Für immer, Emily (German Edition)
weil er dir irgendwann wehtun würde. Aber, na ja, es wäre ein Anfang.“
Emily blieb stehen und wandte sich zu ihrer Cousine um, die ebenfalls stehen geblieben war und sie bedrückt musterte. „Ach, Mara, nein, dir muss nichts leid tun. Ich entschuldige mich. Ich bin so blöd. Du willst immer nur mein Bestes und ich zicke dich an.“
Ein Lächeln glitt über Maras Gesicht. Sie hängte sich bei Emily ein. „Schon gut. Und Niclas, nun ja, ich will ja nicht so tun, als ob er mir gar nicht gefallen würde, also ich fand ihn auch süß. Früher, bevor ich mit Thomas zusammen war. Er ist schwierig zu beschreiben. Ich denke, er ist ganz in Ordnung, aber er will es nicht zeigen, verstehst du?“ Emily nickte.
„Er hat eineinhalb Jahre in Europa verbracht, mit seinem Vater, der war beruflich dort. Danach wollte er den verpassten Stoff hier nachholen, deshalb ist er seit zwei Jahren in meiner Klasse. Er ist schon fast neunzehn. Er hat im gleichen Monat wie du Geburtstag, auch im Oktober.“
„Aha. Ja, ich dachte mir, dass er ein wenig älter ist als die meisten hier.“ Emily sah zu Boden, und Mara spürte, dass sie nicht weiter über Niclas reden wollte. Sie kam nicht besonders gut mit Dingen zurecht, die ihre gewohnte Ordnung durcheinander brachten. Und Niclas schien im Moment ein Störfaktor zu sein. Warum auch immer.
Niclas lehnte an der Wand des Schulgebäudes und hörte nur mit halbem Ohr hin, was seine Freunde erzählten. Seine Blicke wanderten immer wieder zu Emily Alexander hinüber. Sie redete jetzt mit ihrer Cousine Mara und sah dabei nicht wirklich glücklich aus. Er senkte den Kopf und atmete tief durch. Vermutlich war sie sauer, weil er sie Püppchen genannt hatte. Er wusste selbst nicht, warum er das getan hatte, er hatte das nicht vorgehabt, er wollte ihr nur behilflich sein. Dann hatte sie ihn jedoch mit ihren großen blauen Augen angesehen und irgendetwas in ihm hatte sich verselbständigt.
Dabei sah sie gar nicht aus wie ein Püppchen. Gut, sie war klein und zart, kam aber nicht zimperlich oder gar zickig rüber. Im Gegenteil. Er runzelte die Stirn, denn tief in seinem Innern sagte ihm eine Stimme, dass genau dieses Gegenteil es war, was ihn so nervös werden ließ in ihrer Nähe. Sie war anders als alle Mädchen, die er bis jetzt gekannt hatte. Er hob den Kopf und ließ den Blick zu der Bank gegenüber schweifen, aber da saß niemand mehr. Emily und Mara verschwanden gerade im Haupteingang, und er fühlte ein leises Bedauern.
„Nic? Mensch, hörst du mir überhaupt zu?“
„Hm?“
Kevin starrte ihn an. „Sag mal, was ist denn mit dir los? Du siehst aus, als ob du am liebsten jemanden erschlagen würdest.“
Niclas überlegte einen Moment, dann grinste er und boxte seinem Freund an die Schulter. „Ja, und mit dir fang ich an. Was soll los sein? Gar nichts.“
Kevin nickte skeptisch. „Ah ja. Wenn du es sagst.“
„Ja, das sag ich.“
Niclas drehte sich um und lächelte Tracy Bell an, die auf sie zukam. Er mochte Tracy nicht sonderlich, es nervte ihn unglaublich, dass sie ihm ständig hinterherlief und einfach nicht einsehen wollte, dass er nichts für sie empfand. Aber nun kam sie ihm gerade recht. Wie erwartet, blieb sie natürlich begeistert an seiner Seite. Das war genau das, was er wollte. Er wollte mit einem Mädchen reden und sich dabei einfach gut fühlen. Er wollte die Kontrolle über seine Empfindungen behalten, und das funktionierte normalerweise auch ziemlich gut. Plötzlich jedoch tauchte ein hübsches, zartes Mädchengesicht vor seinem inneren Auge auf. Seine Miene verdüsterte sich schlagartig wieder. Doch er riss sich zusammen, wandte sich zu Tracy um und lächelte ihr zu.
Emily bemerkte er nicht, die in einer Nische stand und auf Mara wartete, die noch zur Toilette gegangen war. Sieh an, Mister Unfreundlich konnte auch nett sein und lächeln. Und wie er lächeln konnte. Er sah total süß aus, wenn er lächelte. Emily starrte ihm hinterher, dann schüttelte sie unwillig den Kopf. Was stimmte nicht mit ihr? Sie war doch sonst nicht so. Und schon gar nicht nach dem Vorfall . Wieso also dachte sie, seit sie diesen Niclas gesehen hatte, pausenlos an ihn und fand ihn auch noch süß? Noch dazu, wo der Typ mehr als unfreundlich und unhöflich war. Nur, weil er gut aussah? Das tat er zweifellos. Und genauso zweifellos wusste er das sehr genau und schien es nur zu gerne auszunutzen, dass die Mädchen blöd genug waren, auf ihn reinzufallen. Blöd wie sie selbst. Aber damit
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