Fuer immer du
Augen.
Sam runzelte die Stirn. Draußen krachte es und das Rauschen vom Regen schwoll noch mehr an. »Alles, was du sonst niemanden erzählen würdest.« Er wackelte bedeutungsschwanger mit den Augenbrauen. Und rieb mit den Händen über meine kalten Oberarme.
»Ich hab e ein Tattoo«, sagte ich und schmunzelte unsicher. Warum ich es ihm erzählte, weiß ich nicht. Vielleicht weil ich Sam offen für so was einschätzte, obwohl ja Adrians Körper verziert war und nicht seiner.
Er wirkte erstaunt und musterte mich aufmerksam. »Ein Tattoo? Zeig her!«
Ich arbeitete mich unter der Decke hervor, aus Sams Jacke heraus und wandte ihm den Rücken zu. »Auf meinem Rücken.«
Meine Finger legten sich um den Saum meines Shirts, um es nach oben zu ziehen.
Sams Hände legten sich über meine und ich dachte schon, er hätte es sich anders überlegt, doch da schob er schon den Stoff nach oben. Die Härchen auf meinen Armen stellten sich auf, als seine Finger meine Haut berührten. Ein Kloß bildete sich in meiner Kehle und ich musste krampfhaft ein Zittern unterdrücken.
Ich konnte hören, wie Sam tief Luft holte, dann fuhr er die Linien der Flügel nach. Gespannt wartete ich, ob er etwas sagen würde. Ich wollte nur wissen, was er dachte. Stattdessen zog er schweigend den Stoff wieder über meinem Rücken hinunter.
Einen Moment saß ich noch still, bevor ich mich wieder zu ihm umwandte und in sein völlig ausdrucksloses G esicht blickte. Wenn er doch endlich etwas sagen und aufhören würde, mich so anzusehen. Ich bereute es schon, ihm das Tattoo gezeigt zu haben. Ich hätte es besser wissen müssen.
»Sie sind schön«, durchbrach er die Stille. »Aber, warum Flügel?«
»Ich mag Engel«, sagte ich fast flüsternd. »Da ist etwas, das fasziniert mich an ihnen.« Ein paar Atemzüge lang, überlegte ich, ob ich es ihm wirklich sagen sollte. Würde er über mich lachen? Ich hatte es noch nicht vielen anvertraut – nur Tom. Es war mir peinlich, weil ich doch eigentlich nach außen hin selbstsicher und bodenständig wirken wollte, weniger wie ein kleines Mädchen, das eine zu blühende Fantasie hatte.
»Ma nchmal«, setzte ich seufzend an, »träume ich von riesigen Flügeln. Flügeln, die mit weichen weißen oder schwarzen Federn besetzt sind. Ich möchte sie berühren, doch immer, wenn ich die Finger nach ihnen ausstrecke, sind sie weg, einfach so.«
Ich hatte Sam richtig eingeschätzt. Er lachte nicht. Im Gegenteil in seinem noch immer ausdruckslosen Gesicht flackerte etwas in seinen Augen auf. Ein kurzes Leuchten. So kurz nur, dass ich mir nicht sicher war , ob es wirklich da gewesen war oder seine Augen nur das Licht des Blitzes reflektiert hatten, der gerade vor der Scheune über den Himmel gezuckt war.
» Sie sehen Adrians so ähnlich«, murmelte er versonnen und hielt mir seine Jacke wieder hin. Ich zog fragend die Stirn kraus, weil ich eigentlich nicht der Meinung war, dass die Flügel auf meinem Rücken viel Ähnlichkeit mit denen auf Adrians Arm hatten. Seine wirkten kriegerisch, fast ein wenig drohend, während meine auf romantische Art meine Zuneigung zu Engeln darstellten.
Samuel schüttelte nur den Kopf und lächelte.
»Jetzt bin ich dran mit fragen«, lenkte ich ein. Draußen krachte es abermals und ein Windstoß wehte zur Tür herein und brachte den würzigen Geruch von feuchter Erde und frisch gemähtem Gras mit herein.
»Okay. Was willst du wissen?«
»Warum lebst du bei Adrian?«
»Du meinst, weil wir uns ganz offensichtlich nicht verstehen. Hmm, das ist eine lange Geschichte.« Sam krabbelte wieder zu mir unter die Decke und schloss mich in seine Arme. »Ich habe einen schlimmen Fehler begangen.«
» So schlimm, dass Adrian sauer auf dich ist?«
» Ja. Und er hat alles Recht dazu.«
»Nur, wenn du etwas so S chlechtes getan haben sollst, warum sollte er dich dann in seiner Näher ertragen?«, fragte ich und zog ermutigend die Augenbrauen nach oben.
Sam seufzte und starrte in das Licht der Harley. »Weil es da nur uns gibt.«
»Das tut mir leid .« Sie sind Waisen?, fragte ich mich erschrocken. Was konnte nur passiert sein, dass sie jetzt ganz allein auf der Welt waren? Jeder hatte doch irgendwo jemand, der ihm wichtig war, der für ihn da war.
»Muss es nicht. Irgendwie hat das Schicksal uns aneinander geschweißt.« Sam lächelte mich zaghaft an, aber in seinen Augen konnte ich tiefen Schmerz sehen. Was auch immer er getan hatte, er bereute es zutiefst. »Und jetzt habe ich die Chance
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