Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
forschen Erzählungen über Rennwochenenden, Jagden oder Partys in großen Häusern Unsicherheit heraus. Dann erinnerte sie sich, wie verändert Priscilla beim Wiedersehens-Lunch gewirkt hatte. »Tatsächlich hat er abgehoben«, berichtete sie. »Wir haben uns kurz unterhalten.«
Bet sah Celia erwartungsvoll an, denn keine von beiden hatte Priscillas Ehemann, Rupert, je kennengelernt. Wie vorherzusehen, waren beide zur Hochzeit nicht eingeladen worden. »Und?«
»Eigentlich so, wie wir’s erwartet haben«, erwiderte Celia und zog eine Grimasse. Trotz tadelloser Manieren hatte Rupert reichlich ignorant geklungen.
»Zumindest der Erbe ist da«, bemerkte Bet und sprach das Wort sehr affektiert aus. Priscilla war über ihre Mutterfreuden noch ganz aus dem Häuschen, obwohl sie ihren Elogen kryptisch hinzugefügt hatte: »Wenn man vorher nur die andere Sache nicht über sich ergehen lassen müsste!«
Beide schwiegen und hörten den Ringeltauben zu, die in den Bäumen gurrten. Robert schmatzte vor sich hin, plapperte Unverständliches, und Celia dachte: Das alles ist so kostbar. Es sollte mir genügen. Doch ihre Gedanken kreisten immer wieder um ihr Buch.
»Wenn es etwas gab, das dir nicht gefallen hat … Du kannst es sagen. Ehrlich!«
Bet kitzelte Robert mit einem Grashalm. Ohne den Blick von ihm abzuwenden, antwortete sie: »Das Einzige ist … Also ich habe mich gefragt, ob Alice Cyril geheiratet hätte, hätte sie von seiner Exfrau gewusst? Ich glaube, es hätte Cyril mehr entsprochen, ihr nichts von Nina zu erzählen. Dann wäre es ein echter Schock gewesen, als sie aus heiterem Himmel mit ihrem Koffer vor der Tür stand.«
Celia hielt den Atem an. Doch Bet fuhr fort:
»Dieses freche Stück! Was bildet sie sich ein? Sie ist eine Spielverderberin. Als sie ihn hatte, wollte sie ihn nicht mehr, stimmt’s? Sie war wie Rebecca? Gott, habe ich dieses Buch geliebt! Aber Mitleid mit ihm hatte ich nicht. Er ist eine Null. Klar, kommt sie ihm mit so einer Tränendrüsengeschichte und bittet, bleiben zu dürfen, aber warum lässt er sich breitschlagen? Arme Alice. Sie will das Richtige tun, weil sie eine gute Frau sein möchte, und die ganze Zeit intrigiert Nina, nur um sie loszuwerden. Großartige Passage, als du sie rausgeworfen hast, Celia! Gratulation!«
»Also, das war eigentlich Alice.« Celia biss sich verlegen auf die Lippe, denn es klang etwas dümmlich (vor allem, weil Bet natürlich recht hatte – Alice war sie selbst). Sie konnte ihrer Freundin nicht erklären, wie seltsam der Prozess war, ein Buch zu schreiben. Hatte man den Figuren einmal Leben eingehaucht, entwickelten diese eine Art Eigenleben. Sie glaubte, ihre Stimmen zu hören; am Ende hatte sie das Gefühl, als müsse sie nur protokollieren, was sie sagten. »Kam sie dir wie eine Frau aus dem richtigen Leben vor? Ich meine Nina?«
»Ich hätte ihr am liebsten eine Ohrfeige verpasst«, gestand Bet in ihrer handfesten Art.
Celia dachte an das Monster, das sie geschaffen hatte: ein häufig den Partner wechselndes, intrigantes Mädchen, das nicht einmal sonderlich hübsch war. Gelegentlich verspürte sie einen Stich in der Herzgegend, wenn sie an eine unglückliche Braut dachte, die weit weg in Indien begraben lag. Aber damals – in jenen einsamen, verwirrenden Monaten nach der Rückkehr zu ihrem Mann – war die einzige Möglichkeit, mit Katharines Schatten zu leben, sie als Romanfigur neu zu erschaffen. Nina vereinigte in sich all die Boshaftigkeiten, zu denen die Figuren ihrer Lieblingsbücher fähig gewesen waren. Dennoch war sie auch ein Teil von ihr selbst und lebte so, wie sie, Celia, sich nie verhalten hätte.
Doch auch dieses Mal hinderte sie ihre große Scheu – oder die Loyalität gegenüber ihrem Ehemann – daran, die Wahrheit einzugestehen. Ein Teil von ihr fragte sich, ob das überhaupt nötig war, denn Bet hatte eine schnelle Auffassungsgabe und war sehr wohl in der Lage, verborgene Botschaften zu entziffern, wie ihre Fragen bereits vermuten ließen. Eines Tages sage ich es ihr , dachte Celia.
»Priscilla hält dich für eine Träumerin. Aber ich habe immer gesagt, dass du klug bist.« Das war typisch Bet – direkt, aber herzlich. »Was sagt Frederick dazu?«
»Er war wunderbar.«
»Wetten, er ist stolz wie Oskar?« Am Satzende stand unzweifelhaft ein vorsichtiges Fragezeichen. Sie wollte hören, dass Frederick das Buch liebte.
Aber Celia war nicht bereit, zuzugeben, dass er es nicht gelesen hatte, denn das wäre ihr erneut
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