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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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    AKT,
    die Schwierigkeiten lagen nicht in den Objekten, sondern in dem, was wir mit ihnen machen konnten, Sätze, die noch nicht bewiesen, noch nicht gerechnet waren, hatten keinen Ort, waren weder wahr noch falsch, Wahrheit wurde historisch immer nur hergestellt, nicht gefunden, Akt kann nicht konsistent sein, obwohl damit die Widersprüche verschwinden würden, aber das dürfen sie nicht, die Widersprüche sind das Zeichen dafür, daß die Geschichte noch andauert, das Rätsel des Wahrheitswerts ist gelöst. Wenn man die Absicht erkennt, das Ende der Forschung wäre das Wissen, welche Wünsche wie erfüllbar sind und welche nicht, wir wären frei, das Richtige zu tun, er aber, der brennende Gott, hörte nicht auf zu toben auf offener Straße.
    14  »Ich helfe dir. Du kannst sie mitnehmen, oder, na ja, wir können sie zusammen mitnehmen«, sagte Fred Schörs zum blubbernden, zusammengesunkenen Andreas und reichte ihm beide Hände, damit er Valeries Leichnam an den Schultern aufstützen konnte.
    Andy blickte auf zu dem Mann, der aus vielen Wunden blutete wie er selbst, dem eine Kugel die Wange aufgerissen und einen Zahn ausgeschlagen hatte, und der deshalb sehr häßlich lächelte, aber doch tröstlich, weil er eben überhaupt lächelte.
    »Ich dachte, du wärst tot. Ich dachte … ich hätte … gesehen … wie du gestorben bist. Was … ist los, da oben?« fragte Andy, um wieder in die Gegenwart zurückzufinden, obwohl seine Hand immer noch die Stirn der Toten streichelte, immer wieder drüber über die kalte glatte nasse Wölbung, gedankenlos liebend, in Trauer.
    »Wir kämpfen. Wir kämpfen noch, und die Pfauentruppe ist fast besiegt. Wir besiegen sie immer alle, wenn wir nicht aufgeben, weißt du. Die Nazis, die Zombotiker, die Zombies, das Kapital und Cordulas nietzscheanische Bombenwerfer.«
    »Das Rotfeuer …«, krächzte Andy.
    Jenny, die jetzt sie selber war, sagte: »Kein Rotfeuer. Nur roter Staub, mit ein bißchen ätzenden Chemikalien aus dem normalen Polizeibe­stand. Sollte eine Massenpanik auslösen, damit die Kameras das einfangen.«
    Damit nahm sie Valerie, wie angekündigt, unter den Armen und hob sie an.
    Staub rieselte von der Decke, die manchmal ruckte und zuckte. Andy tastete sich zu den Beinen der Leiche vor, den Blick wegen der Tränen verschwommen, Rotz und Blut in Hals und Nase, und sagte: »Wie … wieso Kameras …«
    »Es geht um die Show. Ich habe sie gelesen wie ein Buch, ich weiß, was sie vorhat, und wo sie hinwill, deine entsetzliche Mutter. Es wird eine lange Flucht. Sie denkt, sie hat mich erschossen, aber ich wußte ja, wohin sie schießt, und bin … ich hab’ mich fallen lassen, in die Menge. Ich weiß, du denkst, du hättest gesehen, wie ich tödlich getroffen wurde.«
    »Du weißt immer, was die andern … denken … was?« krächzte Andy, und faßte fest zu.
    »Meistens. Leider.«
    Sie nahmen die Tote und trugen sie die Treppe runter zum Ausgang eines der Parkdecks, wo das Licht flackerte, weil im Gebäude gekämpft wurde. Andy wisperte: »Lange Flucht … ’ne lange Flucht …«
    Jenny nickte und sagte: »Aber wir werden sie kriegen. Wir kriegen sie schon.«
    Andys Blick war klar, alles Tränenwasser, das er gehabt hatte, war seine Wangen runtergelaufen, darum konnte er Jenny fest ansehen und sagte: »Das hilft aber Valerie auch nicht mehr, wenn wir … Cola kriegen.«
    Jennifers preßte den Mund kurz zusammen, weil ihr etwas wehtat, an irgendeiner Körperstelle, wo sie angeschossen war, dann antwortete sie: »Ich weiß. Aber Cola hat die Welt angezündet, und das dürfen wir ihr nicht durchgehen lassen.«
    Mir egal, dachte Andy, wirklich ultramegasuperscheißegal. Aber seine ermordete Schwester war schwer, und deshalb hatte er nicht die Kraft, das laut auszusprechen.
    15  In den Rücken geschlagen mit einem großen Hammer und dann in siedendes Öl geworfen, wurde ein Mädchen ein Stück nach Norden geblasen, durch einen Zustand hindurch, der sich anfühlte, als ob alle Himmelsrichtungen einander verwechselten. Die Nähe zum eigenen Herzen wurde finster, aus der Mitte der Schwärze schlugen rote Schmerzen, knallend, knackend in die Höhe geschossen, ausgebreitet über das Gesicht, während andere Gesichter, die von Freunden, mit Blasen verbrannten, und die Kleidung zerfetzt wurde.
    Nach dem Knall stolperten die Menschen herum. Die Lehrerin hielt Schüler an sich gepreßt, wie eine Glucke ihre Küken beschützt, die Kinder hielten die

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