Für einen Kuss von Frisco
keine.“
Alan, dachte Mia. Seit wann nannte sie ihn in ihren Gedanken eigentlich Alan statt Francisco? Seitdem sie gesehen hatte, wie er, seinen Schmerzen zum Trotz, seine Nichte anlächelte? Oder schon seitdem er sie auf dem Parkplatz am Strand mit nur einem Blick in Flammen hatte aufgehen lassen?
Sie folgte ihm die Stufen hinauf und konnte dabei kaum den Blick lassen von seinem nackten, tief gebräunten Oberkörper. Er trug nur Hawaiishorts, die tief auf den Hüften saßen und seinen muskulösen Oberkörper betonten. Sein Bauch war flach und hart, und ein dünner Schweißfilm glänzte auf seiner Haut. Jetzt sah sie auch, dass die zweite Tätowierung keine Nixe war, wie sie erst vermutet hatte, sondern eine Seeschlange.
„Aber ich habe welche“, sagte sie und verschwand fluchtartig in ihrer Wohnung.
Dort lehnte sie sich für einen Augenblick an die Wand und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Was hatte dieser Mann nur an sich, dass ihr Herz bei seinem Anblick doppelt so schnell schlug wie sonst? Er war faszinierend, das konnte sie nicht leugnen. Er strahlte eine wilde, ungezähmte Sinnlichkeit aus, der sie sich nicht entziehen konnte. Er war sexy und hinreißend. Und er hatte mit ernsthaften Problemen zu kämpfen, was ihm einen Hauch von Tragik verlieh. Doch das waren normalerweise nicht die Kriterien, nach denen sie sich einen ihre Liebhaber aussuchte.
Tatsache war, dass sie nicht mit ihm schlafen würde, rief sie sich selbst zur Ordnung. Wahrscheinlich definitiv nicht. Wahrscheinlich definitiv …? Was zum Teufel war eigentlich los mit ihr?
Verärgert über sich selbst, schüttelte Mia den Kopf.
Wahrscheinlich war Vollmond. Dann war sie immer irgendwie seltsam drauf. Ihre Mutter, die fest an Horoskope glaubte, würde vermutlich sagen: Deine Sterne stehen so und so, und das macht dich ruhelos und leichtsinnig. Vielleicht war es auch einfach nur das Alter, immerhin war sie fast dreißig. Womöglich forderte ihr Körper lediglich sein Recht und schüttete Hormone in solchen Mengen aus, dass sie sie nicht länger ignorieren konnte.
Worin auch immer der Grund liegen mochte, Fakt war und blieb: Sie würde nicht mit einem Fremden schlafen. Bevor irgendetwas zwischen ihnen geschehen konnte, würde sie sich die Zeit lassen, den Mann richtig kennenzulernen. Und wenn sie ihn erst kannte, ihn und den Berg körperlicher und seelischer Probleme, den er mit sich herumschleppte, würde es ihr vermutlich sehr viel leichter fallen, sich von ihm fernzuhalten. Davon war sie überzeugt.
Sie nahm einige Stofftaschen aus dem Schrank und ging wieder hinaus. Alan kauerte ziemlich hilflos unten auf dem Hof, um die Schweinerei zu beseitigen, die er angerichtet hatte.
„Alan, warten Sie. Sammeln Sie die Scherben nicht mit bloßen Händen auf“, warnte sie ihn. „Ich bringe Ihnen Handschuhe und eine Schaufel.“ Ihm anzubieten, den Scherbenhaufen für ihn zu beseitigen, wagte sie nicht. Sie wusste, dass er das Angebot ablehnen und sie dafür hassen würde.
Rasch warf sie ihm die Baumwolltaschen in den Hof, und er fing sie mit spielerischer Leichtigkeit auf. Als er den Aufdruck auf einer der Taschen las, verdrehte er die Augen. Eine politische Botschaft, natürlich ! Kopfschüttelnd hockte er sich ins Gras und packte die Einkäufe von den Plastiktüten in die Baumwolltaschen um.
„Wäre es nicht schön, wenn Bildung kostenlos für alle wäre und die Regierung eine Tombola veranstalten müsste, um einen Bomber zu kaufen?“, zitierte er, als Mia wieder neben ihm auftauchte. Sie war mit Müllbeutel, Arbeitshandschuhen und einem Ding bewaffnet, das verdächtig nach einem Schäufelchen für Hundekot aussah.
Sie lächelte schief. „Ich dachte mir schon, dass Ihnen der Spruch gefallen würde.“
„Wir können gern ein andermal ausführlich über die Ignoranz des Durchschnittsbürgers in Sachen Militärhaushalt diskutieren“, erklärte er, „aber gerade jetzt bin ich dafür nicht in der richtigen Stimmung.“
„Wie wär’s, wenn ich so tue, als hätten Sie mich nicht gerade eine Ignorantin genannt? Und wenn Sie so tun, als hielte ich Sie nicht für einen steifen, engstirnigen, strohdummen Berufssoldaten?“, schlug sie mit zuckersüßer Stimme vor.
Frisco musste unwillkürlich lachen. Es war ein tiefes Lachen, das aus dem Bauch kam. Er konnte sich gar nicht erinnern, wann er das letzte Mal so gelacht hatte. Immer noch lächelnd schaute er zu ihr auf. „Klingt wie ein fairer Vorschlag“, erwiderte er. „Wer weiß,
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