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Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)

Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia J. Omololu
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Mom mir zuvor. »Das Gefühl in den Fingerspitzen scheint langsam zurückzukehren. Auch die Farbe hat sich verändert. Wir haben das in den letzten vierundzwanzig Stunden gut im Auge behalten.«
    »Danke«, sagt Dr. Shapiro kurz angebunden, dreht ihr demonstrativ den Rücken zu und tritt an mein Bett. »Darf ich mal schauen?«
    Ich nicke und atme tief durch. Solange der Arm in dicke Binden gehüllt ist, denke ich nicht allzu sehr darüber nach, wie es darunter aussieht, aber wenn er sie abnimmt, kann ich die Realität nicht länger ausblenden. Er gibt sich Mühe, vorsichtig zu sein, doch bei der kleinsten Berührung schießt ein stechender Schmerz bis hinauf in meine Schulter.
    »Wollen mal sehen«, sagt er, hebt meinen Arm behutsam aus der Schlinge und beginnt, den Verband abzuwickeln. Mein Arm sieht dünn aus und ist knallgelb vom Antiseptikum, das sie bei der OP benutzt haben. Auf der Innenseite zieht sich ein breiter, wulstig-roter, mit schwarzen Stichen genähter Streifen vom Handgelenk bis fast hinauf zum Ellbogen. Ich kann hören, wie Mom scharf die Luft einzieht, als sie es sieht.
    Dr. Shapiro sagt nichts, sondern begutachtet die Narbe intensiv von allen Seiten. Dann kneift er mich leicht in die Fingerkuppen. »Spürst du das?«, fragt er.
    »Ein bisschen«, sage ich.
    »Immer noch taub?«
    »Ja, schon. Vor allem vom Mittelfinger bis zum kleinen.«
    »Hm-hm. Versuch mal, sie zu bewegen.«
    Ganz vorsichtig beuge ich meine Finger, so weit es geht, und stelle fest, dass die Angst schlimmer war als der tatsächliche Schmerz.
    »Gut«, sagt er und öffnet ein Päckchen mit Wundgaze. »Die Verletzung verheilt gut. Keine Infektion. Sehr schön.«
    »Was ist mit den Nerven?«, fragt Mom. »Wird sie die Finger wieder genauso bewegen können wie vorher? Wie Sie wissen, ist Nicole eine außergewöhnlich begabte Cellistin. Nicht auszudenken, was aus ihrer Karriere würde, wenn …«
    »Das lässt sich jetzt noch nicht sagen, Mrs. Ryan«, unterbricht er sie ungehalten. »Wir können nur abwarten.« Es ist so peinlich, dass Mom überhaupt nicht merkt, wie sehr sie ihn nervt. »Sie hat überlebt, das ist das Wichtigste. Und jetzt steht im Vordergrund, dass die Wunde sich nicht entzündet. Um die Feinmotorik kümmern wir uns später. Der Ellennerv war komplett durchtrennt und das umgebende Gewebe zerstört. Nicole hatte Glück, dass wir die Hand nicht abnehmen mussten.« Er sieht mich an und lächelt entschuldigend. »Es sollte keine allzu schlimme Narbe zurückbleiben. Ich will mich ja nicht selbst loben, aber mit der Nadel bin ich ziemlich geschickt.«
    Ich betrachte meinen jetzt wieder dick eingewickelten Arm, während Dr. Shapiro ihn zurück in die Schlinge hängt. Äußerlich kommt er vielleicht wieder in Ordnung, trotzdem weiß ich, dass es nie mehr sein wird wie früher. Bei dem Gedanken, nicht mehr Cello spielen zu können, spüre ich eine große Leere in mir, als wären mehr als nur Nerven und Bänder durchtrennt worden. Seit ich die Wahrheit über meine »Begabung« kenne, war ich ziemlich hin- und hergerissen, was meine Karriere als Cellistin betrifft. Vielleicht habe ich jetzt gar keine Wahl mehr.
    »Ich denke, wir können dich heute schon entlassen, wenn du versprichst, den Arm immer schön hochzulagern«, sagt Dr. Shapiro. Dann wendet er sich an Mom: »Ich gebe Ihnen Informationsmaterial über Physiotherapie und Reha-Einrichtungen mit.«
    »Ich will, dass sie die allerbesten Therapeuten bekommt«, tönt Mom, und wieder winde ich mich innerlich. »Nicole hat eine vielversprechende Karriere vor sich. Ein kleiner Unfall darf uns jetzt nicht alles zunichtemachen. Das wäre … eine Katastrophe.«
    Dr. Shapiro lächelt gezwungen. »Ich habe alles in meiner Macht Stehende getan. Jetzt müssen wir abwarten und sehen, wie gut sich die Nerven erholen.« Er tätschelt kurz meinen Fuß. »Ich schau noch einmal vorbei, ehe du nach Hause gehst.«
    Ich warte, bis er aus dem Zimmer ist, bevor ich loslege. »Kriegst du eigentlich mit, was du da redest?«
    »Was meinst du? Ich habe doch recht. Als Musikerin von Weltklasse brauchst du gute Reflexe und kräftige Finger, und wenn die Gefahr besteht, dass du ein taubes Gefühl zurückbehältst …« Sie vergräbt das Gesicht in den Händen. »Dann weiß ich einfach nicht, was wir tun sollen.«
    »Wen meinst du mit wir ? Hast du nicht gehört, was er gesagt hat? Ich hätte verbluten können, aber alles, woran du denkst, ist, ob ich wieder Cello spielen kann! Manchmal glaube ich,

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