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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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gegen einen Angriff der Jungs aus Damaskus wappnen. Die waren immer sehr wasserbewußt, notgedrungen, hatten große Projekte am Laufen: Al-Wahda, Damm der Einheit, und ihren Yarmuk-Fluß haben sie auch genutzt, state of the art. Es heißt, sie hätten auch Bohrbomben, setzen sie aber nicht ein, weil …«
    Weil sie nicht auf verbrannte Erde stehen, wie die Jordanesen.
    »Verbrannte Erde. Verbranntes Wasser? Kann man das sagen?«
    Wir lachen beklommen. Ich schalte das Ding aus.
    Skribas Keller ist fertig, nur ein paar technische Komfortinstallationen im Lüftungs- und Lichtbereich sind noch zu applizieren. Ich erwarte nicht, den Bau jemals betreten zu dürfen.

Siebenhundertzweiundsiebzigster Tag
    Soll ich eigentlich auch smarte Aphorismen reinschreiben, so Nietzschemäßig? Skriba? Und warum sagst du nie was zu den heiklen Stellen, die Pinkelszene, geht dir so was völlig am Arsch vorbei? Neunzig Prozent vom Geschmack exotischer Speisen macht der Name aus: »Schesaff«, das schmeckt mehr nach Schesaff als nach kleinen Beeren. Ich weiß nicht mal, wie man das schreibt. Heute gibt es Pfannkuchen mit Pilzen, Chica kocht. Salziges paßt zur Hitze, man soll’s nicht glauben. Was machen eigentlich meine Blutfettwerte? In der mortalen Zivilisation hat mich so was periodisch total interessiert, Biopolitik, Techniken des Selbst. Da sind wir jetzt drüber raus, praise Habermas.

Siebenhundertachtzigster Tag
    Chicas Kaffee ist der stärkste, die benutzt wahrscheinlich Gewehrkugeln statt Kaffeebohnen. Lustige Saulus-Paulus-Scheiße: Nachdem sie lange die Lauteste war, wenn es darum ging, uns dazu aufzufordern, uns mit den Kapuzinertypen am Genezareth zusammenzutun, zu denen jetzt übrigens auch das Camp gehört, dem wir Wasser liefern, staucht sie jetzt jeden zusammen, der davon anfängt – vor allem Muslime, die sind jetzt ganz begeistert vom Mützenmann. Außer Jamal, der treu an Skriba hängt. Die Chica sagt, auf den Kapuziner zu setzen, »zerstört unsere Moral«.

Siebenhundertvierundachtzigster Tag
    Folge mir also, vorbei am Mandelbaum in Blüte, der für mich die äußerste südwestliche Grenze des Camps absteckt, in die kleine Wüste, kein Vergleich zur großen, richtigen natürlich, folge mir, obwohl du jetzt schon Durst hast, lächle mich an und spür den Schnitt in der Lippe, die aufspringt, und trink mit mir den Alkohol, den man auf so eine Reise eigentlich nicht mitnehmen darf.
    Die Wahrheit über Freundin, Frau und Vergangenheit, über Schöninchen und Krieg liegt tief unten, bei den fossilen Wasserreservoiren, unterm Flußbett. Trink das Wasser unterm Haupt der Sonne, da geht sie hin.
    Ich habe meine Liebe erschossen, bei jedem Übungsballern, würdest du deshalb bitte um mich weinen? Ich vergesse immer alles, habe alles vergessen, würdest du für mich lügen, damit ich die Prüfung bestehe? Ich habe ihren ausgedachten Geisterkörper im Sand liegen lassen, mir wäre sie nur eine Last gewesen.
    Warum gibt er mir diesen alten Scheiß? – diese Briefe, die ich aufgehoben habe als Durchschläge, als hätte ich gewußt, daß es mir einmal gut tun würde, in einem fernen Land, nach dem Weltuntergang, mich über den Affen zu schämen, der ich war:
    »Hallo Jenny!
    Zwei Briefe nacheinander – kommt Dir wohl spanisch vor, hast Du doch seit meinem letzten (kurz vor Deinem und Christines Anruf) nicht mehr geschrieben. Seit diesem Anruf also hast Du Dich, wenn ich’s der Vollständigkeit halber anmerken darf, überhaupt nicht mehr gemeldet. Selbstverständlich – das bist Du von mir ja schon gewohnt – mache ich Dir deswegen keine großen Vorwürfe, im Gegenteil – ich werte es halt mal als eine Art Aufforderung an mich, selber von mir hören zu lassen (ungefragt) und der albernen und (jedenfalls für mich) auch traurigen Geschichte (in Verbindung bleiben und so) endlich ein für beide Seiten angenehmes Ende zu bereiten. Ich sehe ein und erkenne an, daß Du Dir viel Mühe gemacht hast, jedenfalls am Anfang, mit den beiden netten Briefen, den Photos und so weiter. Es wurde aber schließlich doch zu offensichtlich, daß wir beide völlig verschiedene Vorstellungen von ›in Verbindung bleiben‹ und ›jemanden mögen‹ haben. Du hast mir in Deinem zweiten Brief geschrieben, Du würdest mich vermissen, und auf irgendeine komische, für mich allerdings inzwischen unmöglich nachvollziehbare Art kann das sogar wahr sein. Christine, von der ich auch nicht so richtig weiß, was sie denkt – bestimmt nix Gutes, genau wie

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