Für immer - Blue
Jenny Lee wusste nicht‚ dass einige‚ wenn nicht alle Polizisten in Hatboro Creek an der Mordvertuschung beteiligt waren. Und Jenny Lee hatte keine Ahnung‚ dass R. W. Fisher Matt Parker angeblich eine Menge Geld bezahlt hatte‚ damit er behauptete‚ er hätte die beiden Brüder in Gerrys Todesnacht zusammen im Wald gesehen.
Außerdem liebte Jenny Lee ihn nicht.
Lucy schon.
Und irgendwie würde Lucy Gerrys Mörder finden. Sie würde Blues Unschuld irgendwie beweisen. Sie würde es irgendwie schaffen und ihm beweisen‚ dass sie ihn nicht verraten hatte.
Und wenn sie dabei draufging.
„Die Kaution beläuft sich auf … fünfhunderttausend Dollar.
Ein überraschtes Raunen ging durch den Gerichtssaal. Eine halbe Million Dollar. Lucy fühlte sich‚ als hätte ihr plötzlich jemand in den Magen getreten. Wo sollte Blue eine halbe Million Dollar hernehmen?
„Kann der Beschuldigte die Kaution aufbringen?“
Lucy beobachtete‚ wie Blue sich seiner Anwältin zuwandte‚ die sich umdrehte und Jenny Lee ansah. Jenny Lee schüttelte den Kopf. „Zurzeit nicht‚ Euer Ehren“‚ antwortete die Anwältin. Sie stand auf. „Euer Ehren‚ mein Mandant ist Lieutenant bei der Navy. Nächste Woche wird ein Rechtsanwalt der Navy eintreffen. Darf ich vorschlagen‚ dass mein Mandant solange in Hatboro Creek in Gewahrsam bleibt?“
Der Richter schüttelte den Kopf. „Diese Einrichtungen sind ungeeignet“‚ erklärte er. „Der Angeklagte wird umgehend in die Justizvollzugsanstalt in Northgate gebracht.“
Mehrere bewaffnete Gerichtsdiener traten auf Blue zu. Er stand auf und ließ sich von ihnen aus dem Saal führen. Er musste doch wissen‚ dass Lucy hier war‚ hinten im Saal‚ aber er sah nicht auf. Er schaute nicht einmal in ihre Richtung.
Blue hasste das Gefängnis von Northgate. Er hasste das Gefühl‚ eingesperrt zu sein. Er hasste es‚ dass er seine Kleidung hatte abgeben müssen und in schlecht sitzenden Jeans‚ weißem T-Shirt und Turnschuhen herumlief. Besonders hasste er die Turnschuhe.
Er stand allein auf dem Hof und beobachtete aus dem Augenwinkel eine große Gruppe Männer‚ die sich versammelte und dann in seine Richtung bewegte. Es waren offensichtlich die Männer‚ die hier die Fäden zogen – unter den Insassen hatten sie das Sagen. Sie umringten Blue drohend.
Er ignorierte sie. Erst‚ als sich einer der Männer direkt vor ihn stellte‚ sah Blue auf.
„Du bist Popeye‚ der Seemann?“‚ fragte der Häftling und schmunzelte‚ weil er einen so cleveren Scherz gemacht hatte.
„Nein“‚ antwortete Blue. „Ich bin Blue McCoy‚ der Navy SEAL.“
Zumindest ein Mensch in der Menge wusste‚ was das bedeutete. Blue stand da‚ während ein Flüstern von Mann zu Mann weitergetragen wurde. Er verstand die Worte nicht‚ kannte allerdings den Inhalt. Ein Navy SEAL. Ein Schlangenfresser. Einer der härtesten Hurensöhne im Militär.
Wie durch Magie zerstreute sich die Menschenansammlung. Niemand wollte sich mit einem Mann prügeln‚ den er unmöglich schlagen konnte.
Blue war beinah enttäuscht. Er hätte eine saftige Auseinandersetzung gut brauchen können. Er wollte den Schmerz loswerden – den Liebeskummer‚ der sich seiner bemächtigte‚ weil Lucy ihn benutzt und verraten hatte.
Sie war so verflucht gut! Er hatte sie nicht eine Sekunde lang verdächtigt. Ihr Sonnenscheinlächeln hatte so natürlich gewirkt. Ihre Küsse waren so aufrichtig gewesen. Wie hatte sie es angestellt? Wie hatte sie ihn mit den gefühlvollen Blicken ansehen können‚ ohne etwas zu empfinden?
Blue wollte aus diesem Gefängnis heraus. Er wollte weit weg von South Carolina und Lucy Tait sein. Verdammt‚ er wollte sie nie wieder sehen!
Er sehnte sich danach‚ mit einem Segelboot aufs offene Meer zu fahren‚ ohne Land in Sicht‚ und einfach eins mit dem Wasser und dem Himmel zu sein. Er wollte die Erinnerung an Lucys Gesicht aus seinem Gedächtnis löschen.
Doch das würde nicht geschehen.
Er wollte aufhören‚ an sie zu denken‚ aber sie verfolgte ihn überall‚ drängte sich in seine Gedanken und überwältigte ihn mit ihrer Gegenwart.
Warum hatte sie das getan? Wie konnte sie nur? Es ergab keinen Sinn. Glaubte sie wirklich‚ er hätte Gerry ermordet? Oder schlimmer: Gehörte sie womöglich zu einer Verschwörung gegen ihn?
Es ergab keinen Sinn.
Es passte überhaupt nicht zusammen.
Er schloss die Augen‚ und da war sie. Er sah sie im Geiste vor sich‚ die Arme verschränkt‚ die
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