Für immer in Honig
Köpfe gesenkt.
16 Grothendieck hatte geschrieben, am Ende seiner Programmskizze im Januar 1984: »Derrière la disparité apparente des thèmes évoqués ici, un lecteur attentif percevera comme moi une unité profonde. Celleci se manifeste notamment par une source d’inspiration commune, la géométrie des surfaces, présente dans tous ces thèmes, au premier plan le plus souvent. Cette source, par rapport á mon ›passé‹ mathématique, représente un renouvellement, mais nullement une rupture. Plutôt, elle montre le chemin d’une approche nouvelle vers cette réalité encore mystérieuse, celle des ›motifs‹, qui me fascinait plus que toute autre dans les dernières années de ce passé. Cette fascination ne s’est nullement évanouie, elle fait partie plutôt de celle du plus brûlant pour moi de tous les thèmes evoqués précédemment. Mais aujourd’hui je ne suis plus, comme naguère, le prisonnier volontaire de tâches interminables, qui si souvent m’avaient interdit de m’élancer dans l’inconnu, mathématique ou non. Le temps des tâches pour moi est révolu. Si l’âge m’a apporté quelque chose, c’est d’être plus léger.«
17 Die Musikantin hatte sich immer sehr für Technik interessiert, das hielt sie jung – nicht metaphorisch, sondern buchstäblich: Jahrzehntelang war Cordula Späth Ende Zwanzig geblieben, als Körperbild, haltbares Schaustück ihrer besten Zeit, in der Bernsteinik aufgestellt wie der Originalnachbau der Music Box des Bob Moog-Wegbegleiters Don Buchla in ihrer Villa an der spanischen Riviera: »Das Ding hat er auf dem Trips Festival 1966 eingesetzt, einem Acid Test im Fillmore am Tape Center. Steve Jobs, später der Mitbegründer von Apple, war damals dort, wußtet ihr das? Irre Technohippies haben das einundzwanzigste Jahrhundert aus dem zwanzigsten per Kaiserschnitt befreit, Leute wie Kreuzer und Jobs und ich, zur Strafe werden wir nie älter werden dürfen.«
Technikbegeisterung, Transfer, Sammeln: Diverse Minimoogs gehörten ebenso zum Arsenal der Musikantin wie historische Keyboards und andere Fetische anhaltender Analogbegeisterung, aber auch digitale Meilensteine.
Einmal hatte sie eine Platte namens »Error-Correction« aufgenommen, nichts als eine Anthologie verschiedener Techniken, wie man Fehler digital verstecken konnte, und natürlich mußte sie, bei solcher Geisteshaltung, Jennys kleines Stega-Kunstwerk, die Minidiscs mit der SHARP -Logistik, als Herausforderung auffassen und annehmen.
»Meine Kunst war doch schon vorher immer auf den Kopf gestellte Steganographie, hat mich immer alles sehr beschäftigt, Herstellen und Ausbügeln von Fehlern und Zusatzbedeutungen, Interpolation und Muting, den Wert von fehlenden oder unkorrigierten Einheiten auf Null stellen, was haben wir mit Compact Discs gespielt, allein dafür hab ich damals das Label gegründet, Asyndeton Records, und später stellt sich dann raus: Sogar Kreuzer hat das Zeug gekauft und studiert, der hatte ja auch mal ein Musikprojekt, Shannon, eine Band. Wir hätten uns zusammentun sollen, statt die Welt zu verändern, als Freaks des Disc Encoding, und hatten ja auch sonst dieselben Interessen, optisches Design, Life Sciences, Geschichte der Mathematik … Ich bin nie dazu gekommen, ihn zu fragen, wie er meine Oper über Turing fand. Ach ja, Technik. Natürlich mißtrauen normale Menschen den Ingenieuren, schließlich wird der Fortschritt aus ihrer Sicht selten zur Lebenserleichterung, häufiger zur Ausbeutungsintensivierung, Verbesserung der Unterdrückung oder einfachen Profitmaximierung eingesetzt – so hat das angefangen mit mir und der GPI , weil ich mich als anpolitisierte Künstlerin soviel mit Technikkram befaßt hatte, fanden mich die Genossen qualifiziert, in Hamburg einen Arbeitskreis der Partei zu ›Technik im Kapitalismus‹ zu leiten, dann hatte ich bald den Schwerpunkt Rüstungstechnik, habe mich mit dem amerikanischen Vorsprung in der Computertechnik befaßt, danach, wegen Anti-Atom, mit Reaktorsicherheit, dann mit der Neutronenbombe, und wußte bald von SHARP , vom SHARP netz, habe dann Informationen gesammelt, die nicht öf fentlich zugänglich waren, sie mir zum Teil mit Kreuzers Geld, mit dem Geld der Partei durch Jenny besorgen lassen – so ist unsere Geschäftsbeziehung entstanden – hab’ ich dir mal erzählt von unserem gemeinsamen Besuch bei der Plutoniumfertigung in Rußland? Sehr lustig, mehrere Schutzanzüge übereinander, Druckluft, wie so
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