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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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einmal alle anderthalb Monate war sie in den zwei Jahren der coolen Fernbeziehung in Freiburg gewesen; er selber kam in ähnlichem Rhythmus nach Berlin. Länger als vier Tage am Stück, von den zwei Urlaubsreisen abgesehen, sah man sich nie. Das bißchen gemeinsame Zeit also hatte Beate nie gereicht, eine große Lebensbeichte abzulegen, es gab so viel anderes, was in der Aufbauphase der Beziehung erledigt werden mußte: Wir lernen füreinander kochen, wir sitzen gemeinsam haarsträubend fürchterliche Filme aus, die der Partner mag, wir dürfen entzückt erkennen, daß dieser Partner die dumme Ausstellung, die uns langweilt, genauso greulich findet wie wir selber.
    Ah: »Und Pimpern!« (Freddy)
    Erst überhaupt sehr oft, dann auch mal zur Feier der allmählichen Abstimmung zweier Körper aufeinander (»Ohrenvergleich«, witzelte Freddy gern), und schließlich, sobald man es richtig raushatte, einfach deshalb, weil es gut war, wie Frühsommer als solcher, Pizza, die Sterne.
    Das letzte halbe Jahr war Freddy ihr, obwohl sein kleiner Laden gerade endgültig in sich zusammenfiel, so glücklich vorgekommen, so lebendig und mutig, bei all der gemeinsamen Plänemacherei – allein die Wohnungsbesichtigungen im Winter und Frühjahr und die dazu hinführenden oder sich daran anschließenden Spaziergänge in Freiburg hatten ihn so aufgebaut, wo er doch gerade in so einer mie sen beru flich en Lage rumkrauchte, also: Da hatte Beate es dann schließlich, obwohl jetzt endlich genug Zeit vorhanden schien, einfach nicht fertiggebracht, ihm zu eröffnen, womit sie ihr vieles Geld verdiente.
    Eine Art Verschlossenheit, die sich mit häufiger Lachlust und ansonsten unkomplizierter Lebensart wundersamerweise vertrug, hatte er früh an ihr zu akzeptieren gelernt. Vielleicht, vermutete Bea – er redete darüber seinerseits nicht viel –, fand er die sogar attraktiv, der Schlumpf.
    Im Abschotten war sie geübt. Das war schon auf der Schule so gewesen.
    Ihr Deutsch- und Klassenlehrer von der Neunten bis zur Zehnten, Herr Schuback, hatte sie dafür auf Klassenfahrt mal hart angekantet: »Du kapselst dich von deinen Mitschülern ab, außer von diesen beiden Jungs, die sich aber auch abkapseln, das fällt mir auf, das ist kein gutes Zeichen.«
    Abkapseln, leck mich, du Arschbart: Nur weil Beate keine Lust hatte, sich mit den traurigen Figuren näher zu befassen, die ihr ihre neuen Turnschuhe aus dem Umhängesack klauten, ihr wegen ihrer unverheirateten Mutter und deren exzentrischer Haarfarbenexperimente zwischen Blutorange und Zehnmarkscheinblau blöd auf dem Hof nachjuchzten oder in der Stadt, Samstagnacht, in der Kneipe, so taten, als ob sie Beate noch nie gesehen hätten … Was soll das denn, das kann von mir aus alles im nächsten Krieg verbrennen, fand sie, schlimm genug, daß ich sterblich bin.
    Jetzt also noch einmal ein neues Leben, diesmal in Freiburg.
    Berlin, das wußte sie, würde sie nicht vermissen – nicht mal in New York hatte sie erleben müssen, daß Leute mehrere Stationen weit kommentarlos und ohne Emotionsabsonderung in einem öffentlichen Nahverkehrsmittel stehen und sitzen, das strenger nach Pisse stinkt als die verkommensten Klos auf den übelsten Bahnhöfen.
    New Yorker regen sich dann wenigstens auf, lautstark und, wie sagt man? Colorful. Die haben nämlich Soul.
    Berlin? Mein lieber Schwan, diese Gestalten: Er, bärtig, Anfang Vierzig, geduckt, geprügelt in seiner untersetzt feindseligen Haltung, in Klamotten, wie sie den Pitbullhalter zieren, Stonewashed-Jeansjacke, Trainingshose, braune Halbschuhe, zu ihr, Karottenjeans und Kapuzenpulli unter Nappalederjacke: »Kannst ma nich imma allet Jeld abknöpfn, ick muß ma ooch ersma Jeld hol’n, vor dassick et ausjehm kann.«
    Sie, giftig defensiv: »Ick ha’ Hunga jehabt, wennde Hunga hass, musse wat essn.«
    »Nee, wennde Jeld hast, dann kannste wat essn. Und dit Jeld, dit is meins.«
    Ein paar Fahrgäste schmunzelten; statt ihn zu würgen, sie zu treten.
    3  Beates milde Misanthropie hatte mit den Jahren zu einer Art Aufmerksamkeits-Kurzsichtigkeit geführt: Besonders gerne beschäftigte sie sich mit ganz kleinen Sachen, die man sich, um sie richtig würdigen zu können, möglichst nahe vors Gesicht halten mußte, wie man, wenn man dachte wie sie, sich umgekehrt die meisten Menschen vom Leib hielt, weil man nicht von ihrem Treiben, ihren Meinungen und Zuständen gereizt werden wollte. Beate hatte schon als Jugendliche nie dicke Liebes- oder historische

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