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Für immer, Dein Dad

Für immer, Dein Dad

Titel: Für immer, Dein Dad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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Mutter und Calvin vorbeizuschauen, aber es war niemand da.»
    «Sie sind bei irgendeiner komischen Fetisch-Ausstellung – frag lieber nicht – und kommen erst in ein paar Stunden wieder.»
    «Und? Wie lange bist du in der Stadt?», fragte ich. Wie klang das denn?
    «Warum fragst du das? Ich wohne doch jetzt hier. Ich dachte, Mum hätte dir das alles erzählt.»
    Mein Magen verkrampfte sich. «Ja, sie hat gesagt, dass du mit deiner Verlobten herziehst.» Auch das Wort «Verlobte» klang irgendwie falsch.
    «Da kommt dein Bus.»
    Der Bus! Entschlossen schüttelte ich den Kopf. «Ich nehme den nächsten.»
    «Bist du sicher?», fragte er. Ich nickte und zog ihn auf die mit Graffiti übersäte Bank. Auf der Armlehne stand «Carla, Lois und Corey waren hier ’91». Die Schrift war kaum noch lesbar. Mit einem Mal entspannte ich mich wieder.
    «Du siehst umwerfend aus», sagte Corey.
    «Ich sehe genauso aus wie immer!»
    «Von wegen. Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, warst du ganz die Geschäftsfrau.»
    Zögernd wandte ich ihm den Blick zu. «Und jetzt?»
    «Jetzt bist du einfach wunderschön.»
    Wunderschön. Das hatte auch Dad über mich geschrieben. «Da hättest du mich mal vor ein paar Wochen sehen sollen, Corey.»
    «Also jetzt siehst du jedenfalls toll aus. Viel entspannter als früher. Carla hat mir erzählt, dass du zur begeisterten Fotografin geworden bist und einen Kurs machst.»
    «Carla kann wirklich nichts für sich behalten.»
    «Dieses Mal ist sie ausnahmsweise unschuldig. Ich frage sie immer nach dir aus. Wenn ich aus Frankreich zu Hause anrief, wollte ich immer wissen, wie es meiner Lolli geht.» Diese Bemerkung versetzte mir einen kleinen Schock. «Besonders, nachdem du auf meine Postkarten nicht reagiert hattest   …»
    «Das waren nur Postkarten, Corey. Auf Postkarten muss man nicht antworten.» Schon während ich das sagte, war mir klar, wie dumm ich mich anhörte.
    «Carla hat mir außerdem gesagt, dass du vorhast, ein Fotostudio zu eröffnen.»
    «Stimmt.» Ich wartete auf die Kritik.
    «Das ist eine sehr gute Idee. Nach deinen Jahren im Büro war es vermutlich nicht gerade einfach, wieder die Schulbank zu drücken, was?»
    «Zuerst fand ich es wirklich grässlich. Aber dann ging es, und inzwischen glaube ich, dass ich es schaffe.»
    «Klar schaffst du es, Lolli. Du warst schon immer eine Kämpferin. Ich bin sicher, dass dein Laden ein Erfolg wird.»
    Offenbar glaubte er wirklich an mich, mehr als ich es inletzter Zeit getan hatte. Doch gerade, als ich mich dafür bei ihm bedanken wollte, rief jemand seinen Namen. «Corey!», und kurz darauf noch einmal: «Corey!» Er stand auf, und die nächste Szene, die sich vor mir abspielte, ging mir ein bisschen auf die Nerven. Sogar total auf die Nerven, wenn ich ehrlich sein soll.
    «Ich habe überall nach dir gesucht, Schatz! Ich habe dich schon so vermisst!» Die blonde Sexbombe trug einen Zigeunerrock samt Quasten und Perlen am Gürtel. Das war gerade die neueste Mode, aber sie sah darin aus wie eine Irre, die aus der Hippiezeit übrig geblieben war. Sie warf sich Corey an den Hals und küsste ihn heftig. Als er zwischendurch nach Luft schnappte, warf er mir einen Seitenblick zu.
    «Ich rede gerade mit einer meiner ältesten Freundinnen. Du erinnerst dich doch noch an Lois, oder? Sie hat früher nebenan gewohnt.»
    «Von der Hochzeit? Die mit der süßen kleinen Schwester? Natürlich erinnere ich mich. Wie geht’s, Lois?»
    «Gut, danke.»
    «Komm doch mit ins Haus, dann könnt ihr euch in aller Ruhe unterhalten.»
    Glücklicherweise kam in diesem Augenblick der Bus. «Tut mir leid, aber ich muss los!», sagte ich und winkte den beiden zum Abschied zu. Der Bus fuhr an, und ich drehte mich um, weil ich noch einen letzten Blick auf Corey erhaschen wollte, bevor er mit seiner Zukünftigen verschwand.
     
    Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und musste meine eigene Arbeit bewundern. Abbi strahlte mich vom Bildschirm meines Laptops aus an. Sie saß auf dem rosa Fahrrad, und ihrem kindlich-unschuldigen Lächeln konnte man sich unmöglich entziehen. Auch ich hatte Grund zulächeln. Zum ersten Mal seit Monaten konnte ich mit mir zufrieden sein. Es machte mich richtig glücklich, kreativ zu sein, Fotos aufzunehmen und sie auf dem Bildschirm nachzubearbeiten, bis sie perfekt waren. Es machte mir Spaß, zum Beispiel einen Bauch flacher zu machen (Carlas Mutter) oder eine Oberweite zu vergrößern (Carla). Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass

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