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Für immer, Dein Dad

Für immer, Dein Dad

Titel: Für immer, Dein Dad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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Road und Deptford kam, stellte ich mir vor, Dad säße grinsend neben mir. Er würde meinen Fahrstil kritisieren und den Platz mit mir tauschen wollen, angeblich nur, um mir zu zeigen, wie man mit diesem «Gerät» richtig umging.
    Ich wollte mein neues Auto unbedingt jemandem zeigen, und weil Carla mit ihrem Banker unterwegs war, fuhr ich zu Mum.
    «Was für ein schickes kleines Auto!», rief Bingo-Mann begeistert.
    Mum kam mit Abbi an der Hand vor die Tür. Die Kleine versuchte erfolglos, sich aus Mums Griff zu befreien.
    «Ich hoffe, du fährst nicht zu schnell», stöhnte Mum mit sorgenvollem Blick.
    «Je schneller, desto besser!», sagte Bingo-Mann, während ich Abbis weiches Haar zerzauste. Wie immer klammerte sie sich an ihren mittlerweile in Auflösung begriffenen Strickesel.
    «Bestimmt nicht, Mum», sagte ich fest entschlossen, mir die Freude nicht nehmen zu lassen.
    Abbi riss sich los, und ich nahm sie an die Hand.
    «Darf ich mal mitfahren?», fragte sie mit ihrer süßesten Stimme, die sie normalerweise für das Betteln um Bonbons reservierte.
    «Nein!», sagte Mum.
    «Aber warum nicht?», fragte Abbi.
    «Ich habe nein gesagt.»
    Doch wie ein Hund, der einen besonders saftigen Knochen nicht mehr loslassen will, beharrte Abbi auf ihrem Wunsch. «Bitte, Mummy! Bittebittebitte!»
    «Mach dir keine Sorgen, Mum. Wir fahren nur zur Tankstelle und schauen kurz bei Mr.   Tally rein. In zwanzig Minuten hast du sie wieder. Oder in höchstens einer halben Stunde.» Ich musste ihr meine Pläne mit Abbi in allen Einzelheiten aufzählen. Seit die Kleine verschwunden gewesen war, hatte Mum eine richtige Paranoia entwickelt.
    «Also   … Na gut, dann fahrt los!»
    «Ich passe gut auf sie auf, Mum. Versprochen.»
    «Das weiß ich.»
    Meine kleine Schwester machte vor Freude einen Sprung und begann dann, Kreise zu laufen wie ein Hund, der seinem Schwanz nachjagt.
    «Sie freut sich immer unheimlich, wenn du da bist», sagte Mum.
    Ich überprüfte Abbis Hände auf irgendwelche klebrigen Substanzen und versuchte, ihr den Esel abzunehmen.
    «Neiiiiin, Lois!», protestierte sie. Also schnallte sie sich zusammen mit ihrem stinkenden Esel an.
    «Du trägst keine Windeln mehr, oder?»
    «Lois, ich bin vier!»
    «Ich wollte es ja nur wissen.»
    Nachdem ich halb Charlton mit meiner schleichenden Fahrweise zur Verzweiflung gebracht hatte, bogen wir in die Tankstelle ein.
    «Raus!», befahl ich scherzhaft.
    «Ich und das Eselchen warten auf dich.»
    Sofort kam mir der Tag vor zwei Jahren in den Sinn. Abbi verschwunden. Die Angst. Die Tränen.
    «Nein, wir gehen lieber alle zusammen bezahlen. Drinnen bekommst du auch was zum Spielen.»
    «Den rosa Dinosaurier aus dem Fernsehen?»
    «Mal sehen.»
    «Und Schokolade?»
    «Na gut.»
    Ich nahm Abbi an die Hand, und wir gingen zur Kasse. Dann sagte eine Stimme hinter mir:
    «Lois?»
    Ich drehte mich um und hatte eine Frau mit Zwillingskinderwagen vor mir. Vom Griff baumelten Einkaufstüten herunter. Ihr kurzes Haar war ungekämmt, eine enorme Goldkette hing über ihrer Brust, und sie hatte einen schmuddeligen Jogginganzug an.
    «Du bist es wirklich! Ich bin’s   … erinnerst du dich nicht? Wir waren zusammen in der Schule.»
    Auf mich wirkte die Frau ein paar Jahre älter als ich, und mit den Mädchen aus den oberen Klassen hatten wir in der Schule kaum etwas zu tun.
    «Du bist Lois, oder? Lois Bates?»
    «Ja.»
    «Ich bin’s doch!» Sie lächelte und entblößte dabei gelbe Raucherzähne. Ich konnte sie immer noch nicht einordnen. Abbi zappelte an meiner Hand.
    «Tut mir leid   …»
    «Sharlene Rockingham!»
    Ich bekam fast einen Schock. «Sharlene?»
    «Ja genau!» Sie beugte sich zu einem der Kinder hinunter, das angefangen hatte, jämmerlich zu heulen. «Jetzt erkennst du mich also   … JETZT HALT ENDLICH DIE KLAPPE, DU KLEINER SCHEISSER!», brüllte sie das Kind an. Abbi fand das zum Lachen, aber mich erinnerte es an ziemlich ungemütliche Szenen aus meiner Schulzeit. Diese Erinnerungen hatte ich lange hinter mir gelassen und wollte sie ganz bestimmt nicht aufwärmen.
    «Das hier sind meine beiden, Robbie und Raven. Sagt Tante Lois guten Tag!», dröhnte sie.
    «Hallo!», sagte ich zu den Kindern. Sie starrten mich ausdruckslos an.
    «Ich habe noch zwei in der Schule, Richard und Reeka. Wie alt ist deine?»
    «Das ist meine kleine Schwester.»
    «Also hast du keine Kinder?»
    «Sag hallo, Abbi», umging ich die Antwort auf ihre Frage.
    Natürlich schwieg Abbi wie ein Grab.

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