Für immer, Dein Dad
beide wirklich füreinander bestimmt hatte.
Corey öffnete mir die Tür.
«Ich habe versucht, dich anzurufen», sagte er.
«Hier bin ich», sagte ich und stellte mich dicht vor ihn. «Und ich brauche dich.»
Er schloss mich in die Arme, und ich schmiegte mich an seine Brust. Dann begann ich, hemmungslos zu schluchzen. Ich schluchzte, weil die Anspannung der letzten Tage von mir abfiel, und ich schluchzte, weil es mir so vorkam, als habe die letzten fünfundzwanzig Jahre eine Eisenklammer um mein Herz gelegen, die sich nun öffnete.
Epilog
Der Himmel war stahlgrau, vermutlich würde es bald regnen, aber ich fühlte mich, als hätten wir den schönsten Sonnenuntergang vor uns. Ich kehrte vom Fenster zurück an meinen Laptop. In demselben Moment schaltete sich der Bildschirmschoner ein und blendete das kitschige Familienfoto aus, das ich bis Donnerstag überarbeiten sollte. Ich öffnete ein neues Dokument und hielt inne, starrte nur auf den leeren Bildschirm und legte lächelnd die Hand auf meinen Bauch.
Dann piepte mein Handy. Corey hatte mir eine SMS geschrieben. Er würde spät nach Hause kommen und fragte, ob er mir wieder eine Pizza mitbringen sollte, dieses Mal
ohne
den Belag aus Himbeermarmelade, Gorgonzola und grünem Chili? Ich lächelte erneut. So viel hatte sich in den letzten zwölf Monaten verändert. Ich hatte mich ins Leben gestürzt, mit allen Sinnen, jede Sekunde, jede Minute, jeden Tag und jede Stunde. Ich genoss meine Familie: Derek, Mum, Abbi, Calvin, Carla, ihre Mutter und Corey.
Auch wenn wir uns nicht gerade in die Waltons verwandeln würden, freute ich mich schon auf das nächste Sonntagsessen bei Mum und den anschließenden Drink mit den anderen. Ich gab mir Mühe. Mum gab sich Mühe. Alles war so anders geworden. Vor allem mein Leben mit Corey, mitdem ich eine richtige, erwachsene Beziehung führte. Ich genoss die Nähe und Vertrautheit zwischen uns, und ich wollte, dass dieser Zustand für immer anhielt. So viel war klar.
Ich tippte das erste Wort.
Hallo
Ich fügte eine Leerzeile ein.
Dann holte ich den
Leitfaden
aus der Wohnzimmerkommode, wo er neben dem Kodak-Tele-Ekta-Fotoapparat lag. Ich versteckte diese Dinge nicht mehr vor anderen. Mit dem Saum meiner Bluse wischte ich den Staub ab, der sich auf dem grünen Buch gesammelt hatte. Obwohl ich kaum noch darin las, blieb der
Leitfaden
ein wichtiger Teil meiner Geschichte, und ich glaubte, dass jedes Kind sich darüber freuen würde, solch einen Ratgeber von seinen Eltern zu bekommen. Ich schlug die erste Seite auf, und die Worte sprangen mir entgegen.
Dann ging ich wieder an mein Laptop.
Vielleicht hast Du die Augen Deines Vaters oder die Fröhlichkeit Deines Großvaters oder die Wangen Deiner Tante Abbi, wer weiß? Obwohl Du noch nicht mal geboren bist, kann ich mir schon vorstellen, wie Du aussiehst. Doch, wirklich. Und ich kann es kaum erwarten, Deine Stimme zu hören, Deine kleinen Eigenheiten zu entdecken oder Deine Lieblingsfarbe zu erfahren – meine ist übrigens Gelb. Gut, wo war ich nochmal? Genau. Beim Anfang.
Ich finde, dass jeder kleine Junge und jedes kleine Mädchen ein Buch wie dieses haben sollte. Etwas für die Zukunft. Eine Art Ratgeber, in dem sie lesen können, wenn sie traurig oder glücklich sind und den sie später IHREN Kindern zeigenkönnen. Dies ist also mein (Lois Bates’)
Leitfaden
für meinen Sohn Kevin jr. Der größten Liebe meines Lebens (zusammen mit Deinem Dad). Ich hoffe, ich kann Dir ein paar Dinge erklären. Vielleicht klappt es auch nicht. Womöglich schreibe ich Dir nur, weil ich gerade ein bisschen zu viel freie Zeit habe.
Trotzdem, fangen wir an. Zunächst wären da die Regeln dieses
Leitfadens
…
Informationen zum Buch
Lois war erst sechs, als ihr Vater an Krebs starb. In ihrem Herzen hinterließ sein Tod ein riesiges Loch. Inzwischen ist sie schon dreizehn, und ihre Mutter möchte wieder heiraten – ausgerechnet den Blödmann, den sie beim Bingo kennengelernt hat.
Doch dann erfährt Lois auf der Hochzeit von ihrer Tante, dass ihr Dad ihr etwas hinterlassen hat: ein kleines, geheimnisvolles Paket. Gespannt und aufgeregt öffnet sie es und findet ein grünes Notizbuch, ein Handbuch für das Leben, geschrieben von ihrem Vater kurz vor seinem Tod. Bis zu ihrem 30. Lebensjahr darf Lois jeweils zu ihrem Geburtstag ein Kapitel lesen. Ihr Dad erklärt darin seiner über alles geliebten Tochter das Erwachsenwerden: die Ängste, Nöte, aber auch die Freuden und
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