Für immer, Dein Dad
Boden wie Müll. Das Einzige, was mir wirklich etwas bedeutete, war der
Leitfaden
. Als ich ihn an seinem üblichen Platz auf dem obersten Regalbrett im Schrank fand, drückte ihn an mich und seufzte erleichtert.
Der
Leitfaden
war in Sicherheit.
Mein Dad war in Sicherheit.
Während die Wohnung renoviert wurde, wohnte ich bei Mum.
«Im Korb sind frische Handtücher … aber das weißt du ja», sagte Mum, während Abbi uns neugierig beäugte. Ich räumte meine hastig gepackte Reisetasche aus. Das Wasser aufzuwischen, die Wohnung aufzuräumen, mit der Versicherung und den Handwerkern zu verhandeln war anstrengend gewesen, doch Mum wirkte noch erschöpfter als ich. Nie zuvor hatte ich sie so gesehen. Sie hatte immer Wert darauf gelegt, «ordentlich zurechtgemacht» zu sein, wie sie es ausdrückte. Jetzt aber schien sie sich nicht einmal gekämmt zu haben, und ihre Bluse war nicht gebügelt. Bingo-Mann hatte bei meiner Ankunft eine Begrüßung gemurmelt und war schon um halb acht ins Schlafzimmer verschwunden.
Ich richtete mich in meinem alten Zimmer ein, das nun als Gästezimmer diente, und gähnte übertrieben. «Danke, Mum.»
«Wofür?»
«Dass ich hier wohnen kann.»
Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. «Du musst dich nicht bedanken, Lois. Du bist meine Tochter.»
«Ist alles in Ordnung? Ich meine, du siehst sehr müde aus.»
Sie setzte sich auf die Bettkante und wirkte mit einem Mal zehn Jahre älter. «Mir fehlt nur ein bisschen Schlaf. Du musst dir keine Sorgen machen.»
«Und warum schläfst du nicht?»
«Mach kein Drama daraus, Lois. Es wird schon wieder werden.»
Abbi kletterte zu Mum aufs Bett und fand, dass wir jetzt das Papageienbild bewundern mussten, das sie gemalt hatte.Ich beschloss, Mum in Frieden zu lassen. Aber Sorgen machte ich mir trotzdem.
Ich überschlug, wie viel mich die Überschwemmung kosten würde, falls die Versicherung nicht zahlen wollte. Ein paar Dinge waren nicht mehr zu gebrauchen – Luxusgegenstände, die ich mir über die Jahre geleistet hatte, wie mein DV D-Spieler . Ich erinnerte mich, wie großartig ich mich bei diesem Kauf gefühlt hatte, weil ich vermutlich eine der Ersten gewesen war, die so ein Gerät besaß – der Preis von 500 Pfund hatte bei meinem Mammuteinkommen keine Rolle gespielt. Die Stereoanlage von Bang & Olufsen hatte überlebt, doch das berührte mich kaum, denn ich hatte seit Wochen keine Musik mehr gehört.
«Warum bist du so traurig?», fragte Abbi.
«Bin ich doch gar nicht», sagte ich achselzuckend und beugte mich zu der Reisetasche hinunter, um meinen Waschbeutel herauszuholen. Plötzlich wollte ich allein sein.
«Ist es wegen dem Wasser?», beharrte Abbi. Ich wollte sie aus dem Zimmer haben. Ich wollte allein sein, um in Ruhe über das nachzudenken, was passiert war – über alles, was mir passiert war, seit ich entlassen worden war. Darüber, dass alles nur noch schiefging, und darüber, dass mich kein Mensch verstand. Ich hatte es satt. Ich war fertig. Ich wollte niemanden mehr sehen.
«Abbi! Zeit fürs Bett!», rief Mum vom Flur aus.
Abbi folgte ihr gehorsam, und ich schlug den
Leitfaden
auf. Er sollte mir mit irgendeinem Rat weiterhelfen.
Doch das tat er nicht.
Jeder darf Fehler machen
Kevin Bates’ Schatztruhe: An einem Samstagnachmittag, meine Tochter schlief auf meinem Schoß, fand ich endlich die Lösung für den Rubik’s Cube.
Nach allem, was ich in der letzten Zeit an Rückschlägen eingesteckt hatte, erstaunte es mich, dass der Scheck von der Versicherung tatsächlich bei mir eintraf. War das ein erstes Zeichen dafür, dass sich die dunklen Wolken verzogen, die über meinem Leben gehangen hatten? Bei Mum zu wohnen erwies sich ebenfalls als erstaunlich problemlos. Es machte mir Spaß, Abbi zur Schule zu bringen, wo mich ihre kleinen Freunde, die «Abbis große Schwester» noch nie gesehen hatten, neugierig unter die Lupe nahmen. Anders als ich in meiner Schulzeit, war Abbi sowohl bei den Mädchen als auch bei den Jungs beliebt, und das war auch kein Wunder, denn sie wurde mit jedem Tag hübscher. Danach setzte ich mich mit meinem Laptop, dem Fotoapparat, einem Notizbuch und dem
Leitfaden
in ein überteuertes Café und versuchte, einen Plan für meine Zukunft auszuarbeiten.
Verschiedenes:
Fehler
Ja, Du wirst bestimmt ein paar machen. Du bist eben kein vollkommener Mensch, niemand ist das, und deshalb steht es von Geburt an fest, dass wir im Leben Fehler machen. Bei mir war es natürlich auch
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