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Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)

Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia J. Omololu
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»was sollen wir denn deiner Meinung nach tun? Sie einfach hinauswerfen?«
    »Und warum nicht? Wir können uns schließlich nicht Young Masters Orchestra nennen und einem unserer ›jungen Talente‹ vor jedem Konzert die Brüste umwickeln, damit niemand merkt, wie alt sie in Wirklichkeit ist.«
    Ich spüre, dass jemand hinter mir steht. Ich drehe mich um und sehe, dass es Alessandra ist. Ihr Gesichtsausdruck verrät mir sofort, dass auch sie das Gespräch mit angehört hat. Sie wendet sich ab und geht mit raschen Schritten, gesenktem Kopf und hängenden Schultern davon. Ich laufe ihr nach.
    »Das haben sie nicht ernst gemeint«, sage ich und lege eine Hand auf ihre Schulter. Sie sieht mich nicht an. »Du bist unsere beste Musikerin. Ohne dich können wir doch gar nicht auf Tournee gehen.«
    Alessandra dreht sich zu mir herum und ich sehe die Tränen in ihren Augen. »Das ist sehr nett von dir, aber wir beide wissen, dass es sehr wohl ernst gemeint war.« Sie fährt mit dem Finger über die Schleife in ihrem Haar. Bisher ist sie mir nie sonderlich aufgefallen, aber jetzt kann ich sehen, dass sie an ihr tatsächlich viel zu kindlich wirkt. »Lange kann ich nicht mehr bleiben. Wir alle sind nur für eine begrenzte Zeit ›junge Talente‹ und meine Zeit hier wird bald vorüber sein.«
    »Das ist doch Unsinn!«, rufe ich und will vergessen, worüber die Luisottis eben gesprochen haben. »Ohne dich würde Paolo niemals bei den Young Masters bleiben.« Ich sehe, dass ihr Gesicht sich beim Klang seines Namens aufhellt. »Und ich würde auch gehen. Die Hälfte des Ensembles würde dir folgen und dem Signore blieben nur noch ein paar Viola-Spieler und ein zweitklassiger Kontrabassist.«
    »Das ist wirklich lieb von dir …«, sagt Alessandra mit einem Lächeln und tätschelt meine Wange. Dann kehrt die Traurigkeit in ihren Blick zurück. »… aber leider nicht wahr. Meine Zeit ist vorüber und ich werde bald weiterziehen. Das ist der natürliche Lauf der Dinge.«
    Ich falle ihr in die Arme und drücke mich ganz fest an sie. Ich rieche den Geruch frisch gewaschener Kleider, als mein Kopf an ihrer Schulter ruht und sie ihre Arme um mich legt. Niemand hat mich mehr so gehalten, seit ich vor langer Zeit meiner Mutter auf dem Bahnsteig Lebewohl sagte, und ich fühle, wir mir Tränen in die Augen steigen.
    Ich denke zurück an die vergangenen Monate, an unsere Proben und die Auswahl der Stücke, und plötzlich steigt mir Schamesröte ins Gesicht, denn ich begreife, dass Alessandra recht hat. Ich wurde nicht im Ensemble aufgenommen, um mit ihr gemeinsam zu spielen. Ich wurde ausgesucht, um sie zu ersetzen.
    »Kann ich Ihnen helfen?« Ein ärgerlich dreinblickender Mann erscheint an der Eingangstür zum Herrenhaus.
    »Öh … ich … Ich habe mich nur gerade gefragt, was das hier für ein Gebäude ist«, antworte ich und versuche, möglichst schnell wieder im Hier und Jetzt anzukommen, während in meiner Magengrube Gefühle von Beklommenheit und Schuld rumoren.
    »Dies ist der Pacific Coast Club«, sagt er kurz angebunden und streckt gewichtig seine Brust raus: »Zutritt nur für Mitglieder.«
    Pacific Coast Club . Klingt nicht vertraut. Ich weiß, dass ich den Kerl nerve, aber was habe ich schon zu verlieren? Also frage ich: »Und früher? War es vielleicht mal was anderes oder hatte einen anderen Namen?«
    »Vor dem großen Beben war es eines der prächtigsten Herrenhäuser in ganz San Francisco: Die Sutter-Villa.«
    Das klingt vertraut, das muss es sein. In der Episode am Hafen sprach Signor Luisotti von einem Signor Sutter. »Danke schön.«
    Er tritt zurück ins Haus und die Tür fällt mit einem unmissverständlich endgültigen Ton ins Schloss. Die Kutschen und elegant gekleideten Menschen sind verschwunden, stattdessen sehe ich vorbeirasende Autos und einen Obdachlosen, der mühsam einen voll beladenen Einkaufswagen den Gehweg entlangschiebt. Langsam beginne ich, die Stufen hinabzusteigen, und lasse dabei meine Hand über das raue Steingeländer gleiten.
    So hoch über der Stadt spürt man den Wind viel kräftiger. Der Himmel glüht in den leuchtenden Farben eines prächtigen Sonnenuntergangs, aber ich habe nur Augen für die kleine Gestalt, die viele Stockwerke tiefer dort unten auf dem Boden liegt. Ihre Arme und Beine sind merkwürdig verdreht, und selbst aus dieser Höhe erkenne ich die dunkle Lache, die sich unter ihrem Körper auf dem Gehweg gebildet hat.
    Das Rauschen in meinen Ohren und in meinem Kopf übertönt

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