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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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friedlich bis zum Morgen, als ihm der Weckruf mitteilte, seine Mutter sei jetzt bereit, ihn im bestbewachten Gefängnis der nachrevolutionären Erde zu empfangen.
    2  Die Sorgen, die sich Andreas wegen Aeryn machte, waren gänzlich unangebracht: Sie würde gut mit ihm auskommen, ihn weder so noch so sehen, sondern einfach als einen weiteren Zeugen dafür, daß das, was geschah, wirklich geschah, würde wenige Worte mit ihm wechseln und sich am Ende, nach Abschluß der Angelegenheit, ebenso informell wie traditionell mit einem einzigen Wort von ihm verabschieden: Schalom.
    3  Etwas angestrengte Gelassenheit demonstrierend, ließ sich Andreas auf dem leidlich bequemen Stuhl diesseits der Trennscheibe nieder und sagte: »Die sieht ja hart aus.«
    »Wer?« fragte Cordula nach, nicht unfreundlich.
    »Deine Wärterin. Die mich hergebracht hat, die Schwarze. Erinnert mich an Rice, die einzige aus der Bush-Mafia, die ich nicht mehr getroffen …«
    »Ah ja, Con Dolcezza. Klassefrau.«
    Andy saß noch mehrere gewichtsverlagernde Manöverchen lang nicht richtig bequem, dann sagte er, im selben jovialen Tonfall wie eben: »Stimmt das, daß sie bei einem Sexunfall draufgegangen ist?«
    Cordula winkte ab wie einstudiert: »Immer diese urbanen Legenden. Wie die Sache mit dem angeblichen Vaginalkrampf, wo ein Typ steckenbleibt und die Sanitäter kommen müssen … Wenn ich für jeden Unsinn von der Art eine Woche Aufschub kriegen würde, könnte ich hier alt und fett werden.«
    Nicht schlecht, dachte er und hörte deshalb auf, unverbindlich zu grinsen. Sie kommt zur Sache. Er begutachtete die Zelle, abwartend, aber eigentlich sehr nervös, sah einen handschriftlichen Zettel über ihrer Liege an der Wand hängen, erkannte Cordulas Schrift, konnte aber nicht lesen, was draufstand. Es war ein Zitat von Hannah Arendt:
    »So bleibt also nur übrig, daß Sie eine Politik gefördert und mitverwirklicht haben, in der sich der Wille kundtat, die Erde nicht mit dem jüdischen Volk und einer Reihe anderer Volksgruppen zu teilen, als ob Sie und Ihre Vorgesetzten das Recht gehabt hätten, zu entscheiden, wer die Erde bewohnen soll und wer nicht. Keinem Angehörigen des Menschengeschlechts kann zugemutet werden, mit denen, die solches wollen und in die Tat umsetzen, die Erde zusammen zu bewohnen. Dies ist der Grund, der einzige Grund, daß Sie sterben müssen.«
    Die Anlage spielte leise »Live and Let Die« in der Version von Guns n’ Roses.
    Cordula schaltete das ab, aus Hö flich keit, oder aus Neugier auf den Besucher, vielleicht auch ohne rechten Grund. »Condi war sehr ehrgeizig«, sagte sie dann, »hat immer fordernde Sachen gemacht. Als Kind wollte sie Eiskunstläuferin werden, ist im Süden aufgewachsen, unter Rassisten, war 1987 Assistenzprofessorin und 1993, mit achtunddreißig, Vollprofessorin in Stanford. School of Humanities and Sciences Dean’s Award for Distinguished Teaching im Fachbereich Soviet Studies, 1986 war sie ein Jahr im Pentagon, auf Kosten des Council of Foreign Relations, da gab’s jedes Jahr diese International Affairs Fellowships, Akademiker sollten Regierungso ffizi ellenposten einnehmen, so’n lehrreiches Weilchen, exposure to governmental work. Sie wurde special assistant to the director der Joint Chiefs of Staff, du weißt schon, die Organisation, die Reuland dann mit seiner NATO -West so effektiv untergraben hat. Reagan hat die militärischen Strukturen, die dem Imperialismus zur neuen Weltordnung verhalfen, vorgebaut, jedes Jahr 7 Prozent mehr Rüstungsausgaben. Oktober 86 fand in Island der Gipfel mit, äh … Gorbi statt, mit dem Ergebnis des Vertrags über die Intermediate Range Nuclear Forces, weg mit allen vom Boden aus abgefeuerten Raketen zwischen 300 und 35000 Meilen Reichweite, das war die Kapitulation …«
    »Kein Geschichtsunterricht, bitte. Damit kannst du andere beeindrucken.«
    »Offenbar nicht genug. Aber du warst es selber, der nach Condi Rice gefragt hat.«
    »Stimmt. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Ist das wahr, daß sie bei einem Vögelunfall draufgegangen ist?«
    Cordula stützte den rechten Ellenbogen aufs Knie, beugte sich vor, legte das Kinn auf die Hand: »Wer hat dir das denn erzählt, Andy? Diesen alten Schmäh?«
    »Hillary Rodham Clinton. War sie also eine wilde W, diese Condi?«
    »Sie war ein selbstbewußter Mensch, soviel steht fest, und du weißt ja, was Freud und Willi Reich über die Vorbildlichkeit der Sexualität sagen. Keine graue Maus, nicht lange

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