Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
Guacamole und geschmolzenem Käse bestellt und alles mit drei weiteren Drinks heruntergespült. Die Band begann zu spielen, der Pub war brechend voll mit Leuten, die darauf warteten, sich ins Wochenende zu stürzen. Es herrschte richtige Partystimmung, und Fiona war glücklich. Wimbledon schien Lichtjahre entfernt, Traceys Be such lag eine Ewigkeit zurück, und der Autounfall noch länger.
Sie lächelte, als ein paar als Feen verkleidete junge Männer hereinkamen, die anscheinend einen Junggesellenabschied feierten. Unter ihren Tutus waren sie sportlich und muskulös, was ihre Verkleidung noch lächerlicher wirken ließ. An ihren breiten Schultern klebten silberne Flügelchen, und alle trugen blonde Perücken.
Einer von ihnen tippte ihr mit einem Zauberstab auf den Kopf, an dessen Spitze ein Stern steckte.
»Ich werde dir einen Wunsch erfüllen«, trällerte er, und sie musste lachen.
»Einen Wodka mit Tonic« antwortete sie sofort, woraufhin er sich besorgt umsah.
»Ich werde hoffentlich nicht gleich von einem wütenden Ehemann verprügelt?«, fragte er.
»Keine Sorge«, beruhigte sie ihn, »ich bin allein hier.«
»Na dann.«
Er grinste, und da bemerkte sie seine schönen Augen. Graugrün, mit langen Wimpern. Zum Glück hatte sie sich vorhin umgezogen und ein bisschen geschminkt.
Die Band legte gleich mit »Satisfaction« los. Das Publikum jubelte, die ersten Leute kämpften sich bis zur Bühne vor und fingen an zu tanzen. Die Fee mit dem Zauberstab stieß die Faust in die Luft und grölte den Text mit.
Der Barmann reichte Fiona den nächsten Drink. »Ich weiß, es geht mich nichts an, aber Sie haben schon reichlich intus«, warnte er sie. »Morgen werden Sie sich ganz schön beschissen fühlen.«
»Sie haben vollkommen recht« erwiderte sie nur und prostete ihm zu. »Das geht Sie überhaupt nichts an!«
Bis zehn Uhr hatten die Junggesellen Fiona adoptiert, und Liam, der sich als Trauzeuge entpuppte, hatte sie entschlossen unter seine Feenflügelchen genommen.
»Heute Abend habe ich die Verantwortung«, vertraute er ihr an. »Wir feiern Dans Junggesellenabschied. Ich muss dafür sorgen, dass nichts schiefgeht.« Er schaute besorgt zum Bräutigam hinüber, der in ein Gespräch mit einer hübschen Brünetten vertieft war und sich gar nicht von ihrem Dekolleté losreißen konnte. »Die Frau da ist die erste Brautjungfer. Sie ist total scharf auf ihn. Ich muss höllisch aufpassen, dass da nichts läuft, sonst bin ich ein toter Mann, verstehst du?«
»Ach, lass ihm doch den Spaß«, sagte Fiona sorglos. »Er ist alt genug, sich um sich selbst zu kümmern. Soll er doch seine letzte Nacht in Freiheit genießen. Von jetzt an geht es doch sowieso nur noch bergab.«
Liam sah sie von der Seite an. Sie war mittlerweile reichlich benebelt – noch betrunkener als sonst.
»Ach je«, sagte er. »Probleme zu Hause?«
»Mein Mann behauptet, ich hätte ein Problem«, eröffnete sie ihm. »Bloß weil ich eine Beule in mein Auto gefahren habe. Also gut, ich hab’s mir selbst zuzuschreiben, aber irgend so ein Idiot ist plötzlich auf die Straße gelaufen. Was sollte ich machen, ich konnte ihn ja schlecht über den Hau fen fahren, also bin ich gegen einen Laternenpfahl ge rumst.«
Sie war ganz nah an ihn herangerückt. Er sah sie an, dann streichelte er ihr tröstend übers Haar. Sie vermutete, dass er genauso betrunken war wie sie.
»Mach dir nichts draus«, sagte er. Wahrscheinlich hatte er gar nicht richtig zugehört, dachte sie, sondern nahm einfach an, dass sie ein bisschen Aufmunterung gebrauchen konnte.
»Danke«, sagte sie und kuschelte sich an ihn.
Er legte den Arm um sie und drückte sie. Als sie zu ihm aufsah, beugte er sich herunter und küsste sie. Nur ganz kurz, aber auf den Mund.
»Du bist ’ ne ganz Süße«, sagte er, und ihr wurde warm ums Herz. Es war schon lange her, dass ein Mann nett zu ihr gewesen war.
Jemand kam mit einem Tablett flambierter Sambucas vorbei. Er bot Fiona einen an, und sie kippte ihn unter Hochrufen. Dann noch einen. Und noch einen. Sie rutschte von ihrem Barhocker. »Muss aufs Klo«, lallte sie.
Sie schob sich durch die Menge zu den Toiletten und musste sich hier und da an einem Arm festhalten, um nicht umzufallen, aber das schien niemanden zu stören. Auf dem Klo ließ sie sich auf die Brille sinken und lehnte den Kopf gegen die Kabinenwand. Verfluchter Tim! Was bildete der sich eigentlich ein, sich als ihr Richter aufzuspielen?!
Sie brauchte eine ganze Weile, um sich
Weitere Kostenlose Bücher