Für immer, Emily (German Edition)
nicht mit ihnen. Punkt. Sie beugte den Kopf noch tiefer über ihr Blatt Papier und würdigte Niclas keines Blickes mehr.
Niclas warf einen leicht genervten Blick zu seiner neuen Banknachbarin. Warum sah sie ihn dauernd so an, als ob er sich jeden Moment in ein Monster verwandeln könnte? Ihre blauen Augen schienen geradezu erfüllt von Angst, sie wirkte wie ein verschüchtertes Mäuschen. So sah sie auch aus. Sie trug Jeans, ein Shirt, das bis zum Hals geschlossen war, und eine graue Strickjacke. Grau! Das schien genau zu ihr zu passen. Ihre Hände zitterten leicht beim Schreiben und sie sah aus, als ob sie am liebsten auf der Stelle aufstehen und weglaufen würde.
Na super, das hatte ihm gerade noch gefehlt. Am ersten Schultag, auf den er sowieso absolut keine Lust gehabt hatte, auch noch so eine graue Maus an seinem Tisch sitzen zu haben, die ihn ansah, als sei er Graf Dracula persönlich. Er wippte ungeduldig mit dem Fuß und musterte das Mädchen neben sich unauffällig. Sie hatte eigentlich ein sehr hübsches Gesicht und honigblonde lange Haare. Sie war klein und zierlich und hatte schöne Hände. Er mochte es, wenn Mädchen feingliedrige, zarte Hände hatten. Aber ihre Miene ... so sauertöpfisch und miesepetrig.
„So, Herrschaften, das war es für heute. Bitte lesen Sie den Text im Buch zu Ende, dann können wir morgen gleich daran weiterarbeiten. Schönen Tag noch.“
Dr. Smith` Stimme drang zu ihm durch und er sah verblüfft zu, wie seine neue Nachbarin in Windeseile ihre Sachen zusammenpackte, ihm ein flüchtiges „Bye“ hinwarf und wie der Blitz aus der Tür verschwand. Na, die konnte es ja gar nicht abwarten so schnell als möglich von ihm wegzukommen.
Nun, das konnte ihm nur recht sein. Dumme Tussi. Er knallte seinen Stift auf den Tisch und starrte ihr wütend hinterher. Er konnte nicht sagen, warum, aber es störte ihn, dass sie offensichtlich nichts von ihm hielt. Und das wiederum ärgerte ihn, dass dieses fremde Mädchen ihn dazu brachte, sich über sie Gedanken zu machen, wo sie nicht mal annähernd sein Typ war.
Neben ihm tauchte sein bester Freund Kevin Ellman auf. „Hey, Nic, na, die Neue scheint nicht auf dich zu stehen, sie ist ja geradezu geflüchtet. Hast du vergessen zu duschen?“, flachste er. Er lachte.
Niclas verzog das Gesicht zu einem missmutigen Grinsen. „Haha, wie witzig.“
Er packte seine Sachen zusammen und verließ mit den anderen den Saal. Emily stand auf der anderen Seite des Flurs und schien auf jemanden zu warten. Er warf ihr im Vorbeigehen einen finsteren Blick zu, den sie allerdings nicht erwiderte. Sie sah starr geradeaus, und in dem Moment tauchte Mara Panabaker auf und hängte sich bei ihr ein. Mara begann sofort auf Emily einzureden und zog sie mit sich fort.
„Und, wie war es? Hat alles geklappt? Dr. Smith ist sehr nett, nicht wahr? Na ja, der erste Tag ist sicher irgendwie blöd, aber bald hast du dich eingewöhnt, du wirst schon sehen.“
Mara redete immer weiter, doch dann hielt sie inne. „Ach, entschuldige, ich lasse dich gar nicht zu Wort kommen. Also, wie war es?“
Emily zuckte mit den Schultern. „Na ja, eigentlich war es ganz okay. Du hattest Recht, Dr. Smith ist wirklich nett, ja. Er kann den Stoff auch gut vermitteln, es hat Spaß gemacht.“
Mara sah sie aufmerksam an. „Aber?“
„Wie aber?“
Mara verdrehte die Augen. „Ach, komm schon, Em, das Aber steht dir in dicken, rotblinkenden Buchstaben auf der Stirn geschrieben. Also, was war nicht in Ordnung?“
Emily betrachtete ihre Schuhspitzen. „Ach, ich habe neben einem Jungen gesessen. Er war irgendwie komisch. Ich mag das nicht ... du weißt schon“, sagte sie leise.
Mara nickte und seufzte. „Ja, ich weiß. Tut mir leid. Wenn wir nicht so spät gewesen wären, hätte ich schauen können, dass du neben jemandem sitzt, den ich kenne. Neben wem hast du denn gesessen?“
Emily zuckte mit den Schultern. „Er kam zu spät und dann war nur noch der Platz neben mir frei. Er heißt Niclas Delaney. Kennst du ihn?“
Mara blieb stehen und verzog leicht das Gesicht. „Du hast neben Niclas gesessen? Oje, halte dich lieber fern von ihm. Er ... er ist schwierig. Ich weiß nicht, es ist schwer zu erklären. Er ist ein Rebell. Er tut nie das, was man von ihm erwartet. Und er lässt niemanden an sich heran. Die Mädchen fahren alle auf ihn ab, gerade wegen seiner unnahbaren Art. Sie meinen wohl, sie könnten ihn irgendwie therapieren, oder was auch immer. Er hatte schon so einige
Weitere Kostenlose Bücher