Fuer immer Ella und Micha
»Jetzt kann ich schlafen«, flüstert er. Binnen Minuten wird sein Atem ruhig und regelmäßig.
Ich hingegen liege hellwach da und habe das Gefühl, dass er das mit Absicht gemacht hat.
Kapitel 8
Micha
Beim Aufwachen fühle ich mich gut. Die Sonne scheint durch das Fenster herein, und ich bin ruhig und entspannt. Mir ist klar, dass es unfair war, Ella so auszutricksen; andererseits war es ja nicht direkt eine Strafe für sie. Ich habe lediglich dafür gesorgt, dass sie scharf wird und nicht schlafen kann – ein Zustand, der mir mittlerweile leider allzu gut bekannt ist.
Ich setze mich auf, reibe mir die Augen und stelle fest, dass Ella und Lila nicht im Zimmer sind.
»Na, guten Morgen, Prinzessin«, sagt Ethan vom Tisch aus. Er isst einen Doughnut und hat einen Energydrink in der Hand. »Hast du gut geschlafen?«
»Wo sind die anderen?« Ich steige aus dem Bett und ziehe mir ein schwarzes T-Shirt über.
Ethan stopft sich den restlichen Doughnut in den Mund und klopft sich die Hände an seiner Jeans ab. »Der Wecker hat nicht geklingelt, deshalb sind die zwei vor ungefähr zehn Minuten total ausgeflippt, weil sie keine Zeit mehr hatten, sich die Haare zu machen, und sind rausgestürmt. Oder zumindest hat Lila wegen ihrer Haare geflucht … Ella wirkte ein bisschen abgelenkt .«
Ich blicke kurz zu ihm, während ich in meiner Tasche nach meiner Uhr suche. »Willst du irgendwas andeuten? Du hast nämlich diesen dämlichen Gesichtsausdruck, und der nervt.«
Er trinkt einen Schluck und hievt sich vom Stuhl hoch. »Bloß dass ihr das nächste Mal, wenn ihr mit anderen Leuten im Zimmer rummachen müsst, ruhig ein bisschen leiser sein könnt.«
»Tu mir einen Gefallen und sag nichts zu Ella. Das würde alles nur bizarr machen.«
»Bizarrer als ihr es sowieso schon gemacht habt?« Er zerdrückt die Getränkedose und wirft sie in den Papierkorb in der Ecke. »Jedenfalls werden mich die Geräusche von letzter Nacht noch lange in meinen Albträumen verfolgen.«
Ich lege meine Armbanduhr an und wechsele das Thema: »Was sollen wir verdammt noch mal zu einer Hochzeit anziehen?«
»Woher soll ich das denn wissen?« Er blickt an seinem schwarzen Hemd über dem grauen T-Shirt und der dunklen Jeans hinab. »Ich wollte so gehen.«
Ich nehme ein schwarzes Hemd mit Nadelstreifen und meine beste Jeans, dann gehe ich zum Bad.
»Hat sie zugegeben, dass sie gelogen hat?« Ethan stellt den Fernseher an und lässt sich auf eines der Betten fallen.
Ich bleibe in der Tür stehen und sehe zu ihm. »Nein … Sie ist stur, wie immer.«
»Eine Idee wäre«, meint Ethan und lässt die Fernbedienung auf den Nachttisch fallen, »dass du ihr sagst, dass du Bescheid weißt, und dir das ganze Drama ersparst.«
»So einfach ist das nicht«, erkläre ich. »Ich will sie nicht bedrängen … weil …« Weiter komme ich nicht, denn ich kann ihm nicht von der Brücke erzählen oder wie Ella aussah, als sie auf dem Badezimmerfußboden hockte und mich anlog.
Wenn sie so weit ist, wird sie es mir sagen. Das hoffe ich zumindest. Aber was ist, wenn sie es nicht tut? Was ist, wenn ich mein Leben lang einem Geist nachjage?
»Okay, ich bin mächtig enttäuscht von den Brautjungfern«, bemerkt Ethan, der die Brautjungfern vor dem Festzelt mustert.
Wir sitzen in der hintersten Reihe und warten, dass die Party losgeht, während im Zelt Leute hin und her laufen. Der vordere Bereich ist mit lila Blumen geschmückt und der Mittelgang mit lila Schleifen.
»Ich glaube, die sind alle verheiratet«, sage ich zu Ethan und setze mich bequem hin. »Und an die zehn Jahre älter als du.«
Stöhnend lehnt er sich auf dem Klappstuhl zurück. »Was soll ich denn dann machen? Das Ganze fängt erst in einer Stunde an, und mir ist langweilig.«
»Du wirst es sicher überleben …« Meine Aufmerksamkeit richtet sich auf Ella, als sie ins Festzelt kommt und auf Caroline zugeht. Die wiederum redet mit einem kleinen Mann in einem grauen Anzug und fuchtelt dabei lebhaft mit den Armen. Ella trägt ein kurzes schwarzes Samtkleid, das ihre langen Beine und ihre nackten Schultern betont. Ein rotes Band zieht sich um ihre Taille, und sie hat eine rote Blume im Haar.
Sie ist verdammt schön. Ja, anders lässt es sich nicht ausdrücken.
»Alter, hör auf zu sabbern.« Ethan gibt mir einen Klaps auf den Hinterkopf.
Ich schubse ihn, und er schubst zurück. Nachdem ich einmal langsam ausgeatmet habe, sehe ich wieder zu Ella. Sie sagt etwas zu Caroline und gibt ihr ein Glas
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