Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)
Tag, als ich die Stufen zum Schafott hinaufstieg. Mein Ankh.
23
Als ich am nächsten Morgen nach Hause gehe, will ich nur noch eins: die Vorhänge zuziehen, unter die Decke kriechen und all diesen Wahnsinn vergessen. Ich wünsche mir mein altes Leben zurück. Das Leben, in dem es keine Akhet gab oder Erinnerungen an frühere Jahrhunderte. In dem ich noch wusste, wem ich vertrauen kann. Das Leben, das ich hatte, bevor Griffon aufgetaucht ist.
Als ich ihn neben dem Blumenkübel vor unserem Haus hocken sehe, ist es zu spät, noch kehrtzumachen.
»Cole!« Er springt auf, kommt aber nicht näher.
Mein Herz rast. Ich weiß, ich sollte hier abhauen, so schnell ich kann, aber meine Füße gehorchen mir nicht und ich bleibe wie angewurzelt auf dem Gehweg stehen.
Er sieht mich flehend an. »Bitte, gib mir zwei Minuten. Nur zwei Minuten, dann verschwinde ich wieder.«
»Okay, zwei Minuten.« Während ich langsam auf ihn zugehe, betrachte ich sein Gesicht, und irgendwie tut es mir gut festzustellen, dass er übermüdet und ziemlich mitgenommen aussieht. Etwa zwei Meter von ihm entfernt bleibe ich stehen und verschränke die Arme vor der Brust. Er sieht noch attraktiver aus als sonst. Das unrasierte Kinn und die Ringe unter den Augen verleihen ihm etwas Wildes, Verwegenes. Das Motorrad kann ich nirgends entdecken, aber seine Locken sehen zerdrückt aus, so als hätte er einen Helm aufgehabt, und ich überlege, ob er in der Zwischenzeit wohl überhaupt zu Hause gewesen ist. Ich zwinge mich, ihn direkt anzuschauen, sage aber kein Wort.
Griffon sieht mich an, lächelt ein bisschen unsicher und fragt: »Zwei Wahrheiten und eine Lüge?«
Ich verziehe keine Miene. »Ich spiele keine Spielchen mehr. Also, was willst du?«
»Ich habe dich überall gesucht«, sagt er und kommt einen Schritt auf mich zu.
Während er spricht, sehe ich auf seine Lippen und muss daran denken, wie schön es war, sie zu berühren. Ich zwinge mich, einen Schritt zurückzugehen, und gebe mir alle Mühe, ruhig zu atmen. »Ich war unterwegs.« Ich bin stolz darauf, wie gut es mir gelingt, gleichgültig zu klingen, unnahbar. Ich lasse ein paar Sekunden verstreichen, schaue dann demonstrativ zum Haus hinüber und frage: »Bist du deswegen hergekommen? Um herauszufinden, wo ich war?«
Er schließt kurz die Augen und beißt sich auf die Unterlippe. Anscheinend sucht er nach den richtigen Worten. »Nein. Du warst so schnell weg gestern Abend. Und dann bist du nicht zu Hause aufgetaucht. Ich hab mir Sorgen gemacht.«
Ich straffe meine Schultern und werfe den Kopf in den Nacken. »Nicht nötig. Wie du siehst, komme ich klar.«
»Hast du Veronique gesehen?«, fragt er und schaut kurz zur Straße hinüber.
»Tut nichts zur Sache. Du glaubst es vielleicht nicht, aber ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen. Und wenn ich vor jemandem auf der Hut sein muss, dann ja wohl vor dir.«
»Das glaubst du?«, fragt er entgeistert, und seine Stimme überschlägt sich fast. »Du denkst, ich könnte dir etwas antun? Cole, das darfst du nicht. Ich würde dir niemals wehtun.«
»Hast du aber«, sage ich. »Also kannst du dir deine Beteuerungen sparen.« Wut übermannt mich, und ich dränge mich an ihm vorbei, um ins Haus zu gehen. Anscheinend hat er ja nichts Neues zu seiner Verteidigung zu sagen.
»Du hast ja recht«, sagt er. »Aber ich kann es erklären …« Er packt meinen linken Arm und Schmerz schießt bis hinauf in meine Schulter. Ich verziehe das Gesicht und erschrocken lässt er mich wieder los.
»Rühr mich nicht an!«
»Oh Gott, das tut mir leid. Ehrlich. Bitte, du musst mich anhören …« Er hebt die Arme. »Ich komme nicht näher, versprochen. Gib mir nur noch eine Minute.«
Ich starre auf den menschenleeren Gehweg hinüber und spüre heiße Wut durch meine Adern pulsieren. »Okay, eine einzige.«
Griffon wendet sich kurz ab. Als er mich wieder ansieht, sind seine Augen rot und glänzen feucht. »Cole, hör mir zu. Es tut mir leid, dass ich dir die Wahrheit nicht früher gesagt habe. Aber du hättest mir niemals geglaubt.« Er macht eine Pause, wartet darauf, dass ich widerspreche, aber ich schweige, und er fährt fort: »Ich wollte es dir sagen. Später, wenn du es besser verstehen würdest. Bis gestern Abend hatte ich meine Gedanken und Gefühle unter Kontrolle, aber dann, als wir am Strand waren … Es war so wunderschön … Als würden all meine Wünsche in diesem Augenblick in Erfüllung gehen. Ich musste dich einfach berühren. Aber dadurch
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