Für einen Kuss von Frisco
fest im Wohnzimmer auf der Couch schlummern sollte.
Frisco taumelte schlaftrunken zur Wand und knipste das Licht an. Er griff sich seinen Stock und humpelte über den Flur ins Wohnzimmer.
In dem schmalen Lichtstreifen, der zur Tür hereinfiel, konnte er Natasha sehen. Sie hockte weinend und mit schweißnassem Haar inmitten von zerwühlten Laken.
„He“, sagte er. „Was zum T… ähm … was ist denn los, Tash?“
Die Kleine antwortete nicht, sie weinte nur.
Frisco setzte sich neben sie, aber die Tränen liefen und liefen. „Soll ich dich in den Arm nehmen? Fehlt dir irgendwas?“, fragte er hilflos. Sie schüttelte den Kopf, immer noch schluchzend.
„Hmm, ja …“ Verunsichert sah Frisco sich um. Was sollte er nur tun, um das Mädchen zu beruhigen?
Jemand klopfte von draußen an die Wohnungstür.
„Möchtest du aufmachen, Tasha?“
Keine Antwort.
„Tja, dann … geh ich wohl besser.“
Mia stand in einem weißen Bademantel und mit offenem Haar vor dem Fliegengitter. „Ist alles in Ordnung?“
„Nein, ich bringe meine Nichte nicht um und foltere sie auch nicht“, gab Frisco grob zurück und knallte ihr die Tür vor der Nase zu – nur um sie gleich wieder zu öffnen und die Fliegengittertür aufzustoßen. „Du weißt nicht zufällig, wo Tashs Ein- und Ausschalter ist, oder?“
„Es ist ziemlich dunkel hier drinnen“, sagte Mia und trat ein. „Vielleicht solltest du Licht machen, damit sie sich zurechtfindet.“
Frisco schaltete die helle Deckenbeleuchtung ein … und bemerkte zu spät, dass er nur in einer engen weißen Boxershort vor seiner Nachbarin und seiner Nichte stand. Gut, dass er den gestern noch gekauft hatte. Sonst wäre er jetzt womöglich nackt gewesen.
Schlagartig hörte Natasha auf zu weinen. Sie schniefte zwar noch, und Tränen standen in ihren Augen, aber ihr sirenenartiges Geheul hatte aufgehört.
Mia brachte sein Anblick sichtlich aus der Fassung. Sie tat aber dennoch so, als wäre es das Normalste auf der Welt, wenn ein Nachbar in Unterhosen vor ihr stand. Sie setzte sich zu Natasha aufs Sofa und nahm sie in die Arme. Frisco entschuldigte sich und verschwand im Schlafzimmer, um sich etwas mehr anzuziehen.
„Das muss ein schlimmer Albtraum gewesen sein“, hörte er Mia sagen, als er ins Wohnzimmer zurückkam.
Natasha nickte. „Ich bin in ein ganz tiefes schwarzes Loch gefallen“, wisperte sie, „und ich hab geschrien und geschrien und geschrien. Oben am Rand stand Mommy, aber sie hat mich nicht gehört. Sie machte ihr böses Gesieht, und dann ging sie einfach fort. Und dann war ich unter Wasser, und ich dachte, ich ertrinke.“
Frisco fluchte lautlos in sich hinein. Er war sich nicht sicher, ob es ihm gelingen würde, Natasha die Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln, die sie brauchte, aber er würde ihr auf jeden Fall die Angst vor dem Meer nehmen. Er setzte sich neben sie auf die Couch, und sie kletterte ihm auf den Schoß. Es schnürte ihm fast das Herz ab, als sie ihm ihre Armchen um den Hals schlang.
„Gleich morgen früh gebe ich dir deinen ersten Schwimmunterricht“, grummelte er, vergebens bemüht, seine Rührung zu verbergen.
Natasha nickte. „Und als ich aufgewacht bin, war es ganz dunkel. Und jemand hat den Fernseher ausgeschaltet.“
„Das war ich, bevor ich ins Bett ging“, sagte Frisco.
Sie wandte ihm ihr tränenverschmiertes Gesichtchen zu. „Mommy lässt ihn immer an. Dann fühlt sie sich nicht so alleine.“
Mia sah ihn über den Kopf des Kindes hinweg an. Ganz offensichtlich lag ihr etwas auf der Seele, was sie nicht in Gegenwart der Kleinen aussprechen wollte.
„Okay, Tasha, ich schlage vor, du wäschst dir das Gesicht. Einverstanden?“, fragte er.
Sie nickte, kletterte von seinem Schoß und wischte sich die tropfende Nase mit der Hand ab. „Bevor ich ins Bett gegangen bin, haben Frisco und ich gespielt, wir wären auf einem Piratenschiff. Er war der Kapitän.“
Mia gab sich Mühe, ihr Lächeln zu verbergen. Deshalb also waren so gegen acht Uhr von nebenan so seltsame Geräusche zu hören gewesen.
„Wir haben auch russische Prinzessin gespielt“, ergänzte die Kleine.
Frisco lief tatsächlich rot an vor Verlegenheit. „Es ist schon nach null zweihundert, Tash. Beeil dich. Und putz dir auch gleich die Nase.“
Kaum war sie im Flur verschwunden, beugte er sich zu Mia. „Ich bin verloren“, meinte er resigniert. „Jetzt werden Sie mich bis ans Ende aller Zeiten damit aufziehen.“
Mia grinste. „Scheint so, als
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