Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
den Seufzer ihrer Mutter – sie, die den Luxus genoss, den einzigen Mann geheiratet zu haben, den sie je geliebt hatte. Es war, als bedaure sie im Voraus, was sie nicht verschweigen konnte. Sie legte die Hand auf die Schulter ihres Mannes, als wolle sie sich an all das Glück erinnern, das er ihr beschert hatte. »Großzügigkeit und ein liebevoller Charakter sind etwas Wunderbares, aber das allein genügt nicht. Ich glaube nicht an die Ehe – es sei denn, sie wird aus Liebe geschlossen.«
»Alles schön und gut …«, begann Margaret gereizt.
»Natürlich wünschst du dir eine Familie«, fuhr die Mutter fort, obwohl sie das mit keinem Wort erwähnt hatte. Sie streichelte weiter die Schulter ihres Mannes und schloss für einen Moment die Augen, als stelle sie sich die öde Leere eines Lebens ohne Mann und Kinder und Enkel vor. »Ich verstehe das sehr gut, Liebes, glaub mir … Aber eine Ehe ohne Liebe, das ist hart.«
Margaret traten die Tränen in die Augen. Das war gemein und unfair, aber ihre Mutter war noch nicht fertig.
»Die Liebe kann jedem und jederzeit passieren. Wahrhaftig. Und wenn es geschieht, weiß man es. Ich bitte dich, lass dich auf nichts Geringeres ein.« Ihr Ton wurde beinahe träumerisch, so als habe sie begonnen, eine romantische Geschichte zu entwerfen. »Die dunkelsten, schwärzesten Zeiten können die schönsten werden, und du genießt diesen goldenen Moment noch mehr, weil du alles andere durchgestanden hast.« Ihre Augen glänzten. »Das sollte man nie vergessen. Nie, nie, niemals!«
Plötzlich entrang sich der Kehle von Margarets Vater ein verzweifeltes Stöhnen, er krallte die Fingernägel in die gepolsterten Armstützen seines Rollstuhls, machte Anstalten, aufzustehen, und versuchte sogar, die Klingel zu drücken, als wolle er die Unterhaltung auf der Stelle beenden. Sie glaubte, zu verstehen. Es war ein seltener Kampf des Willens. Ihr Vater wollte, dass sie ihre Chance ergriff, fürchtete jedoch, die Mutter könne das gefährden. Das Leben ist kein romantisches Märchen!, pflegte er zu spotten – auch wenn er sich einstmals selbst wie ein romantischer Held gebärdet hatte.
Damit war die Sache entschieden. Sie würde sich nicht wie eine der Romanheldinnen ihrer Mutter benehmen. Sie wollte ein Kind, bevor es zu spät war. Sie würde den Rat des Vaters annehmen (der kein Wort gesprochen hatte), und ihr Leben einem Mann opfern, dessen physische Nähe sie kaum ertragen konnte.
Jetzt allerdings hatte es den Anschein, als habe ihre Mutter Charles trotz allem der Liebe für wert gehalten.
Und es sollten noch mehr Nackenschläge kommen. Margaret las den Roman immer schneller, wobei ihr alles Subtile entging. Sie glaubte, trotz geänderter Details und anderer Beschreibungen immer mehr Figuren zu erkennen. Da war ein Sohn, der beruflich in die Fußspuren des charismatischen und erfolgreichen Vaters trat und lähmende Selbstbewusstseinskrisen erlitt, und eine liebeskranke Ehefrau, die die verletzenden Possen ihres Mannes mit Lachen verdrängte.
Und ihre Mutter hatte es in der Absicht geschrieben, dass es gelesen wurde … Margaret dachte voller Entsetzen an die Unmengen von Notizen, Tagebücher und Briefe, die sich im Haus stapelten. Welche entlarvenden Überraschungen schlummerten dort noch? Warteten darauf, entdeckt zu werden?
Damit war klar, dass eine Biografie nicht zustande kommen durfte. Selbst wenn sie die ganze Familie gegen sich aufbrachte. Auf die Unterstützung ihres Mannes konnte sie zählen. So viel war klar. Aber das war kein Trost. Er war, immerhin, wie er war: eben Charles.
Etwas Seltsames geschah mit ihr. Sie begann, an der Fassade des harmonischen Tableaus ihrer Kindheit zu zweifeln: Die einander in Liebe zugetanen Eltern, die aufregenden, glamourösen, exotischen Ferien. In Wahrheit hatte sie ihren Vater während ihrer Kindheit und Jugend kaum zu Gesicht bekommen – und man hatte sie im zarten Alter von fünf Jahren in ein Internat verfrachtet. Kein Wunder, überlegte sie bitter, dass sie den falschen Mann geheiratet hatte.
12
Meine liebe Celia, Du hast das Begräbnis sehr tapfer
durchgestanden. Gott sei Dank hast Du Deine Familie.
Deine Mutter ist so stolz auf dich gewesen. Ich möchte,
dass Du weißt, wie sehr ich sie geschätzt habe.
Die Einsamkeit in Far Point ist deprimierend – besonders,
da auch Peters von uns gegangen ist. Ich bin die Einzige,
die von unserem glücklichen, kleinen Haushalt
übrig geblieben ist. Bitte vergiss nie, dass Du
und Frederick
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