Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
und die vielen Jahre einer anderen Einsamkeit, die gefolgt waren, bis Alexej in ihr Leben getreten war. »Oh, Frederick«, murmelte sie traurig. »Das hättest du mir längst sagen müssen. Warum hast du es nicht getan? Ich hätte es verstanden.«
Er murmelte Unverständliches.
»Wie bitte?«
»Es kommt noch schlimmer.«
Schlimmer als die Szene, die er gerade beschrieben hatte? Das Entsetzen, das sich im Raum ausbreitete, war beinahe körperlich zu spüren. In ihrem Zustand glaubte sie zu erkennen, wie es Frederick immer mehr bedrängte und ihn zwang, den dunklen Schleier zu lüften und der schrecklichen Wahrheit ins Auge zu sehen.
»Großer Gott!«, stöhnte er verzweifelt. »Wo soll ich nur anfangen?«
Sie wartete. Dann schlug die Standuhr in der Diele erneut. Und die Welt hat nicht aufgehört, sich zu drehen , dachte Celia beinahe ungläubig. Das normale Leben um uns herum geht einfach weiter.
» Solange ich denken kann«, sagte Frederick in Celias Richtung, »wollte ich Soldat werden.«
Ja, und du hattest den Intellekt und den Mut und die natürliche Autorität, ganz weit nach oben zu kommen , dachte Celia.
»Hätte man mich wegen Trunkenheit am Steuer und fahrlässiger Tötung für schuldig befunden, wäre meine Karriere zu Ende gewesen. In solchen Fällen gelten in der Armee strenge Vorschriften.« Er hielt inne. »Und das zu Recht.«
Ein heftiger Windstoß hob die Vorhänge, riss sie geradezu in die Höhe, als zerre eine wütende Macht an ihnen. Celia machte Anstalten, die Flügeltür zu schließen, doch Frederick hielt sie mit einer Handbewegung zurück, als habe er frische Luft nötiger denn je.
»Ich habe noch die leblose Katharine in meinen Armen gehalten, da war mir schon klar, dass es mit mir aus war …« Er verstummte grimmig und versuchte, weitere Gefühlsaufwallungen zu unterdrücken. Als er fortfuhr, klang er beinahe schroff: »Unter anderen Umständen hätte man mich natürlich sofort verhaftet und angeklagt. Aber es war eine kleine Welt, in der wir in Indien gelebt haben, und der Polizeichef war fast ein Freund geworden. Ein sehr kultivierter Mann, wie Katharine zu sagen pflegte. Sie hatte sich gern mit ihm unterhalten. Er war sogar einmal zum Dinner bei uns zu Gast gewesen …« Frederick warf Celia einen unsicheren Blick zu, als prüfe er, ob sie verstanden hatte, wohin die Reise ging.
Celia hatte verstanden. Der Polizeichef – »ein sehr kultivierter Mann« – war ein Inder gewesen. »Fast ein Freund«, hatte Frederick behauptet. Hatte er die prekäre, ungleiche Freundschaft ausgenutzt und den Mann gebeten, ihm aus der Patsche zu helfen? Oder hatte der Polizeichef aus eigenem Antrieb angeboten, die Sache zu vertuschen? Aber vielleicht hatte keiner von beiden sich offen erklärt. Vielleicht hatten sie sich wortlos verständigt. Wie sich herausstellte, hatte niemand Fredericks alkoholisierten Zustand im Bericht erwähnt, was rein rechtlich eine strafbare Unterlassung gewesen war. Katharines Tod wurde als Unfall dargestellt. Damit konnte Frederick seine vielversprechende Karriere fortsetzen.
»Allen Regeln zum Trotz bin ich ungeschoren davongekommen.« Dann murmelte er unterdrückt: »Es hätte nicht sein dürfen.«
Und wieder glaubte Celia zu verstehen. Was er wohl damals nicht absehen konnte, war, dass trotz aller Auszeichnungen und dem Lob, das er in den Jahren erntete, er über den Augenblick der Schande, über sein strafbares, egoistisches Verhalten nie hinwegkommen würde. Als dann seine Karriere aus einem völlig anderen Grund erneut auf dem Spiel stand, hatte er es unterlassen, sich trotz seiner Unschuld zu verteidigen. Er glaubte, darin eine längst überfällige Strafe zu sehen. Und das war Beweis für seinen im Grunde guten Charakter, überlegte Celia. Sie wusste dennoch, dass er das nie so würde sehen können.
»Ich war entschlossen, nie wieder zu heiraten«, erklärte er. »Ich dachte, zumindest das sei ich Katharine schuldig. Aber als ich dich dort am Strand sah, war es wie ein Wunder. Zum ersten Mal seit Jahren war ich wieder glücklich.«
»Oh, Frederick«, murmelte sie.
»Natürlich konnte ich dir das alles nicht erzählen!«, beharrte er. »Hättest du mich dann noch geliebt? Es schien mir besser zu sein, so zu tun, als wäre es nie geschehen. Zumindest hatten wir damals eine Chance.«
Sie sah ihn traurig an und schüttelte den Kopf. Nein.
»Willst du damit sagen, dass du mich auch geliebt hättest, wenn ich es dir gesagt hätte?«
»Mein Gott, Frederick.«
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