Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
ihn verdattert an.
»Die Rechte? Ich verstehe nicht …«
Norman schaute kurz zum Fahrer hinüber. Diese Kerle hatten die Angewohnheit zu lauschen. »Am besten, wir suchen uns ein Café, dann erkläre ich es Ihnen. Es geht um ziemlich viel Geld, Jane.«
Das Taxi hielt vor dem Browns Hotel in Mayfair. Wie benommen folgte Jane ihrem Anwalt in den Tea Room. Er ließ sie auf einem Samtsofa in einer Ecke Platz nehmen, dann bestellte er Häppchen, Tee und Champagner für zwei. Norman wusste in jeder Situation das Richtige zu tun, und Jane war dankbar für den stillen, diskreten Ort und den Champagner.
»Terence Shaw hat Ihnen die Rechte an dem Buch hinterlassen«, erklärte ihr Norman, »was bedeutet, dass Sie auch die Tantiemen bekommen. Und die, liebe Jane«, er sah sie vielsagend an, »werden beträchtlich sein. Es wird einen Riesenrummel geben bezüglich des Manuskripts, das, wenn ich das richtig verstanden habe, fast ein halbes Jahrhundert lang verschollen war. Der Verlag bringt eine Auflage von zweihunderttausend Exemplaren auf den Markt. Das Buch gilt nicht nur als ein Meisterwerk. Dass es so lange verschwunden war, wird ihm die Aufmerksamkeit der Medien sichern.«
Jane war sprachlos. Sie nickte. Terence hatte also beschlossen, sein Gewissen zu erleichtern. Als der Kellner den Tee brachte, mit eleganter Geste den Kuchen servierte und ihnen den Champagner einschenkte, musste sie plötzlich laut lachen. Erschrocken schlug sie sich eine Hand vor den Mund.
»Tut mir leid, Norman. Es ist einfach alles so …«
Normans Augen funkelten. Er war es gewöhnt, schlechte Nachrichten zu überbringen, aber so etwas hatte er noch nicht erlebt. Jane war eine seiner Lieblingsmandantinnen. Er hatte sich fürchterlich aufgeregt über den Schlamassel, den ihr Mann ihr hinterlassen hatte. Dies war eine nette Wendung der Geschichte, fand er. Auch wenn die Geschichte einen Haken hatte.
»Das bedeutet zweifellos die Lösung Ihrer finanziellen Probleme«, fuhr er fort. »Aber die Sache hat ein paar Haken, und einer davon ist die öffentliche Aufmerksamkeit, die sie auf sich ziehen wird. Die Verleger wissen, dass dahinter eine Geschichte steckt, und sie werden alles daran setzen, sie auszugraben.« Er schaute ihr in die Augen. »Offenbar hat Terence in seinem Testament klipp und klar verfügt, dass allein Sie darüber entscheiden, ob Sie die Geschichte erzählen wollen. Die Boulevardblätter würden Ihnen sicherlich einen stolzen Preis dafür zahlen, je nachdem, wie … interessant sie ist. Wie reizvoll sie ist. Und wenn sie besonders pikant ist, wird das die Verkaufszahlen des Buchs natürlich enorm steigern.«
Jane nickte. Die Geschichte war Dynamit, ganz klar. Um das zu sehen, musste man kein Experte sein. Sie trank einen Schluck Champagner, viel zu aufgewühlt, um etwas zu sagen.
»Wie gesagt, die Angehörigen sind ziemlich aufgebracht – vor allem die Witwe und die Tochter, die auf der Beerdigung gesprochen hat. Sie wollen das Testament anfechten, aber sie haben keine Handhabe. Terence wusste genau, was er tat, als er das Testament geändert hat, und er hat dafür gesorgt, dass es wasserdicht ist. Was bedeutet, dass Sie demnächst sehr wohlhabend sein werden. Wie wohlhabend genau, hängt davon ab, für welchen Kurs Sie sich entscheiden. Womöglich ist Ihnen Ihre Anonymität wichtiger als der zusätzliche Gewinn, den Ihnen Ihre Geschichte einbringen könnte. Aber vergessen Sie nicht, dass die Presse seit dem Debakel während des Trauergottesdienstes Ihren Namen kennt, und auch wenn Terence Shaw nicht gerade ein …«, Norman suchte nach dem passenden Vergleich, »… David Beckham war, was seine Popularität angeht, werden die Medien dennoch versuchen, Sie ausfindig zu machen und Ihnen Ihre Geschichte zu entlocken.«
Nachdem sie ihr erstes Glas Champagner ausgetrunken hatte, fand Jane schließlich den Mut zu sprechen. Norman mochte noch so professionell und diskret sein, sie merkte ihm an, dass er es kaum erwarten konnte zu erfahren, was hinter dieser ganzen Sache steckte.
»Es ist eine kurze und ziemlich armselige Geschichte«, sagte sie, »die Anfang des Sommers schließlich zu Ende gegangen ist. Aber angefangen hat sie 1964 …«
Am Tag nach der Party öffneten sich die Schleusen des Himmels, und es regnete drei Tage lang, was Roy gerade recht war, denn so konnte er sich verkriechen, und außerdem wür den die Strandhüttenbesitzer, einschließlich der Lowes, sicher hastig ihre Sachen packen und aus Everdene
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