Fuer immer 2 - die Liebe
damit du hier nicht völlig eingehst.«
»Ich weiß«, sage ich schniefend und versuche, mich wieder in den Griff zu bekommen. »Und dafür bin ich dir total dankbar.«
Ich werfe einen Blick auf mein zerwühltes Bett und zum ersten Mal fällt mir auf, dass es schon ziemlich mieft. Rayne hat recht. Auch wenn ich keine Lust auf das Leben da draußen habe, weil Griffon darin nicht mehr vorkommt, darf ich hier nicht völlig versumpfen. Ein Becher Kaffee kann ja nicht schaden. Danach komme ich zurück, beziehe das Bett frisch und verkrieche mich wieder.
Rayne knufft mich auf den Arm. »Na los, nur ein Stündchen. Wenn du nicht mit zum Feuerwerk willst, okay, aber du musst wenigstens mal vor die Tür, danach fühlst du dich besser, ganz bestimmt.«
»Ich will mich aber nicht besser fühlen. Das Einzige, was helfen würde, wäre, wenn Griffon es sich anders überlegt und zu mir zurückkommt. Aber das wird er nicht und darum will ich wenigstens meinen Schmerz voll auskosten.« Ich schiebe die Bettdecke weg und setze mich auf die Bettkante. »Außerdem weißt du doch, dass ich kein Feuerwerk mag.«
Rayne packt mich bei den Händen und zieht mich hoch. »Okay, nur ein Americano im Café, und dann überlasse ich dich wieder deinem Elend, versprochen. Aber tu mir den Gefallen und spring vorher noch kurz unter die Dusche.«
* * *
Ich lege den Schlafsack über meine Beine und lehne mich im Klappstuhl zurück. Es ist schon fast dunkel, aber die Band auf der kleinen Bühne oben auf der Straße hat ihr Konzert noch nicht beendet, und auch die Frisbeescheiben schwirren immer noch über meinem Kopf hin und her durch die Luft. Ich gebe mein Bestes, ein bisschen gute Laune zu zeigen und mich nicht zurück in die Depression fallen zu lassen, die sich mittlerweile fast schon so vertraut und tröstlich anfühlt wie eine alte, abgetragene Lieblingsjeans. Ich schaue hinauf zum Himmel. Noch ist alles ruhig und friedlich, doch schon bald werden dort oben mit lautem Getöse Lichter und Farben explodieren. Darauf zu warten, dass ein Feuerwerk losgeht, macht mich immer kribbelig. Wenn es einmal angefangen hat, ist es meistens okay, aber beim ersten Knall zucke ich regelmäßig zusammen.
Rayne lehnt sich gegen mein Bein und schaut zu mir hoch. Auf dem kleinen Stück Rasen, das wir uns erobert haben, teilen sie und Peter sich einen Schlafsack als Unterlage. Obwohl sie mir zuliebe ihr Turteln auf ein Minimum beschränken, lässt sich nicht übersehen, wie glücklich sie miteinander sind.
»Ist dir warm genug?«, fragt sie.
»Ja, alles gut. Ich würde nur gerne mal einen einzigen Unabhängigkeitstag ohne Schlafsack und dicken Parka erleben.«
Peter nimmt die Wolldecke, die um seine Schultern hängt, und reicht sie mir. »Hier, nimm die. Mir ist nicht kalt.«
Seine kleine fürsorgliche Geste treibt mir die Tränen in die Augen. »Nein, nein, behalt sie ruhig, alles okay.« Ich fühle, wie die Traurigkeit in mir hochsteigt und droht, mich wie eine riesige Flutwelle zu verschlingen. Ich muss irgendwas tun, sonst werde ich darin ertrinken. Ich schiebe den Schlafsack von meinen Beinen und stehe auf. »Ich gehe ein bisschen spazieren.«
»Aber in ein paar Minuten fängt das Feuerwerk an. Außerdem kannst du doch nicht ganz allein hier rumlaufen.«
»Du warst doch diejenige, die gesagt hat, ich müsste mal wieder an die frische Luft. Also werde ich noch ein bisschen davon schnuppern. Hier sind Tausende von Menschen, mir wird schon nichts passieren.«
»Ich weiß nicht, bist du sicher?«
»Ja, bin ich. Mach dir keine Sorgen.«
»Dann lass wenigstens dein Handy eingeschaltet und schick mir eine Nachricht.«
»Versprochen, Mom.« Ich ziehe den Reißverschluss meiner Jacke hoch bis unters Kinn, werfe einen Blick auf die dicht gedrängte Menschenmenge um uns herum und überlege, wo ich langgehen soll. Alles, was ich will, ist ein bisschen allein sein, und wo ist man mehr allein als inmitten von fünftausend Leuten? Also schlendere ich einfach drauflos in Richtung Fisherman’s Wharf. Ab und zu rempelt mich jemand an, doch die meisten haben sich schon auf dem Rasen niedergelassen oder stehen weiter hinten auf dem Gehweg und warten auf das Feuerwerk.
Als ich etwa einen Block weiter bin, erscheint, begleitet von einem lauten Knall, ein erstes, einsames rotes Licht am Himmel, und ich zucke zusammen. Jeder Zentimeter Rasen ist besetzt mit Menschen, die nach oben starren, aber auf der Backsteinmauer weiter hinten finde ich noch eine kleine freie
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