Für immer in Honig
Ressourcen tat, wenn er sie in seine Gewalt bekam, den Vorstellungen klassischer Strategielehren von Besetzung oder Raub überhaupt nicht entsprach: »Sie machen einfach alles kaputt. Sie wollen es nicht nutzen, sie sitzen nur drauf rum, warten, bis das Metall rostet, die Maschinen blockieren, und zerstören es aktiv, wo sie können.«
Der Oberbefehlshaber war stehengeblieben.
Sein Adjutant hatte aufgehört zu reden, sah ihn fragend an. Zwei Rekruten, die eigentlich mit Geschiebe an einem gedrungenen Anhänger mit zu langer Achse beschäftigt waren, blickten neugierig her – natürlich, die wollen hören, was der große Mann Historisches von sich gibt.
Reuland wechselte das Thema, deutete lasch zu einem der amerikanischen Panzer und den dort beschäftigten G.I.s: »Wie läuft denn die Zusammenarbeit mit den Amis? Lassen Sie uns ran? Wie viele von ihren Panzern sind eigentlich noch in Deutschland?«
Der Gesichtsausdruck des Mecklenburgers hellte sich auf, abgefragt wurde er immer gern: »Fünftes Korps Heidelberg, erste Panzerdivision Wiesbaden-Erbenheim, erste Infanteriedivision Würzburg, beide Divisionen verfügen über zwei mechanisierte Brigaden sowie eine Heeresfliegerbrigade mit Kampfhubschraubern in Deutschland. Von der ersten Panzerdivision ist die erste Brigade hier in Friedberg, die zweite Brigade in Baumholder und die vierte Aviation-Brigade in Hanau stationiert. Die Panzer-Bataillone sind Kommandos wie folgt unterstellt: erste Brigade, first Batallion, thirtyseventh Armor Friedberg, second Batallion …«
Der General ließ den Jungen aufzählen, was er wußte, strich sich über den etwas verwilderten Schnauz und spürte immer deutlicher, daß er, dem kleinen Pflaumenschnaps heute morgen zum Trotz, schon wieder Brand hatte. Scheißrussen. Blödes Auge. Elendes Urengoi. Mistige Zombies.
Wollte ich nicht um diese Zeit längst Napoleon geworden sein? Soviel zum Thema Selbstmitleid.
2 »Manchmal«, sagte der General aufgeräumt und sah blinzelnd, unter schweren Augenlidern, aufs nächtliche Frankfurter Militärflugfeld mit seinen fluchtpunktsehnsüchtig fadengerade aufgereihten Elfenlichtern hinaus, »bilde ich mir ein, ich wäre allein auf der Welt.«
Der Mann aus den Bergen am Wachsch schwieg verdrossen dazu. Er hatte überhaupt nicht viel gesagt, seit Reulands Adjutant ihn in den Kontrollraum geführt hatte. Zwei Mann von der Funkaufsicht saßen wie die Statisten, die sie waren, wächsern und übermüdet an ihren Konsolen, horchten auf das, was in ihren Kopfhörern übertragen wurde und sprachen gelegentlich knappe Sätze in ihre Bügelmikrophone vor den vom Konsolenlicht blau angeleuchteten Geheimnisträgerlippen.
»Ich meine, was erwartet euer Präsident von mir? Ich schicke ihm Panzer. Ich zwacke sogar einiges von den Panzern befreundeter Mächte – einer ehemaligen Schutzmacht sogar, wenn Sie es genau wissen wollen – ab. Alles geht zu euch, damit ihr den Zweiten Weltkrieg noch mal kämpfen könnt … Vorgestern erst war ich in Friedberg, hab der Verlegung zugeschaut, mich selber überzeugt … Ich bin ein richtiger Grüßaugust geworden, das geht nicht gut aus. Wenn ich an die Schlachten der ersten Zeit denke, das Containment, die Erfolge, die wir hatten, bevor sich die W organisiert haben, als es darum ging, die Zombiepest auf die großen Städte zu beschränken … Ich mußte mich damals noch mit Zombotikern rumärgern! Die Truppe war voll von ihnen! Die wollten alles technisch lösen – das war, bevor Bush Zwo verrückt wurde und die Saudis angegriffen hat, vor der Bombardierung Mekkas und Medinas, die diesen albernen Texaner endlich das Amt gekostet hat – sie haben ihn eingesperrt, er wartet auf das Urteil in Sachen Hochverrat, Sie wissen’s, aber Hillary hat zuviel Angst vor den Ölgötzen, den Konzernkumpels, als daß sie ihn auf den Stuhl schickt … wo war ich?«
Wie der Mann vom Wachsch sie haßte, diese Führermonologe. Er hätte sein Portefeuille als Putins Sonderbotschafter sofort in den Main geschmissen, um diesen Mist nicht mehr, nie wieder hören zu müssen, um nicht mehr zwischen dem besetzten Berlin, dem freien Frankfurt und Reulands Ausweich- HQ bei Paris hin- und herfahren zu sollen, und war auch heute abend seiner Meinung nach schon ganz entschieden viel zu lange hier. Worauf wartete der dicke deutsche Arsch denn? Warum las er die Verhörprotokolle nicht einfach durch und sicherte ihm dann erwartungsgemäß zu, daß er die dafür von Putin geforderte
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