolgt.
Doch dann hatte er den Schreck in Mias Augen gesehen. Mit dieser überwältigenden Woge gegenseitiger Anziehung hatte sie nicht gerechnet – und sträubte sich dagegen. Sie wollte nichts mit ihm zu tun haben. Sie wollte keinen einzigen bewusstseinsverändernden One-Night-Stand, und schon gar nicht wollte sie eine langfristige Beziehung. Das überraschte ihn nicht.
„Ich schaffe es nicht“, erklang von unten Natashas enttäuschte Stimme.
Bisher hatte Mia nur stillschweigend beobachtet und sich jeglicher Hilfsangebote enthalten. Doch nun erhob sie sich. Offenbar konnte sie den Anflug von Angst in Natashas Stimme nicht ignorieren.
„Soll ich dir helfen, Natasha?“, fragte sie, ohne Frisco auch nur eines Blickes zu würdigen.
Frisco wischte sich den Schweiß von der Stirn, während er zusah, wie Tasha zur Seite hüpfte und Mia unten die Plastiktüte an den Haken hängte. Es waren beinahe 40 Grad im Schatten, dennoch spürte er einen eisigen Hauch, als sie schließlich zu ihm hochsah.
Sie gab sich verdammt viel Mühe, so zu tun, als interessiere sie sich nicht im Geringsten für ihn. Trotzdem hatte sie ihn die letzten anderthalb Stunden ununterbrochen beobachtet. Warum?
Vielleicht fühlte sie ja doch dasselbe wie er? Spürte dieselbe unkontrollierbare Anziehungskraft, die seinen Blick immer wieder wie von einem Magneten angezogen zu ihr hinüberwandern ließ. Die den Hammer deutlich öfter auf seinem Daumen hatte landen lassen als jemals zuvor. Die seinen gesamten Körper unter Strom setzte, sobald er auch nur an sie dachte.
Lust und Begehren, um das Tausendfache verstärkt. Es war etwas sehr viel Mächtigeres.
Er wollte sie nicht. Es war die Mühe nicht wert, nicht die zu erwartenden Auseinandersetzungen, nicht die Trauer, wenn es schiefging. Und doch, zugleich verzehrte er sich nach ihr. Er wollte sie mehr, als er je zuvor eine Frau begehrt hatte.
Wenn er leicht ins Bockshorn zu jagen gewesen wäre, dann hätte er es jetzt mit der Angst zu tun bekommen.
„Wir sollten ein Stück zurückgehen“, warnte Mia das Mädchen, als Frisco die Kurbel zu drehen begann.
Die ersten paar Meter ging alles gut, doch dann riss der Boden der Plastiktüte unter dem Gewicht der Lebensmittel auf, und ihr gesamter Inhalt fiel zu Boden.
Frisco fluchte laut, als ein Sechserpack Bier zerbarst, braune Glassplitter in alle Richtungen flogen und das Bier sich höchst unappetitlich mit einem halben Liter Himbeersaft, vier geplatzten Tomaten und einer zermatschten Avocado vermischte.
Mia schaute erst auf den Trümmerhaufen und dann zu Alan Francisco hinauf. Er unterbrach seine Litanei von Flüchen und starrte schweigend, finster und verzweifelt auf die Schweinerei am Boden. Mia wusste, dass er in diesem Augenblick mehr sah als nur einen Haufen Scherben. Er sah sein Leben vor sich, das so unumkehrbar zu Bruch gegangen war wie jene Bierflaschen.
Doch dann atmete er tief durch und zwang sich, Natasha aufmunternd anzulächeln, die mit schreckgeweiteten Augen zu ihm aufschaute.
„Wir sind auf dem richtigen Weg“, versicherte er ihr und ließ das Seil wieder herab. „Und wir stehen unmittelbar vor einem bahnbrechenden Erfolg, das weiß ich genau.“ Auf seinen Krückstock gestützt, humpelte er langsam die Treppe hinunter. „Vielleicht sollten wir besser zwei Plastiktüten nehmen? Oder zusätzlich noch eine Papiertüte?“
„Wie wär’s mit Stoffbeuteln?“, warf Mia ein.
„Vorsicht, Tasha, da liegen überall Glassplitter!“, warnte Alan das Kind, bevor er sich an Mia wandte. „Mit Stoffbeuteln würde es funktionieren, aber ich habe
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