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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Maschinenpistole und Maschinengewehr vielleicht? Dieses Zeug übersteigt meinen Verstand, immer noch. Als Kind habe ich »Hup-Schrapp-Schrapp« gesagt, für Hubschrauber, nein wie süß. Der Hauptbrummer war grün und bauchig, eine Schnauze wie »Lupo« früher in den Rolf-Kauka-Comics. Die Scheiben oben, wo der Pilot sitzt, glotzten wie fischige Augen, und ganz vorne, an der Knollennasenspitze, stand – ich konnte es lesen, obwohl uns der Staub um die Ohren stürmte, als spräche Gott ein ernstes Wörtchen – in gelben Schablonenbuchstaben ACCES MOTEUR , darüber ein roter Haltegriff POUR OUVRIR . Später, während des Banketts, bin ich noch mal raus. Jamal stand natürlich rauchend im Wachtturm II , tat aber so, als ob er mich nicht bemerkte. Habe mir also im Flutlicht das Ding genauer angeschaut: ATTENTION – EN CAS D’INCENDIE NE PAS OUVRIR LES PORTES MOTEUR COMBATTRE LE FEU ICI , ein französisches Modell also. Haben sie so was nicht auch im Libanon? Waren nicht die Kontakte zwischen der PA und Frankreich immer gut, und hat nicht das französische Fernsehen noch kurz vorm Totentanz die massivste antiisraelische Tränendrüsen-Intifada-Propaganda auf dem ganzen alten Kontinent geschoben?
    Die beiden Begleithubschrauber legen mir die Frage vor, woher das Mini-Geschwader eigentlich kommt, wo es gestartet ist: kleiner, schlanker als der Brummer, es passen je nur vier Leute rein – »khakiclad motherfuckers« nennt la Chica sie. Diese Muchachos beschützen den Gast, sie sind sozusagen Jims Kollegen. Der hat sich deshalb auch gleich mit ihnen ins Benehmen gesetzt. Diese kleinen Chopper, schon hübsch: An den seitlichen Auslegern und unterm Rumpfbug der Hummelkörper hängen Kunststoffkisten, in denen man wohl Rettungsboote (oder »Notschwimmer«, wie Karin sagt, die sich mit so was Jims wegen wohl auskennt) sehen darf. Wassernotlandungen sind also durchaus vorgesehen.
    Stammen vielleicht alle drei Maschinen gar nicht vom ehemals israe­lischen Festland, sondern von einem der amerikanischen Flugzeugträger im Mittelmeer?
    Wieviel Treibstoff passt in solche Tanks, welche Zwischenhalts hat es gegeben, ist man in Tel Aviv oder sonstwo in Meernähe eingetroffen, hat man dann Menscheninseln besucht, hüpfend, die Hubschrauber als drei Steine auf dem Blutsee, in den das Land sich verwandelt hat? Du wirst mir’s erst sagen, wenn es für dich von Nutzen ist, daß ich es weiß – bis dahin reibst du die Ledereinbände deiner antiken Mathebücher in aller Ruhe mit Sattelseife ab und läßt JHWH einen guten Mann sein.

Später am selben Tag
    Bill »Echnaton« Clinton ist auf dich zugegangen, straight wie Gary Cooper, kein Zeremoniell, hat dir die Hand gegeben, du legtest deine krallige in seine rötliche, aber nicht fleischige, sondern feste – er ist, wie alle Prominenten, die ich je getroffen habe, kleiner als im Fernsehen, kleiner sogar als in der Montage bei Zemeckis, »Contact«, falls du den gesehen hast. Aber doch beeindruckend. Sieht mit seinem Bart und den achtzehntes-Jahrhundert-schulterlangen Haaren, in die Stirn fallend wie beim jungen Napoleon, aber weiß wie Taubenfedern, aus wie ein Tolkienscher König aus »Der Herr der Ringe«, und trotz all seiner Weibergeschichten und sonstigen juxigen Wohllebe nicht halb so müde und verquollen wie der Charakterdarsteller, der in Peter Jacksons Film­fassung den Théoden von Rohan gespielt hat.
    Ich komm’ nicht auf den Namen, wird schon irgendein britischer Sir gewesen sein. Die ganze Zusammenkunft, inklusive meiner Vorstellung durch dich, meine väterliche Mumie, kam mir seltsam privat vor: nur zwanzig Leute am Rollfeld, die Kinder weiterhin am Spielen, die Köche am Kochen, die Patrouillen am Patrouillieren. Ich weiß nicht, was für einen großen Bahnhof ich erwartet habe, ein Orchester vielleicht, eine Hymne, aber daß der Abgesandte Nofretetes nicht mal eine kleine Ansprache hält, war schon seltsam – o.k., später, beim Essen, einen Winzbegrüßungstoast, vernachlässigbar.
    Das alles hat mich drüber nachdenken lassen, ob’s in der Postmortalen eigentlich noch Politik gibt – diese ganzen Angelegenheiten der Polis, weißt du, für die sich Rawls und Jürgen Möllemann immer so begeistert haben, das öffentliche Zeug. Was, wenn alles nur noch aus solchen Treffs besteht wie hier: Wenige Leute tauschen sich mit wenigen Leuten aus und seufzen bißchen rum miteinander, bevor es weitergeht wie vorher und alles Agieren bei den wandelnden Toten liegt, und bei

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