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Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Titel: Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Henry
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neue Pumps mit Blockabsatz. Ihre Beine waren nackt, was ihr irgendwie unpassend schien für eine Beerdigung, aber die Zeit hatte nicht gereicht, um sich auch noch eine Strumpfhose zu kaufen, und immer hin waren ihre Beine gebräunt von den Wochen am Strand. Passend zum Kleid hatte sie sich noch eine doppelreihige Halskette aus künstlichen Perlen gegönnt, was ihr einen Hauch Extravaganz verlieh. Auf einen Hut hatte sie verzichtet, obwohl eigentlich einer dazugehörte. Aber es war Sommer, Herrgott noch mal. Und es war Terence, der zu Grabe getragen wurde. Er hatte Konventionen immer verachtet. Jane hatte sich gewundert, dass er kirchlich beerdigt wurde, aber vielleicht hatte er ja auf seine alten Tage noch zu Gott gefunden? Nein, das war einfach zu abwegig. Er hatte sich eher selbst für Gott gehalten.
    Sie betrat das kühle Foyer mit dem schwarz-weißen Marmorboden und den bequemen Sesseln. Kurz darauf erschien Norman in einem dunkelgrauen Nadelstreifenanzug und küsste sie zur Begrüßung auf beide Wangen.
    »Wir müssen los«, sagte er nach einem kurzen Blick auf die Standuhr. »Allerdings gibt es ein paar Dinge, die ich gern mit Ihnen besprechen würde …«
    »Aber nicht jetzt«, sagte Jane. »Ich möchte das erst hinter mich bringen. Noch eine schlechte Nachricht würde ich im Moment nicht verkraften.«
    Norman schaute sie fragend an.
    »Meine Schwiegertochter hat sich von Philip getrennt. Wegen Adrian.« Sie lächelte wehmütig.
    Norman hob kaum merklich die Brauen. Er war so leicht nicht aus der Ruhe zu bringen. »Solange es in der Fami lie bleibt.« Er bot ihr seinen Arm an und geleitete sie nach draußen, wo er sich nach einem Taxi umschaute. »Sie brau chen sich keine Sorgen zu machen, Jane. Diesmal ist es keine schlechte Nachricht.« Er hob einen Arm und winkte einem Taxi.
    »Da bin ich aber erleichtert.«
    Norman hielt ihr die Tür auf, und Jane stieg ein. Sie nannte dem Fahrer den Namen der Kirche. Natürlich mitten in Soho. Typisch Terence! Selbst im Tod nicht weit entfernt vom nächsten Drink.
    Jane hielt die Augen geschlossen, während das Taxi durch kleine Seitenstraßen fuhr, um das Verkehrschaos in der Tot tenham Court Road und der Oxford Street zu umgehen. Norman saß schweigend neben ihr. Er wusste immer ge nau, was er zu tun hatte. Warum hatte sie nicht einen Mann wie ihn heiraten können? Einen unerschütterlichen Gentleman? Ob seine Frau überaupt wusste, was für ein Glück sie hatte?
    Die Kirche war brechend voll. Die Trauergäste stellten eine bunt zusammengewürfelte Mischung dar, von ein paar zwielichtig wirkenden Gestalten bis hin zu einer Frau in einem Pepita-Kostüm und einem mit Straußenfedern geschmückten Hut. Jane ließ den Blick über die Menschen wandern, überlegte, in welcher Beziehung sie wohl zu Terence gestanden hatten. Buchmacher, Geliebte, Vermieter, alle möglichen Leute aus dem Verlagswesen, Saufkumpane, Schriftstellerkollegen, noch mehr Geliebte, ein todunglückliches junges Mädchen in einem schlecht sitzenden grauen Kleid, das bitterlich weinte, in der ersten Reihe die Angehörigen – darunter zwei Männer, die zweifellos seine Brüder waren –, ein paar Krankenschwestern, vielleicht aus dem Hospiz. Offenbar hatten ihm im Laufe seines Lebens viele Menschen ihre Freundschaft geschenkt, auch wenn er selbst dazu unfähig gewesen war. Na ja, sie, Jane war schließlich auch gekommen.
    Sie wusste, dass er zweimal verheiratet gewesen war – oder war es dreimal? –, denn die Boulevardpresse hatte immer wieder darüber berichtet, wie unmöglich es war, mit ihm zusammenzuleben – über seine egoistische, narzisstische Art, über seine Frauengeschichten und seine Sauftouren. Das Einzige, was Jane daran wirklich überrascht hatte, war die Tatsache, dass seine Frauen immer wieder zu ihm zurückkehrten und behaupteten, sie würden ihn lieben. Sie versuchte herauszufinden, welche der vielen anwesenden Frauen seine Ehefrauen gewesen waren, aber es war zu schwie rig. Sie wirkten alle gleich untröstlich. Plötzlich erschrak sie: Da war Barbara! Sie war nur noch ein Schatten des vor Leben sprühenden Geschöpfs, das damals in Everdene aus dem Mini gesprungen war. Ihre Wangen waren hohl, die Augen eingesunken, und ihr Haar war so schütter, dass man die Kopfhaut sehen konnte, aber sie war so elegant wie eh und je in einem Mantelkleid aus Crêpe de chine und Schuhen mit schwindelerregend hohen Absätzen. In den Händen hielt sie ein Paar feine Lederhandschuhe.
    Jane und Norman

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